Robert Lewandowski saß im Legia-Stadion in Warschau mit dickem Eisverband um das rechte Knie auf der Ersatzbank, Uli Hoeneß stand 1100 Kilometer entfernt im RTL-Studio in Köln der Schrecken ins Gesicht geschrieben. "Mir ist gerade das Herz stehen geblieben", sagte der Ehrenpräsident von Bayern München. Er hoffe, "dass nicht viel passiert ist".
Zumindest die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich nach einer eingehenden Untersuchung des lädierten Knies nicht. Der Weltfußballer zog sich im WM-Qualifikationsspiel gegen Andorra (3:0) eine "Schädigung des Seitenbandes" zu, teilte der Verband PZPN am Montagmittag mit. Dennoch: Lewandowski wird dem Rekordmeister im Liga-Gipfel am Samstag (18.30 Uhr) beim Verfolger RB Leipzig voraussichtlich nicht zur Verfügung stehen - für den FC Bayern ein herber Schlag im Titelkampf.
Die Behandlung der Verletzung dauert nach Verbandsangaben "fünf bis zehn Tage". Somit würde auch ein Einsatz im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals (7. April) gegen Paris Saint-Germain auf der Kippe stehen.
Allerdings beruhigte wenig später der Präsident des polnischen Fußballverbandes, Zbigniew Boniek, die Gemüter. "Es gibt keinen Grund zur Panik bei Lewandowski. Wäre das Spiel am Mittwoch gegen England ein Spiel um einen Titel, würde Lewandowski wohl spielen. Die Ärzte sagen, das Problem ist in fünf bis sechs Tagen behoben", schrieb Boniek bei Twitter.
Lewandowski reist am Montag zurück nach München
Der Stürmer reiste noch am Montag von Warschau nach München ab und wird deshalb definitiv das Spitzenspiel in der WM-Quali am Mittwoch (20.45 Uhr/DAZN) in England verpassen. Das Risiko sei "zu hoch, dass sich die Verletzung verschlimmert", schrieb der polnische Verband. Diese Entscheidung sei "angesichts der bevorstehenden EURO die einzig richtige".
Hoeneß hatte schon am späten Sonntagabend nach einem Telefonat mit Lewandowski leichte Entwarnung gegeben. "Die ersten Prognosen sind nicht ganz so schlimm", sagte er. Auch Polens Nationaltrainer Paulo Sousa war vorsichtig optimistisch. Lewandowski habe "ein wenig Schmerzen im Knie verspürt". Er müsse sich "jetzt ausruhen und gut schlafen. Wie gesagt, wir hoffen, es ist nichts Ernstes."
Lewandowski-Doppelpack vor Verletzung
Andorras Abwehrspieler Albert Alavedra Jimenez war Lewandowski in der 63. Minute bei einem Getümmel im Strafraum unglücklich aufs Bein gefallen. Der Stürmer verließ daraufhin leicht humpelnd das Spielfeld. Bis dahin hatte der 32-Jährige wieder einmal seinen Wert unterstrichen: Mit einem Doppelpack (30./55.) hatte Lewandowski sein Team in seinem 118. Länderspiel auf Kurs gebracht.
Seit Monaten befindet sich der Angreifer in Galaform. In der Bundesliga erzielte er zuletzt beim 4:0 gegen Stuttgart seine Saisontore Nummer 33 bis 35. Zum "ewigen" Rekord von Gerd Müller aus der Saison 1971/72 fehlen Lewandowski nur noch fünf Treffer - acht Spiele hat er dafür noch Zeit.
Er denke "nur von Spiel zu Spiel und nicht daran, wie viele Tore ich noch brauche", sagte er nach dem Stuttgart-Spiel. Zu viel Rechnerei wäre kontraproduktiv. Zumal die ewige Torejagd "auch für den Kopf eine Herausforderung" sei.
Dennoch: "Nach fast 50 Jahren diese Marke zu erreichen, würde mir viel bedeuten", betonte Lewandowski in Sport Bild. Das würde ihn "mit unglaublichem Stolz erfüllen". Aber, fügte er an: "Gerd Müller wird immer Gerd Müller bleiben - und unerreicht."
Doch ähnlich wie einst "Bomber" Müller ist Lewandowski für die Münchner längst unersetzlich. Entsprechend groß sind die Sorgen beim FC Bayern - nicht nur bei Hoeneß.