Kehrt Hummels zurück? Bleibt Boateng? Die Folgen des Süle-Schocks

Kerry Hau
21. Oktober 201913:27
Mats Hummels und Jerome Boateng geraten nach der Verletzung von Niklas Süle in den Fokus.getty
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Niklas Süle fällt voraussichtlich für den Rest der Saison aus, auch eine Teilnahme an der Europameisterschaft ist in Gefahr. Welche Folgen hat der Kreuzbandriss des Abwehrspielers für den FC Bayern und das DFB-Team? SPOX und Goal geben einen Überblick.

Niklas Süles Ausfall und die Folgen für den FC Bayern

Der Rekordmeister muss in den restlichen 26 Liga-Spielen, zu denen sich im Idealfall noch an die 20 Partien in der Champions League und im DFB-Pokal gesellen, ohne seinen besten und konstantesten Innenverteidiger auskommen.

Auch wenn Süle an den Defensivproblemen der vergangenen Wochen mit acht Gegentoren in vier Spielen sicher eine Teilschuld hatte: Er war bis zum 8. Liga-Spieltag gegen den FC Augsburg, bei dem er nach zwölf Minuten beim Stand von 0:1 vom Platz musste, mit einer Zweikampfquote von 75 Prozent der mit Abstand zweikampfstärkste Akteur der Mannschaft von Niko Kovac.

Dementsprechend besorgt zeigte sich der Trainer der Münchner nach dem 2:2 gegen die Fuggerstädter. "Die schlimmste Nachricht des Tages" sei nicht das zweite Liga-Spiel in Folge ohne Sieg, sondern die Verletzung von Süle, der sich ob der schwankenden Leistungen von Jerome Boateng und dem mittlerweile zu Borussia Dortmund zurückgekehrten Mats Hummels bereits in der vergangenen Saison zum Abwehrchef der Bayern gemausert hatte.

Nach seinem Ausfall dürfte klar sein, dass Lucas Hernandez diese Führungsrolle fortan allein gebührt. Wer neben dem 80 Millionen Euro schweren Neuzugang von Atletico Madrid spielt, ist tagesformabhängig. Kovac stehen in erster Linie Benjamin Pavard und der genannte Boateng zur Verfügung. Aber auch der eigentlich auf der Sechs beheimatete Javi Martinez und Eigengewächs Lars Lukas Mai sind Alternativen. Mai verlängerte gerade erst seinen Vertrag bis 2022 und erhielt überschwängliches Lob von Sportdirektor Hasan Salihamidzic. "Er ist eines unserer größten Talente", sagte "Brazzo" über den 19-Jährigen.

Der vier Jahre ältere Pavard dürfte, obwohl er in Augsburg bei beiden Gegentreffern alles andere als gut aussah, leichte Vorteile im Kampf um die Süle-Position haben. Die Bayern wollen auf jüngere und schnellere Spieler bauen, zumal der frühere Profi des VfB Stuttgart den Vorteil mitbringt, mit seinem gleichaltrigen Landsmann Hernandez auf Französisch kommunizieren zu können. Vor dem Hintergrund, dass Hernandez auch nicht mehr das gesündeste Knie hat und gelegentlich kürzer treten muss, sind Boateng und Martinez, beide 31, aber gefragter als so mancher auf den ersten Blick annimmt.

Gerade Boatengs Situation dürfte sich mit Süles Ausfall schlagartig ändern. Drängte Uli Hoeneß ihn zu Beginn des Sommers geradezu zu einem Abschied, ist aktuell sogar eher davon auszugehen, dass der Präsident der Bayern ein Problem damit hätte, würde der Weltmeister von 2014 ihn im Januar um einen Wechsel bitten. Juventus Turin gilt nach wie vor als interessiert. Sollte sich dieses Interesse konkretisieren und der seit längerem mit einem Transfer kokettierende Boateng nicht aufzuhalten sein, würde der FCB wahrscheinlich noch einmal in der Innenverteidigung nachrüsten.

