"Ehrlich gesagt ist es schwierig, einen erfolgreichen Klub zu übernehmen", sagte der 34-Jährige gegenüber der Funke Mediengruppe. Nagelsmann hatte die Bayern in diesem Sommer übernommen, zuvor war er in der Bundesliga Cheftrainer bei der TSG Hoffenheim und ab 2019 von RB Leipzig.
"Wenn wir nicht Meister werden, wird auf dich mit dem Finger gezeigt: Da, der Erste, der es seit neun Jahren nicht geschafft hat", erklärte Nagelsmann. Sein Fazit: "Ich empfand es als einfacher, Hoffenheim auf einem Abstiegsplatz zu übernehmen und dann nach oben zu führen."
Dazu kommt, dass die Bayern unter Nagelsmanns Vorgänger Hansi Flick große Erfolge feiern konnten und in der Saison 2019/2020 das historische Sextuple gewannen. "Eine Belastung ist das für mich nicht. Aber nach so vielen Titeln entsteht in einem Verein auch ein gewisser Anspruch", gab Flicks Nachfolger zu. "Für mich ist wichtig, dass ich diesem Anspruch und auch der Ablöse gerecht werde." Die Bayern hatten Nagelsmann aus seinem Vertrag in Leipzig herausgekauft, die Ablöse soll dem Vernehmen nach bis zu 25 Millionen Euro betragen haben.
FC Bayern: BVB für Nagelsmann "immer ein Hauptkonkurrent"
Den zehnten Meistertitel in Folge könnte den Bayern der BVB streitig machen, derzeit liegt die Borussia in der Tabelle einen Zähler hinter dem Tabellenführer aus München. "Dortmund ist immer ein Hauptkonkurrent. Dort wird gut in den Kader investiert, sie haben gute Entscheidungsträger in einem äußerst emotionalen Klub", lobte Nagelsmann. "Das Gesamtpaket von der Kaderqualität und den Fans im Stadion macht es nie leicht, gegen sie erfolgreich zu spielen."
Trotzdem konnten die Bayern den schwarz-gelben Konkurrenten seit 2012 immer hinter sich halten. "Am Ende hat es aber in den vergangenen Jahren immer nur ein Verein geschafft, das hohe Niveau über die ganze Saison zu halten: der FC Bayern", erklärte Nagelsmann. Bei den anderen Klubs sei früher oder später immer eine Schwächephase gekommen, "weil die Spieler vielleicht noch zu jung sind oder nicht das Topklassenniveau haben."
Nagelsmann spricht über Haaland-Gerüchte
Außerdem wurde Nagelsmann zu den Gerüchten um Erling Haaland befragt und wich gekonnt aus. "Ich brauche Robert Lewandowski in seiner Bestverfassung. Das ist mein Spieler, mit dem ich arbeite und dessen Vertrag auch noch lange läuft", sagte er. Für alles andere hätten die Münchner "andere Leute im Verein, die sich darum kümmern".
Spieler wie Lewandowski und Haaland seien wichtig für die Bundesliga. Im Hinblick auf die immer weiter steigenden Summen auf dem Transfermarkt und die teilweise hohen Gehaltsforderungen, stellte Nagelsmann jedoch klar: "Aber im Vordergrund steht immer die Frage der finanziellen Möglichkeiten. Dieser Aspekt wird immer extremer."
Mit den Bayern hat Nagelsmann indes eine klare Vision. "Ich möchte emotionalisierenden Fußball sehen, nicht einschläfernden Ballbesitzfußball oder langweiliges Hin- und Hergekicke. Ich habe es immer gerne, dass auch Nicht-Bayern-Fans am Ende sagen: Ich schaue mir die Münchener gerne an, weil deren Spiele interessant sind und Spaß machen", sagte er. Fußball sei zwar auch ein Geschäft, stehe aber nicht "für ein abgestumpftes Business, sondern für Unterhaltung".
Nagelsmann vermisst HSV, Schalke und Bremen
Zudem vermisst er Traditionsvereine wie den HSV, Schalke 04 und Werder Bremen. "Ich hatte mein erstes Bundesligaspiel als Co-Trainer in Hamburg. Freitagabend, Flutlicht, 54.000 Zuschauer, und dann läuft 'Hamburg, meine Perle'. Das ist eine sensationelle Stadt und auch ein geiler Klub, der jeden Fußballfan emotionalisiert", erzählte Nagelsmann.
Ähnlich sei es bei Werder: "Ein Verein mit tollen Fans und sehr familiärem Klima, bei dem man sich als Gast immer wohl gefühlt hat." Über die Königsblauen "brauchen wir eigentlich gar nicht zu reden: Einer der größten Traditionsklubs, die wir haben. Mit ganz speziellen Fans, das ist unglaublich", sagte er und fügte an: "Es wäre schon schön, wenn diese Klubs wieder in der Bundesliga spielen würden."