Fast genau drei Jahre ist es her, dass Jerome Boateng als Aushängeschild des FC Bayern in den USA firmierte.
Im August 2016 flog der damalige Nationalspieler zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge medienwirksam im Helikopter über die Skyline von New York, ehe er gemeinsam mit dem Vorstandsboss die traditionelle Eröffnungsglocke zum Börsenstart an der Wall Street läuten durfte.
Diesen Sommer ist der FC Bayern wieder zur PR-Tour in den Vereinigten Staaten, doch Boateng ist dabei nur noch eine Randfigur. Interviews gibt der 30-Jährige derzeit nicht, auch auf Wunsch seines Vereins.
Uli Hoeneß empfiehlt Boateng Bayern-Abschied
Denn nach seiner öffentlich zur Schau gestellten Teilnahmslosigkeit bei den Münchner Double-Feiern wurde Boateng von FCB-Präsident Uli Hoeneß zur Persona non grata erklärt. "Wenn er als Freund auf mich hören würde, würde ich ihm empfehlen, sich einen neuen Verein zu suchen", sagte Hoeneß damals in wenig freundschaftlichem Ton.
Doch rund zwei Monate später ist Boateng immer noch da, obwohl die Bayern ihn angeblich schon für eine Ablöse von 15 Millionen Euro ziehen lassen würden. Weil nach Informationen von SPOX und Goal bislang keine seriösen Angebote vorliegen.
Aus Boatengs Umfeld heißt es mit Verweis auf den noch bis 2021 laufenden Vertrag, der Weltmeister von 2014 nehme die Herausforderung beim Rekordmeister an. "Jerome wird um seinen Platz kämpfen", sagt einer, der ihn sehr gut kennt. Dazu passen die zahlreichen Bilder von Boateng auf seinen sozialen Kanälen, die ihn im Urlaub beim Workout zeigten.
Nur noch die Nummer vier hinter Süle, Hernandez und Pavard
Dennoch ist der einst Unersetzliche nur noch die Nummer vier auf seiner Position. "Ich glaube, wir sind in der Innenverteidigung mit Lucas Hernandez, Niklas Süle und Benjamin Pavard top aufgestellt", sagte Rummenigge zum Saisonauftakt und erwähnte Boateng erst gar nicht. Ein klares Zeichen.
Diese und andere Spitzen gegen den Triple-Sieger von 2013 nimmt man in Boatengs Lager zur Kenntnis, spricht von "einer neuen Dimension im Umgang beim FC Bayern". Das ändert aber nichts daran, dass Boateng derzeit offenbar keine echten Fluchtoptionen hat. Die nach Saisonende gehandelten Abnehmer wie Inter Mailand oder Juventus Turin haben kein Interesse mehr.
Zu häufig war der gebürtige Berliner in den vergangenen Jahren verletzt, fast in jedem Jahr musste er unter anderem wegen schwerer Muskelverletzungen länger pausieren. Dabei hat Boateng offensichtlich eine seiner größten Stärken verloren: seine Schnelligkeit.
Trainer Niko Kovac jedenfalls setzte spätestens ab der Rückrunde fast durchgängig auf Süle und Mats Hummels in der Startelf - obwohl er noch vor einem Jahr einen Wechsel Boatengs zur Paris Saint-Germain mit Verweis auf dessen Unverzichtbarkeit verhindert hatte.
Nun sind neben Süle auch die teuren Neuzugänge Hernandez (80 Millionen Ablöse) und Pavard (35 Millionen), beide mit Frankreich vergangenes Jahr Weltmeister, gesetzt. Allerdings ist Hernandez nach seiner schweren Knieverletzung noch immer nicht ins Mannschaftstraining zurückgekehrt und Pavard hat eine miserable Saison in Stuttgart mit dem Abstieg als Tiefpunkt hinter sich.
Erster Härtetest für Bayern gegen den FC Arsenal
Somit kann sich Boateng in der Vorbereitung beweisen. Kovac will seinem Ersatzmann angeblich eine faire Chance geben.
"Jeder Spieler, der hier einen Vertrag hat, bekommt die gleiche Aufmerksamkeit. Es gibt immer Spieler, die überlegen, wegzugehen. Man muss auch einen Abnehmer finden", sagte der Coach. "Solange die Spieler hier sind, werden sie so behandelt, als ob sie spielen werden und auch können. Ich habe gelernt, dass man niemanden abschreiben darf."
Und auch Rummenigge hat Boateng nach der Ankunft in Los Angeles diesmal nicht vergessen, als er die Defensive lobte: "Wenn ich mir alleine unsere Abwehr mit Alaba, Hernandez, Süle, Kimmich, Pavard und Jerome anschaue, bei dem man noch abwarten muss, was sich bei ihm noch entwickelt, muss ich sagen, sehe ich wenig Besseres in Europa."
Der Vorstandsvorsitzende weiß vermutlich auch, dass ein Abschied Boatengs nach acht Jahren eine Lücke reißen würde, weil dann nur noch Javi Martinez als Backup zur Verfügung stünde. Man werde in Ruhe abwarten, erklärte Rummenigge noch: "Jerome muss sich positionieren und entscheiden."
Glaubt man seinem direkten Umfeld, hat er das bereits getan.