Das wäre dann zumindest auch im Interesse von Joshua Kimmich, der sich bekanntermaßen im defensiven Mittelfeld am wohlsten fühlt. Spielt Pavard aber anders als zu Saisonbeginn in der Innenverteidigung, ist eine Rückkehr von Kimmich auf die rechte Verteidigerposition für Kovac alternativlos.

Von Ärzten gestützt verließ Niklas Süle nach seiner Verletzung den Platz.getty

Niklas Süle im Steckbrief

Geburtstag3. September 1995
GeburtsortFrankfurt am Main
PositionInnenverteidigung
Starker FußRechts
ProfivereineTSG 1899 Hoffenheim, FC Bayern München

Niklas Süles Ausfall und die Folgen für das DFB-Team

"Sein Ausfall", sagte Löw nach der Diagnose am Sonntag, "ist auch für uns schmerzlich und beeinträchtigt die Entwicklung unserer im Umbruch befindlichen jungen Mannschaft."

Süle sei das "Gesicht der jungen Spieler-Generation, der wir im Rahmen des Neuaufbaus viel Raum geben, er war ein Fixpunkt in unseren Planungen und hatte sowohl im Klub als auch bei uns seine regelmäßigen Einsätze." Worte, die nicht gerade vor Hoffnung strotzen. Löw weiß: Eine Teilnahme von Süle bei der Europameisterschaft im nächsten Sommer ist stark gefährdet.

Der 24-Jährige lässt sich zwar von Dr. Christian Fink, so etwas wie dem Guru unter den Kniespezialisten, behandeln, ist aber nicht zum ersten Mal schwer an seinem vorderen linken Kreuzband verletzt. 2014, damals noch im Trikot der TSG Hoffenheim, zog er sich dieselbe Verletzung an derselben Stelle zu.

"Je mehr Operationen am selben Knie vorgenommen werden, desto mehr Zeit nimmt natürlich auch die Rehabilitation in Anspruch", meinte der Sportmediziner Dr. Michael Lehnert im Gespräch mit SPOX und Goal. Bei einer Reruptur des Kreuzbandes sei sogar von bis zu einem Jahr statt dem üblichen halben Jahr Pause auszugehen. "Mindestens acht Monate" betrage die reguläre Ausfallzeit.

"So wie es ausschaut, ist die Saison für ihn beendet, auch die EM kann er ad acta legen", sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß am Montag.

Sollte es so kommen, wäre es ein herber Schlag für Löw. Ein noch herberer als für Kovac, weil der Bundestrainer im Gegensatz zu dem Bayern-Coach keinen Hernandez hat. Er hat Antonio Rüdiger, der seine Sache beim FC Chelsea seit über einem Jahr exzellent macht, zuletzt aber auch verletzungsbedingt passen musste und es so versäumte, weiter in die Leader-Rolle zu wachsen, die er bei den Blues schon einnimmt.

Viel Zeit bietet sich dem 26-Jährigen dazu nicht mehr. Gesetzt dürfte er so oder so sein. Fragt sich nur: Wer verteidigt in der Dreier- oder Viererkette künftig neben ihm? Während sich Emre Can (25) trotz seines frühen Platzverweises gegen Estland durchaus Sympathien bei Löw erspielte, enttäuschten Jonathan Tah (23) und Matthias Ginter (25) bei den vorherigen Länderspielen im September.

Niklas Stark (24) und Robin Koch (23) sind noch nicht erfahren genug, um einen Stammplatz bei einem großen Turnier einzunehmen. Eine sinnvolle Lösung des Problems wäre, den aussortierten Mats Hummels zurückzuholen. Damit würde sich Löw aber einen Fehler eingestehen. Ob er dazu bereit ist? Noch unklar. Bei den zurückliegenden Länderspielen, als ihm auch schon mehrere Akteure fehlten, sah er "keine Veranlassung", Hummels zu nominieren. Da hatte er aber auch noch seinen Abwehrchef.

DFB-Team: Restlicher Spielplan in der EM-Quali-Gruppe C

DatumHeimGast
16. November 2019DeutschlandWeißrussland
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