Im weiteren Verlauf der Saison mussten Sie sogar im defensiven Mittelfeld ran.
Pranjic: Ich kannte diese Position auch schon aus Heerenveen, also hatte ich kein Problem damit. Im Gegenteil: Ich habe es geliebt, weil man im Mittelfeld häufiger an den Ball kommt als hinten links. Es war sehr einfach, mit Spielern wie Bastian Schweinsteiger oder Mark van Bommel zusammenzuspielen. Ich habe während meiner ersten Saison vor allem in der Champions League sehr viele Spiele im Mittelfeld gemacht.
Im Finale gegen Inter Mailand saßen Sie aber 90 Minuten auf der Bank.
Pranjic: Ich war selbst schuld. Beim 1:0-Sieg im Halbfinal-Hinspiel gegen Lyon holte ich mir absichtlich meine dritte Gelbe Karte ab, um ja nicht das Risiko einzugehen, im Rückspiel verwarnt zu werden und dadurch das Finale zu verpassen. Aber mein Vertreter Hamit Altintop spielte im Rückspiel so gut, dass van Gaal mir direkt nach unserer Rückkehr nach München klarmachte, dass er auch im Finale mit ihm plane.
Wie reagierten Sie?
Pranjic: Ich war im ersten Moment am Boden zerstört. Wenn du fast alle Spiele machst, willst du natürlich auch im Finale dabei sein. Aber so ist Fußball. Ich habe die Mannschaft von der Bank aus unterstützt. Leider hat es nicht gereicht.
Pranjic: "Ohne ihn wäre ich wohl nie beim FC Bayern gelandet"
In seiner zweiten Saison zerstritt van Gaal sich auch mit den Verantwortlichen. Wie lief sein Abschied im April 2011?
Pranjic: Es ging drunter und drüber, niemand von uns Spielern war so recht vorbereitet gewesen, auch wenn jeder wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Van Gaal hat dann nur noch eine kleine Abschiedsrede in der Kabine gehalten, sich für die Zusammenarbeit bedankt und jedem die Hand gegeben. Nichts Besonderes. Nach Einzelgesprächen war ihm nicht mehr.
Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?
Pranjic: Ich habe mich schrecklich gefühlt. Nicht nur er, sondern auch meine Mitspieler und ich haben versagt. Einen Trainer kann man nach schlechten Resultaten leichter feuern als diejenigen, die es auf dem Rasen verbockt haben. Zumal ich van Gaal viel schulde. Ohne ihn wäre ich wohl nie beim FC Bayern gelandet. Dafür werde ich ihm auf ewig dankbar sein.
Gibt es ein Erlebnis mit van Gaal, das Sie besonders in Erinnerung haben?
Pranjic: Jeder Tag mit ihm war ein Erlebnis. Wir Spieler wussten ziemlich viel über seine Frau Truus. Er hat sie angehimmelt und, egal ob auf dem Trainingsplatz oder in der Kabine, ständig von ihr geredet. Einmal, als wir nach einem anstrengenden Training völlig fertig in der Kabine saßen, kam er herein, setzte seinen typisch strengen Blick auf und sagte: "Männer, ich habe hier den ganzen Tag lang alles vorbereitet und geleitet. Und jetzt muss ich auch noch nach Hause, meine Frau beglücken und bespaßen. Also jammert jetzt gefälligst nicht herum!" Wir lachten uns schlapp.
Pranjic: "Heynckes hat es mir nie ins Gesicht gesagt"
Nach dem Abschied Ihres großen Förderers übernahm Jupp Heynckes das Traineramt. Er ließ sie außen vor, sie machten sogar freiwillig ein Spiel für die zweite Mannschaft in der Regionalliga. Wie war Ihr Verhältnis zu ihm?
Pranjic: Weder besonders gut noch besonders schlecht. Heynckes hat es mir nie ins Gesicht gesagt, aber ich wusste schon vom ersten Tag an, dass ich unter ihm keine Rolle spielen würde. Das war für mich aber okay, schließlich hat jeder Trainer seine eigenen Vorstellungen und Lieblinge. Ich habe ihm das nie übel genommen und mich immer respektvoll verhalten. Ich kann vor Heynckes und seinen Erfolgen nur den Hut ziehen. Auch wenn ich sagen muss, dass van Gaal ihm vom fußballerischen Wissen her, gerade taktisch, um Längen überlegen war. Was das angeht, kann man bis heute sowieso niemanden mit van Gaal vergleichen. Er ist der größte Fußball-Fachmann, den ich je kennengelernt habe.
Ihr Vertrag in München lief drei Jahre, der Verein entschied sich gegen eine Verlängerung. Ihr letztes Spiel in der Allianz Arena war ausgerechnet das dramatische "Finale Dahoam" gegen den FC Chelsea.
Pranjic: Ziemlich beschissen, oder? Auch wenn ich auf der Bank saß, war ich der größte Bayern-Fan an diesem Abend. Ich wollte unbedingt, dass diese einzigartige Zeit mit diesem Titel endet, dass wir zusammen noch einmal richtig feiern und ich meine vielen Freunde dort in bester Laune zurücklasse. Und dann verlieren wir ein Spiel, das wir eigentlich gar nicht verlieren können. Chelsea hat aus dem Spiel nicht ein einziges Mal auf unser Tor geschossen. Das geht mir bis heute nicht aus dem Kopf. Wir hatten so unfassbar viel Pech.
Pranjic: "Kovac hat seine Sache hervorragend gemacht"
War es die schlimmste Niederlage Ihrer Karriere?
Pranjic: Nein, schlimmer war für mich das Viertelfinale der EM 2008 mit Kroatien gegen die Türkei, weil ich da auch selbst mit auf dem Rasen war. Wir erzielten in der 120. Minute das 1:0 und bekamen praktisch im Gegenzug das 1:1. Danach schieden wir im Elfmeterschießen aus. Ein brutaler Abend.
Damals auf dem Platz mit Ihnen: Niko Kovac. Er war auch später Ihr Nationaltrainer. Warum ist er beim FC Bayern gescheitert?
Pranjic: Gescheitert würde ich das nicht nennen. Ich würde sogar eher sagen, dass er seine Sache hervorragend gemacht hat. Ich will mal einen Trainer sehen, der unter so viel Druck das Double gewinnt. Was da vonseiten der Presse auf Niko einprasselte, war nicht normal. Das erinnerte mich an seine Zeit als kroatischer Nationaltrainer. Viele haben ihn damals nicht als den Kroaten, sondern als den Deutschen gesehen und permanent unter Druck gesetzt.
Danijel Pranjic beim FC Bayern
Spiele (Minuten) | 85 (5269) |
Tore | 1 |
Vorlagen | 10 |
Gelbe Karten | 9 |
Erfolge | 1x Deutscher Meister, 1x Deutscher Pokalsieger, 1x Deutscher Supercup-Sieger |