Das Versteckspiel begann am Donnerstagvormittag. Wo würden die Bosse von Borussia Dortmund ihre brisante Winter-Analyse abhalten? Die Journalisten rätselten. In der Geschäftsstelle am Rheinlanddamm? Am Trainingszentrum in Brackel? Im Stadion? Im Lieblingsrestaurant von Hans-Joachim Watzke? Klar war nur: Der Vereinsboss hat vor Weihnachten eine ebenso knifflige wie zukunftsweisende Entscheidung zu treffen.
Auch zwei Tage nach dem ganz schwachen Auftritt gegen den FSV Mainz 05 (1:1) erschien die Zukunft von Trainer Edin Terzic völlig offen. Die Ruhr Nachrichten, stets am Herzschlag des Vereins, und die Bild-Zeitung meinten eine Tendenz zu erkennen, dass es keine personellen Rochaden geben werde. Der kicker schrieb hingegen, Terzic UND Sportdirektor Sebastian Kehl wackelten bedenklich.
Wahrscheinlich ist es einfach so: Es ist schwierig bis ausgeschlossen, das Ergebnis einer Sitzung vorwegnehmen zu wollen, die noch gar nicht stattgefunden hat. Watzke, das ist allgemein bekannt, hasst Personalwechsel während der Saison. Zwar bekommt der Trainer die Inkonstanz nicht in den Griff, die Mannschaft spielt unerklärlich schlecht - doch erst im August hat sich der Geschäftsführer für Jahre auf Terzic festgelegt. Mit der Anmerkung: Er erkenne einen Toptrainer, wenn er einen sehe.
BVB: Edin Terzic hat weiterhin "den Glauben daran"
Was nun, BVB? Watzke, Kehl und Matthias Sammer sollen dies in einer Dreier-Runde diskutieren und danach auch Terzic hinzubitten. Der 41-Jährige ist der erste Trainer des Sportdirektors Kehl, der wiederum über Jahre als Nachfolger von Michael Zorc aufgebaut wurde. Für Watzke war eindeutig: Kehl und Terzic, das werden die neuen Zorc und Klopp. Doch die Kaderzusammenstellung bietet reichlich Anlass zur Kritik, und auf dem Platz läuft es nicht: Die Säulen, auf denen der BVB weitergebaut werden sollte, sind porös.
Terzic will kämpfen. Er habe "natürlich den Glauben daran", auch im Jahr 2024 Borussia-Trainer zu sein. Allerdings war es bemerkenswert, wie er dabei allein gelassen wurde. Von Watzke und Kehl kam seit dem Abpfiff kein öffentliches Wort. Wären sie überzeugt davon, Terzic zu stützen - hätten sie es nicht längst getan?
Auch die interne Dynamik spricht gegen den Trainer. Mehrere Spieler sollen unzufrieden mit der taktischen Ausrichtung gewesen sein, Watzke wies Berichte über eine "Revolte" immerhin umgehend zurück. Emre Can zögerte bei der Frage nach Terzic lange, bevor er ihn in Schutz nahm, Marco Reus saß nach einer Patzigkeit bei seiner Auswechslung im Spiel zuvor 90 Minuten auf der Bank - dabei ist er einer der besten Spielentscheider der Bundesliga-Geschichte.
Eine Entscheidung pro Terzic wäre somit zugleich eine Ansage an die Mannschaft. Ihr würde die Schuld an der Misere zugewiesen, ihr würde die Verantwortung übergeben, eine ähnliche Aufholjagd zu starten wie in der Vorsaison, in der die Dortmunder am Ende doch noch dem FC Bayern die Meisterschale in den Schoß warfen.
Wie unberechenbar eine turnusgemäße Analyse sein kann, weiß Watzke am besten. Im Mai 2022 saß er mit Kehl und Sammer zusammen. Am Ende stand die überraschende Trennung von Trainer Marco Rose.