Zwölfminütiges Schweigen, Spielunterbrechungen und Schmähgesänge: Die Fans in den Stadien machten am Wochenende ihrem Ärger über den umstrittenen Investorendeal der DFL Luft.
Für einen kleinen Moment könnten sich die Bosse der DFL wie in ihren kühnsten Träumen vorgekommen sein. Schließlich regnete es in deutschen Fußballstadien am Wochenende Geld - allerdings war das Werfen von Schokotalern nur ein kleiner Teil einer gewaltigen Protestwelle. Mit Stimmungsboykotten und Schmähgesängen machten die Fans ihrem Ärger über die umstrittenen Investorenpläne Luft, vielerorts kam es zu Spielunterbrechungen.
Zunächst wurde es in zahlreichen Stadien still, zumindest in den ersten zwölf Spielminuten. Ein Zeichen des Ärgers des "zwölften Mannes" über das Votum der Profiklubs, das der Deutschen Fußball Liga (DFL) den Weg für Verhandlungen mit möglichen Investoren freimachte. "Wir werden kein Teil eures Deals sein - Scheiß DFL!", war am Rande einiger Bundesligaspiele auf Transparenten zu lesen.
"Wir sind nicht bereit, dem Ausverkauf des deutschen Fußballs tatenlos zuzusehen", hatten die Fanszenen Deutschlands in einem Schreiben vor dem Spieltag mitgeteilt. Einen Investoreneinstieg sehen sie als "elementaren Angriff auf den basisorientierten Volkssport Fußball hierzulande" - und machten deshalb am Wochenende ordentlich Alarm, bei Weitem nicht nur mit "Scheiß DFL!"-Wechselgesängen in vielen Arenen.
Unterstützung erhielten sie auch von Lukas Podolski, der auf einen langen Atem der Fans hofft. "Man muss die Proteste auch mal radikal durchziehen. Ein paar Tennisbälle schmeißen und nach dem 25. Spieltag ist wieder alles normal" reiche nicht, sagte der Rio-Weltmeister im Doppelpass bei Sport1.
Fan-Proteste gegen Investor: Unterbrechungen in vielen Stadien
In den Samstagsspielen zwischen dem VfL Bochum und Union Berlin sowie zwischen Darmstadt 98 und dem VfL Wolfsburg mussten zwischenzeitlich Schokomünzen vom Platz geräumt werden, die aus den Blöcken geflogen kamen. Wolfsburger Fans erzwangen durch das Zünden von Pyrotechnik sogar eine weitere Unterbrechung. Bereits beim Bundesliga-Freitagsspiel Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen hatten Schokoladentaler auf dem Platz für eine Zwangspause gesorgt, unter anderem beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg waren es Tennisbälle.
Bei den Anhängern des Zweitligisten Hansa Rostock war am Freitag der zunächst stille Protest hingegen in blanke Zerstörungswut umgeschlagen. Beim Spiel in Paderborn flogen nach Ablauf des zwölfminütigen Stimmungsboykotts erst Leuchtraketen aufs Feld, kurz vor Ende der Partie wurde ein Unbeteiligter schwer am Kopf verletzt und weite Teile des Gästeblocks blieben verwüstet zurück. Das Spiel wurde zweimal unterbrochen und stand vor dem Abbruch.
Grund für den Unmut in der Fanszene war die Abstimmung der 36 Profiklubs der Bundesliga und der 2. Liga am vergangenen Montag, in der sie der DFL mit knapper Mehrheit grünes Licht für Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern erteilten. Der Plan sieht vor, sechs bis acht Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben.
Was die organisierten Anhänger von der immer weiter fortschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs halten, machten sie am Wochenende klar. Bei den von der DFL oft betonten "roten Linien" fürchten sie eher hohle Phrasen. "Hat der Investor genug Geld, wird die rote Linie zur ganzen Welt", schrieben Anhänger von Mainz 05 auf einem Banner.
Bayer Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes blickte hingegen gelassen auf die Proteste. "Ich glaube nicht, dass man die Fans durch ein solches Finanzierungsmodell verliert, solange man mit ihnen im intensiven Dialog bleibt und ihnen ermöglicht, weiter ganz nah an ihrem Verein dran zu sein", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Doch die Fans wollen auch gehört werden - das wurde am Wochenende mehr als deutlich.