Ende 2014 haben Sie einen Kreuzbandriss erlitten. Wie sehr hat Sie diese schwere Verletzung verändert?
Süle: Ich habe in der Zeit viele Menschen kennengelernt, die mir in meiner weiteren Karriere sehr geholfen haben. Ich war bei Klaus Eder in Donaustauf, ich war für meine Reha in Südfrankreich - seitdem eines meiner liebsten Urlaubsziele. Vor allem habe ich in der Zeit aber meinen Körper noch besser kennengelernt. Seit dem Kreuzbandriss schätze ich jede Minute, die ich auf dem Platz stehen kann.
Jerome Boateng hat Ihnen damals eine WhatsApp-Nachricht mit Genesungswünschen geschrieben. Dabei kannten Sie sich doch gar nicht.
Süle: Das ist richtig. Er wusste von Sejad Salihovic, den er aus Berlin kennt, dass er damals mein Lieblingsspieler war. Als ich dann im Krankenhaus eine WhatsApp-Nachricht von ihm bekommen habe, war das für mich eine Riesen-Sache. Ich erzähle ihm heute noch ab und zu, wie glücklich er mich damit gemacht hat. Ich habe mich wirklich unheimlich darüber gefreut.
Süle: Salat mein Lieblingsessen? "Das ist eine glatte Lüge"
Ihr Bruder Fabian hat mal gesagt, Sie seien durch die Verletzung professioneller geworden und Ihr Lieblingsessen sei heute Salat.
Süle: Das ist eine glatte Lüge, kompletter Unsinn! (lacht) Ich wurde in den Medien ja schon als Fast-Food- oder Party-Süle tituliert. Darauf wollte er wahrscheinlich witzig reagieren. Ehrlich gesagt stehe ich aber immer noch auf Döner oder Pizza. (lacht) Nur gönne ich mir diese Leckerbissen nicht mehr so oft wie früher.
Also ist nicht mehr viel vom Lebemann Süle übrig?
Süle: Das ist ein anderes Thema. Ich wurde als noch etwas jüngerer Mann irgendwann mal gefragt, ob ich ein Lebemann sei. Da ich mein Leben genieße und Spaß daran habe, habe ich gesagt: Klar bin ich ein Lebemann. Erst als ich mir die Definition angeschaut habe, merkte ich, dass ich mich mit der tatsächlichen Bedeutung überhaupt nicht identifizieren kann.
Nach Ihrer Kreuzbandverletzung lief es richtig gut. Unter Ihrem früheren Jugendtrainer Nagelsmann machten Sie 33 Bundesliga-Spiele in Serie. Wie hat der damals 29-jährige Nagelsmann auf die Mannschaft gewirkt?
Süle: Julians Ausstrahlung war und ist bemerkenswert, insbesondere für sein Alter. Durch sein Auftreten und sein Alter hatte man damals das Gefühl, er könne auch ein Mitspieler sein. Julian war immer ehrlich im Umgang mit den Spielern. Er hat das Spiel mit den Medien beherrscht. Und sein Fußballsachverstand ist beeindruckend. Ich habe sehr, sehr viel von ihm gelernt. Es war eine sehr schöne Zusammenarbeit - und im Fußball trifft man sich ja immer zweimal.
Süle: "Es war eine Überlegung, in die Premier League zu gehen"
2017 wechselten Sie zum FC Bayern. Zudem hatten Sie angeblich auch ein Angebot vom FC Chelsea. Stimmt das?
Süle: Es war eine Überlegung, in die Premier League zu gehen. Das ist eine der Ligen, in denen ich unbedingt mal spielen will. Zu dem Zeitpunkt habe ich den Wechsel nach München aber als besten Schritt gesehen. Und wie man sieht, bin ich sehr glücklich beim FC Bayern. Nicht nur, weil ich mich durchgesetzt habe, sondern auch, weil der Verein, die Fans und alle Mitarbeiter super sind.
Ihre Liebe zur Premier League hat früh begonnen. Ihr Bruder hat mal erzählt, Sie hätten früher im Garten immer 'Anfield Road' gespielt. Was hat es damit auf sich?
Süle: Wir hatten ein kleines Holztor im Garten. Wir haben dann immer den Rasensprenger angemacht und uns auf der nassen Wiese gegenseitig ordentlich umgenietet. (lacht) Deswegen kann ich heute ganz gut grätschen.
Niklas Süle: Leistungsdaten in der Saison 2018/2019
Wettbewerb | Spiele | Tore |
DFB-Pokal | 4 | 0 |
Bundesliga | 31 | 2 |
Champions League | 6 | 0 |
Als 16-Jähriger haben Sie in einer Dokumentation gesagt, Sie wollen Bundesligaspieler, Nationalspieler und der beste Innenverteidiger der Welt werden. Mit 24 Jahren haben Sie schon vieles erreicht.
Süle: Naja, der beste Innenverteidiger der Welt bin ich noch nicht, dafür muss ich noch ein bisschen an mir arbeiten. Trotzdem bin ich natürlich sehr froh, wie mein Weg bislang verlaufen ist.
Welche Ziele hat der 24-jährige Niklas Süle?
Süle: Der 24-jährige Niklas Süle möchte weiterhin gerne der beste Innenverteidiger der Welt werden, die Champions League gewinnen und mit der Nationalelf einen oder am liebsten mehrere bedeutende Titel gewinnen.
In der Champions League treffen Sie am Dienstag auf den Vorjahresfinalisten Tottenham. Was erwartet Sie?
Süle: Es wird ein extrem schwieriges Spiel gegen einen physisch starken Gegner. Wir müssen unser Spiel durchziehen, mit viel Ballbesitz, und dann können wir gegen jeden Gegner gewinnen.
Spielen Sie eigentlich lieber gegen Spieler wie Harry Kane, die eine ähnliche Statur haben wie Sie? Oder liegen Ihnen kleinere Spieler wie Lucas Moura besser?
Süle: Ich spiele lieber gegen Spieler mit meiner Statur, das merke ich auch bei uns im Training. Wenn kleine, wendige Spieler wie Philippe Coutinho ihre Haken schlagen, ist das für jemanden mit meinem Körperschwerpunkt nicht so einfach. (lacht) Letztlich ist es aber egal, gegen wen du spielst. Als Verteidiger musst du immer den Ball gewinnen - sonst bist du halt der Depp.