Joshua Kimmich trainierte am Montag in aller Ruhe, der Pokal-Kracher bei Borussia Mönchengladbach steht schließlich kurz bevor. Doch der Name des Nationalspielers blieb in aller Munde - ob er nun wollte oder nicht. Sogar die Bundesregierung nahm zur Impf-Debatte um den Bayern-Profi Stellung und setzt auf die Vorbildfunktion Kimmichs. Der Deutsche Ethikrat sieht den Fußballer derweil schlecht beraten.
In Berlin war es Regierungssprecher Steffen Seibert, der nach Kimmich befragt das eher ungewohnte Fußball-Terrain betrat. Er hoffe darauf, dass Kimmich alle verfügbaren Informationen über die in der EU zugelassenen Impfstoffe "noch einmal auf sich wirken lässt" und sich doch noch gegen COVID-19 immunisieren lasse, sagte er. Gleichzeitig betonte Seibert, dass alle Fragen natürlich berechtigt seien.
Kimmich (26) hatte am Samstag erklärt, er habe sich bislang aus Sorge vor möglichen Langzeitfolgen noch nicht impfen lassen. Daraufhin gab es von zahlreichen Experten Widerspruch. Auch die Fachleute beim FC Bayern ermuntern die Stars dort, sich impfen zu lassen. Beifall erhielt er dagegen unter anderem von der AfD.
Seibert betonte, dass es auch zu möglichen Impffolgen "klare und überzeugende Antworten" nationaler und internationaler Experten gebe. Sollte Kimmich sich noch impfen lassen, könnte dies eine Signalwirkung haben. "Denn als einer, auf den Millionen schauen, hätte er dann erst recht Vorbildwirkung", so Seibert.
Carsten Ramelow, Vizepräsident der Spielergewerkschaft VDV, verteidigte Kimmich. Es müsse "auch akzeptiert werden, wenn einzelne Spieler noch Bedenken vor Nebenwirkungen der Impfung haben und deshalb eine andere Meinung vertreten", wurde Ramelow in einer Mitteilung der Spielergewerkschaft zitiert.
Deutscher Ethikrat: Kimmich "ist schlecht beraten"
Auch der Deutsche Etikrat betonte die "private" Entscheidung von Kimmich. "Es ist seine private Entscheidung, das ist ganz wichtig zu beachten", sagte die Vorsitzende Alena Buyx am Montag bei Sky Sport News: "Ich finde es aber schade. Joshua Kimmich ist ein Vorbild, zu dem Leute aufschauen und dem man zuhört." Skeptiker könnten seine Aussagen benutzen, um "Zweifel über die Impfung zu streuen".
Insgesamt sei Kimmich in Sachen Corona-Impfung "schlecht beraten", so Buyx. Der Münchner sei angesichts seines Verweises auf mögliche Folgeschäden einer Impfung "einer Falschinformation aufgesessen". Dies sei ein "Irrglaube".
Die Professorin appellierte aber daran, die Sorgen vieler Menschen ernstzunehmen und bei Diskussionen nicht gleich abzuschalten. Corona-Leugner erreiche man damit nicht, aber es gebe "noch viele, die Fragen haben oder die etwas falsch mitbekommen haben, wie es vielleicht bei Joshua Kimmich der Fall war. Diesen Menschen muss man Quellen zeigen, denen sie vertrauen können."
Darauf hofft sie auch beim Münchner. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und Kimmich als jemand, der im Rampenlicht steht, ist dabei wichtig." Sollte er sich doch impfen lassen, könne das "einen Ruck geben".