Wie an diesem lauen Frühlingsnachmittag schilderte er seine Sicht der Dinge zuletzt wieder häufiger öffentlich. Ein gutes Jahr nach Ende seiner Haft scheint es, als wäre er nie weg gewesen, seine Aussagen finden Gehör wie eh und je - auch und gerade, weil sie oft kontrovers sind und Hoeneß Menschen mitunter vor den Kopf stößt.
Wie Anfang der Woche, als der Präsident von Bayern München in Liechtenstein darüber sprach, dass eigentlich ein Freispruch in seiner Steueraffäre "völlig normal" gewesen wäre. Ein unglücklicher, für viele instinktloser Auftritt in der Steueroase.
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In der Bild verteidigte Hoeneß seine Vorstellung ("Meet the President") vor 108 Gästen in der Hofkellerei des Fürsten, die vor allem im Netz hohe Wellen geschlagen hatte. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Antworten, die ich gegeben habe, kontrovers zu diskutieren sind", sagte er lapidar. Doch genau dies geschieht, wann immer er sich äußert. Und das weiß Hoeneß sehr genau.
Hoeneß hat die Medien im Fokus
Immer wieder in seinem Fokus: "die Medien". Aus Hoeneß' Sicht scheinen Journalisten für einen Großteil der Weltprobleme verantwortlich, sie machten "Theater" wegen des angeblich überalterten Bayern-Kaders, sagte er in Liechtenstein, und als er vor Gericht stand, hätte ein Dutzend Reporter vor seinem Haus in Bussen genächtigt, ihm aufgelauert. Wegen dieser Belästigung will er sich damals entschlossen haben, ins Gefängnis zu gehen, um seiner Familie die Belastung einer Revision zu ersparen.
Hoeneß, das wird bei seinen Auftritten klar, ist noch nicht fertig mit Steuerprozess, Urteil und Haftzeit. All das hat tiefe Wunden gerissen, die anscheinend noch nicht verheilt sind.
Er habe im Gefängnis Dinge erlebt, über die er nicht sprechen wolle, sagte Hoeneß nun auch. "Nachdenklicher und auch demütiger", hätten ihn die Monate hinter Gittern gemacht, sagte Hoeneß seither mehrfach; es finden sich nicht wenige Menschen, die das bezweifeln.
Hoeneß reibt sich an den Gegnern
Hoeneß reibt sich nach wie vor gerne an Gegnern, er scheut auch intern keine Auseinandersetzung etwa mit Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge über die strategische Ausrichtung. Die Nachwuchsarbeit mit dem neuen Leistungszentrum hat er zur Chefsache erklärt - und Chef ist, klar, er, Hoeneß.
Neben einem derart engagierten Präsidenten, der wie zu seinen besten Managerzeiten auch über Visionen plaudert, muss es ein Sportdirektor schwer haben. Das hat auch Philipp Lahm erkannt - und für den Posten abgesagt. "Mein Gefühl sagte mir einfach, Uli Hoeneß ist so sehr voller Tatendrang, da ist, erst mal, kein Platz für mich", sagte er der Zeit.
Der Mann, der den Job ab Sommer macht, wird sich dauerhaft mit Hoeneß arrangieren müssen. Die USA, erzählt Hoeneß bei seinen Plauderrunden gern, leisteten sich einen 70-jährigen Präsidenten - und er selbst sei ja erst 65, ja gefühlt wegen seiner haftbedingten Auszeit sogar wesentlich jünger.
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