Spielzeug-Autos auf dem Rasen, Harry Potter im Fadenkreuz und ständig neue Tennisbälle: Im festgefahrenen Investoren-Streit zündeten die Fans an diesem Spieltag die nächste Eskalationsstufe und sorgten mit immer kreativeren Protestformen für Aufsehen. Der befürchtete Spielabbruch blieb zwar trotz des Innenraum-Sturms etlicher Nürnberger Fans zunächst aus, doch bei Trainern und Spielern schwindet das Verständnis.
"Es muss so schnell wie möglich eine Lösung gefunden werden. Noch diese Woche, nicht nächste Woche. So kann es nicht weitergehen", schimpfte der genervte Nationalspieler Niclas Füllkrug im ZDF - und schob den Fans eine Mitverantwortung für das magere Remis von Borussia Dortmund beim VfL Wolfsburg (1:1) zu. Das Spiel sei "kaum bewertbar. Es ist ultra schwer, so an Top-Leistung zu kommen". Es sei "irgendwann mal gut", meckerte auch BVB-Kapitän Emre Can: "Wir leiden extrem darunter."
Sechsmal sorgten die Anhänger dort mit Flummis und Tennisbällen für eine Unterbrechung, kaum eine Partie verlief störungsfrei. Beim Zweitliga-Heimspiel des 1. FC Nürnberg gegen den 1. FC Kaiserslautern formierten sich zahlreiche FCN-Fans mit einem Banner unmittelbar hinter der Werbebande und zogen sich erst nach einigen Gesprächen auf die Tribüne zurück.
DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig: "Es beginnt zu kippen"
In Köln und Rostock flitzten Funkautos über den Rasen, in Hannover nahmen die Fans nach Geschäftsführer Martin Kind, dessen Abstimmungsverhalten der zentrale Streitpunkt ist, Zauberlehrling Harry Potter ins Fadenkreuz. "Angst, Potter?" war auf einem Banner zu lesen - eine popkulturelle Anspielung, gezielt auf Matt Potter, den Chef des einzig verbliebenen potenziellen DFL-Investors CVC.
Und obwohl die DFL-Spitze "das größte Interesse" daran hat, "dass es nicht zu Spielabbrüchen kommt", wie DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel der Süddeutschen Zeitung sagte, sieht Greuther Fürths Trainer Alexander Zorniger die Zeit dafür gekommen. "Wenn der Schiedsrichter und die Vereine so am Nasenring durch die Arena gezogen werden - was ist denn dann, wenn wir wirklich mal abbrechen?", fragte er nach der Partie in Hannover - und wütete: Die Fans würden "als Herz des Spiels bezeichnet, das sind sie nicht, das sind die Spieler".
Während die zunehmend besorgte Führung der Deutschen Fußball Liga (DFL) Deeskalation predigte, brachten die Spiele am Wochenende das genaue Gegenteil. Verständnis zeigte Wolfsburgs Torschütze Yannick Gerhardt, Proteste wirkten nur, "wenn sie auch nerven". Diese seien "in Ordnung, solange sie kein Selbstzweck sind", meinte auch DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig im ZDF-Sportstudio, er warnte jedoch: "Es beginnt zu kippen."
Frankfurt-Vorstand Axel Hellmann fordert "Weg aus der Sackgasse"
Zwar wächst der Druck auf die DFL-Spitze, in der Sache wollen sich die Ligabosse trotz der offensichtlichen Kind-Posse - er soll gegen den Vereinsauftrag mit einem "Ja" gestimmt haben - bislang offenbar aber keinen Millimeter bewegen. Vielmehr forderte Merkel von den Anhängern, "dass sie anerkennen, dass der Fußball nicht nur den Fans gehört, sondern auch den Spielern, den Trainern, den Mitarbeitenden in den Vereinen."
Dabei mehren sich auch bei den Klubs die Forderungen nach einer weiteren Abstimmung, am Samstag schlossen sich auch Schalke 04 und Darmstadt 98 an. Es brauche "einen Weg raus aus der Sackgasse", sagte Eintracht Frankfurts Vorstand Axel Hellmann, der sich als Befürworter des Deals einer erneuten Wahl nicht mehr verschließt. Sollte ein entsprechender Antrag eingebracht werden, meinte das DFL-Präsidiumsmitglied, "dann wird man sich damit beschäftigen".
Genau das plant der 1. FC Köln in der kommenden Woche, um "das DFL-Präsidium vom Abschlussmandat zu befreien" und den Klubs die Entscheidung über den Abschluss eines verhandelten Vertrages zu überlassen. Es handle sich schließlich um "eine der relevantesten Entscheidungen seit Einführung der Bundesliga", sagte FC-Geschäftsführer Christian Keller dem Portal Geissblog.
Er fordert, dass aus den Reihen der DFL und der 36 Klubs "jetzt schnell ein Lösungsvorschlag und eine Handreichung kommen" müssten. "Die aktuelle Gemengelage im Kontext des Private-Equity-Deals und der Umgang damit können für die Zukunft des deutschen Profifußballs nicht förderlich beziehungsweise richtig sein."