Als Klaus Augenthaler aus dem niederbayerischen Fürstenzell 1975 zum FC Bayern München wechselte, da wechselte er zu einem Klub, der seinem Namen alle Ehre machte. Er wechselte zum Klub der Maiers und Müllers und Beckenbauers. Wer nicht aus Bayern kam, der galt damals schon fast als Legionär. Einen Ostwestfalen wie Karl-Heinz Rummenigge hatte es noch nach Süden verschlagen und den einen oder anderen Skandinavier. Das war es aber auch schon.
Und so blieb es auch während Augenthalers Zeit im Klub bis zu seinem Karriereende 16 Jahre und mindestens genauso viele Bundesligatitel später. Gut, vielleicht stand mal ein Belgier im Tor, aber ansonsten blieb es so.
Erst Anfang der 1990er Jahre begann sich der Fußball zu ändern, zu internationalisieren. Als Klub von Rang und Namen war es auf einmal en vogue, sich zum Beispiel seinen brasilianischen Samba-Fußballer zuzulegen und der FC Bayern holte als Statement gleich zwei: Im Sommer 1991 kamen Mazinho (25) für umgerechnet rund zwei Millionen Euro von Bragantino und Bernardo (26) für etwa die Hälfte vom FC Sao Paulo.
Augenthaler, Bernardo und die Isar-Floßfahrt
Augenthaler spielte da zwar nicht mehr mit, aber als Mitglied des Trainerstabs war er trotzdem dabei. "Ich habe es als meine Aufgabe empfunden, mich um die neuen Spieler zu kümmern", sagt er im Gespräch mit SPOX und Goal. "Ich habe mich bemüht, sie zu integrieren." Das tat er aber mit durchaus interessanten Strategien. Bernardo etwa integrierte er, indem er ihm eine Todesangst einjagte.
"Am Tag seiner Ankunft hatten wir eine Isar-Floßfahrt", erzählt Augenthaler die berühmte Krokodil-Geschichte. "Die Floßfahrt ging in der Früh los, mittags waren wir bei einem guten Restaurant an der Isar essen und dort wurde Bernardo direkt vom Flughafen hingebracht. Anschließend sind wir weitergefahren und dann habe ich ihn einfach ins Wasser geschmissen und 'Crocodile!' gerufen."
Selten soll Bernardo schneller geschwommen sein, laut Augenthaler war er sogar fast so schnell wie Mark Spitz und der hat immerhin neun olympische Goldmedaillen gewonnen. Deutlich weniger erfolgreich übte Bernardo in München jedoch seinen eigentlichen Beruf aus, das Fußballspielen. Eigentlich wollte ihn der FC Bayern ja auch gar nicht verpflichten.
Mazinho und Bernardo gab es nur im Doppelpack
Als sich der damalige Manager Uli Hoeneß, Trainer Jupp Heynckes und Co-Trainer Egon Coordes 1991 auf einen Scouting-Trip nach Brasilien begaben, wollten sei zunächst nur Mazinho mitbringen. Er wurde jedoch vom gleichen Berater wie Bernardo betreut und der machte der Münchner Delegation unmissverständlich klar: Beide oder keinen. Und dann wurden es eben beide.
Brasilianisch spielte aber nur einer von beiden und zwar das ursprüngliche Transferziel Mazinho. "Er war von seiner Figur her gazellenartig, typisch brasilianisch, ein bisschen filigran", sagt Augenthaler über den Angreifer. "Was er aber nicht mochte, war die Härte der Bundesliga." Damit kam Bernardo besser klar, defensiver Mittelfeldspieler, Typ Rackerer. Ihm fehlte eher die spielerische Klasse.
Integrationsproblemen und das Wort "Kondition"
Zu kämpfen hatten sie zunächst jedoch beide, mit Sprach- und Integrationsproblemen nämlich. "Sie waren sehr schüchtern und zurückhaltend, Mazinho noch einen Tick mehr. Die Kommunikation war schwierig, weil sie nur Portugiesisch sprachen. Sie hatten aber beide von Anfang an einen Deutschlehrer und konnten dann immerhin bald ein paar Brocken Fußball-Deutsch", erinnert sich Augenthaler. Mazinho und Bernardo lernten die Worte "Tor" und "Abseits" und vor allem auch "Kondition".
"Am Anfang hatten sie Probleme hinsichtlich der Fitness", sagt Augenthaler. "Während der Vorbereitungszeit haben wir Kondition gebolzt und das waren sie nicht gewohnt. Die haben keine eineinhalbstündigen Läufe gekannt."
Mazinhos Debüt-Treffer, Bernardos schneller Abschied
Bereits am 1. Spieltag debütierte Bernardo in der Bundesliga, hinterließ nach seiner Einwechselung aber keinen bleibenden Eindruck und musste bei den kommenden Spielen passen. Deutlich besser lief es zunächst für Mazinho, der bei seinem Debüt am 3. Spieltag bei einem Auswärtsspiel gegen Fortuna Düsseldorf in der Schlussphase reinkam und direkt zum entscheidenden 1:0 traf. Er sollte sich im Laufe der Saison zumindest vorübergehend einen Stammplatz erarbeiten und noch das eine oder andere Tor erzielen.
Bernardo dagegen kam nur mehr zu vier weiteren Pflichtspieleinsätzen für den FC Bayern. Es blieb gerade noch Zeit für ein Lederhosen-Shooting beim Oktoberfest, ehe er Ende September schon wieder zurück war in Brasilien beim Esporte Clube Internacional. Am Ende der Saison landete der FC Bayern auf Platz zehn und erreichte damit nach der Saison 1977/78 (Platz zwölf) die zweitschlechteste Endplatzierung seiner Bundesligageschichte.
Mazinho und Bernardo wurden zu Wegbereitern
In der folgenden Saison steigerte sich der FC Bayern wieder und wurde Zweiter. Großen Anteil daran hatte Mazinho aber nicht: Bei 17 Bundesligaspielen gelangen ihm nur drei Tore und darüber hinaus vergab er beim Ausscheiden in der 2. Runde des DFB-Pokals bei Borussia Dortmund im Elfmeterschießen entscheidend. Bald danach wechselte Mazinho per Leihe zu Internacional Porto Alegre, ehe er im Sommer 1994 dank neuem Trainer mit großen Plänen zurückkehrte.
"Nun werde ich angreifen. Trapattoni setzt auf mich", verkündete Mazinho damals. Nun ja. Dreimal brachte ihn Giovanni Trapattoni in der Bundesliga und beim dritten Spiel, einem Derby gegen den TSV 1860 München, wechselte er ihn bereits in der ersten Halbzeit aus - und nie mehr wieder ein. Im Winter war mit Mazinho nach Bernardo auch der zweite Brasilianer weg und diesmal für immer.
Ihr sportlicher Einfluss blieb somit zwar beschränkt, als Pioniere wurden sie aber zu Wegbereitern für weitere Brasilianer, die beim FC Bayern später zu Legenden avancieren sollten: Für Giovane Elber zum Beispiel oder Lucio und Ze Roberto.
Mazinho und Bernardo: Leistungsdaten für den FC Bayern
Mazinho | Bernardo | |
Spiele | 56 | 5 |
Tore | 16 | - |
Assists | 2 | - |