Mit einer Tasse Tee in der Hand und einem entspannten Lächeln nimmt Thiago im Mediencenter an der Säbener Straße Platz. Schließlich läuft es aktuell ja "ganz gut", wie er sagt. Nach einer Hinrunde voller Sorgen steuern der 28-Jährige und seine Kollegen auf das nächste nationale Double zu. Für ihn wären es die Titel 13 und 14 in seinem fünften Jahr an der Isar. "Das ist das Ziel", meint er selbstbewusst. Vollends zufrieden wirkt Thiago allerdings nicht, während er redet.
Das frühzeitige Aus in der Champions League gegen den FC Liverpool vor einem Monat nagt noch sehr an ihm. Ein Gespräch über Selbstzweifel, fußballarmen Fußball, seinen Lehrmeister Pep Guardiola und einen Freund aus Dortmund.
Thiago, nach dem 1:0-Sieg in der Bundesliga treten Sie nun im Pokal-Halbfinale gegen Werder Bremen an. Wie schätzen Sie die Bremer in dieser Saison ein?
Thiago: Bremen hat sich sehr positiv entwickelt. Sie haben sich in dieser Saison von Monat zu Monat verbessert. Ihre Stärken liegen in der Offensive, sie sind sehr gefährlich vor dem Tor. Vor allem Max Kruse ist in blendender Form.
Bremen spielt zu Hause sehr stark, hat in dieser Saison im Weserstadion erst drei Niederlagen kassiert. Wie groß ist der Nachteil, auswärts zu spielen?
Thiago: Es ist immer ein Nachteil, auswärts zu spielen - gerade gegen so einen guten Gegner. Wir sind aber der FC Bayern und brauchen uns vor niemandem zu verstecken.
Welcher Spieler außer Kruse imponiert Ihnen bei Werder am meisten?
Thiago: Sie haben viele gute Spieler. Maximilian Eggestein zum Beispiel, der kürzlich für die deutsche Nationalmannschaft nominiert wurde. Besonders gerne mag ich aber Claudio Pizarro. Die Jahre vergehen und er macht trotzdem unermüdlich mit dem Toreschießen weiter. Vor allem erzielt er noch immer wichtige Tore wie im Pokal-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund. Er ist ein wichtiger Faktor - nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz.
Thiago genießt sein Leben in Deutschland: "Man reift enorm"
Ein besseres Vorbild als Pizarro gibt es für die meisten ausländischen Spieler in der Bundesliga wohl kaum.
Thiago: Er ist ein Vorbild, weil er als junger Spieler hierherkam und sich sehr gut an das Leben in Deutschland angepasst hat. Bis vor kurzem war er der Ausländer mit den meisten Toren in der Bundesliga. Jeder junge Kerl, nicht nur aus Südamerika, kann ihn sich zum Vorbild nehmen.
Sie leben seit fünf Jahren mit Ihrer Frau in München, haben seit 2017 einen gemeinsamen Sohn. Wie finden Sie sich in Deutschland zurecht?
Thiago: Meiner Familie und mir geht es in Deutschland sehr gut. Was mir besonders gefällt: Hier lebt, atmet und schläft man für den Fußball. Man kann sich in Ruhe auf den Sport konzentrieren und entspannt leben. Zudem ist gerade München eine sehr gute Stadt, um ein Kind aufzuziehen und ein schönes Familienleben zu führen.
Worin liegen die Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und dem Leben in Spanien?
Thiago: Ich sehe immer nur die positiven Seiten. Natürlich werden meine Familie und ich unsere Heimat Spanien immer besonders lieben, aber Deutschland gibt uns eine besondere Ruhe. Durch die andere Lebensweise und die andere Kultur reift man enorm als Mensch. Das ist für mich das Wichtigste.
Thiago: Wechsel zum FC Bayern eine "sehr gute Entscheidung"
Können Sie nach fünf Jahren sagen, dass sie mit Ihrem Wechsel von Barcelona nach München die richtige Entscheidung getroffen haben?
Thiago: Das konnte ich schon nach kurzer Zeit in Deutschland sagen. Es war eine sehr gute Entscheidung von mir, zu einem so großen Verein wie dem FC Bayern zu wechseln und zu sehen, wie sich dieser Verein weiterentwickelt und wächst.
Sie sind kürzlich 28 Jahre alt geworden. Wie haben Sie sich während Ihrer Zeit beim FC Bayern als Mensch verändert?
Thiago: Ich bin reifer geworden. In meinem Fall liegt das an den schönen privaten Erfahrungen, die ich hier gemacht habe, wie zum Beispiel der Geburt meines Sohnes. Man hört einfach auf, an irgendwelche Dummheiten oder Nebensächlichkeiten zu denken. Man konzentriert sich auf die wichtigen Dinge im Leben. In meinem Fall: auf die Familie und den Fußball.