Fünf Aufträge an den FC Bayern für die kommende Saison: FCB muss mehr wie Ajax werden

Johannes Ohr
25. April 202212:36
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Der FC Bayern München hat zum 10. Mal in Serie die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Perfekt lief aber nicht alles. Trainer, Spieler und Vorstände - in allen Bereichen gibt es Verbesserungspotential. Fünf Dinge, die Bayern in der neuen Saison anders machen muss.

FC Bayern: Die Bosse dürfen sich nicht mehr wegducken

Julian Nagelsmann war in seiner Premierensaison beim FC Bayern nicht nur Trainer, sondern auch "Außenminister" und Sprachrohr des Klubs. Während sich die Bosse um den Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic in den vielen Bayern-Krisen (Katar-Diskussion auf der Mitgliederversammlung, Corona) zu oft wegduckten oder zumindest den von Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge vermissten Klartext vermissen ließen, ging Nagelsmann auch außerhalb seines Kerngeschäfts voran.

Statt Fragen abseits des Platzes auszuweichen, bezog der Trainer bereitwillig Stellung zu jedem Krisenherd innerhalb des Vereins. "Ich sehe den Job eines Trainers ganzheitlich. Ich finde, dass du eine gewisse Vorbildfunktion hast", blickte Nagelsmann auf diese spezielle Phase seiner ersten Bayern-Saison zurück. "Ich versuche, die Meinung des Sportvorstandes zu transportieren und mich auch mit Oli Kahn abzusprechen, um die Einheit nach außen zu demonstrieren. Da gehört es dazu, auch mal Dinge zu beantworten, die nicht zum Kerngeschäft gehören." Vorbildlich, doch auch die Chefetage muss verbal endlich wieder vorangehen.

Der Auftritt von Hasan Salihamidzic bei Sky 90 am Sonntag war deshalb ein erster Schritt in die richtige Richtung. Der Sportvorstand wählte deutlich Worte in Richtung des enttäuschenden Leroy Sane ("Jetzt muss er kommen. Wir erwarten alle von ihm, dass es auf dem Platz knallt, dass er explodiert und Gas gibt"), schloss einen vorzeitigen Abgang von Robert Lewandowski im Sommer klar aus ("Sein Vertrag läuft bis 2023, jetzt werden wir darüber reden, was danach passiert"), formulierte eine Kampfansage für die neue Saison ("Wir werden jeden Stein umdrehen und nächstes Jahr richtig attackieren") und bestätigte selbstbewusst das Interesse an Ajax Amsterdams Ryan Gravenberch ("Wir sind in Gesprächen").

Kein Herumgeeiere, sondern Klartext.

Einzig als er über die Probleme auf dem Transfermarkt sprach und bemängelte, dass durch ablösefreie Abgänge der Fußball kaputt gehe ("Ablösefreiheit macht uns Vereine - nicht nur Bayern München - immer schwächer"), verrannte sich Salihamidzic in seiner Argumentation. Denn natürlich lassen nicht nur Spieler, sondern auch viele Klubs Verträge bewusst auslaufen. Wie Bayern womöglich auch kommende Saison bei Lewandowski. "Nach der Pandemie ist das Mode geworden, sogar Mbappe lässt seinen Vertrag auslaufen", sagte Salihamidzic. Vergaß dabei aber, dass es Paris Saint-Germain war, dass auf Vertragserfüllung pochte und den Superstar eben trotz eines Mega-Angebots nicht vorzeitig zu Real Madrid verkaufte.

Die Mannschaft muss Nagelsmanns Fußball verinnerlichen

Mit der Ankunft von Julian Nagelsmann beim FC Bayern hielt auch eine kleine taktische Revolution Einzug an der Säbener Straße. Anders als Vorgänger Hansi Flick, der praktisch immer aus einer 4-2-3-1-Formation heraus spielen ließ, setzte Nagelsmann neue Impulse, implementierte "sein" aus Hoffenheim und Leipzig bekanntes System - Aufbau über die Dreierkette, offensive Außenverteidiger - nach und nach situativ auch beim Rekordmeister. Nach Informationen von SPOX und GOAL kommt die neue taktische Flexibilität in der Mannschaft zwar grundsätzlich gut an.

Dennoch gibt es nach wie vor einige Stars, die sich mit der Umstellung zumindest schwer tun und sich noch nicht so wirklich damit anfreunden konnten. Beispiel: Stürmer Robert Lewandowski fiel in dieser Saison nicht nur einmal damit auf, dass er seine Position vorne im Sturmzentrum verließ, um sich stattdessen die Bälle aus dem Mittelfeld abzuolen. Dadurch fehlte er natürlich vorne als Anspielstation.

"Wir haben Julian geholt, weil wir eine neue Ära starten wollen. Unsere Arbeit ist sehr gut, wir unterhalten uns viel", sagt Salihamidzic über seinen Trainer. "Er ist ein sehr kommunikativer und offener Trainer. Es macht unheimlich viel Spaß mit ihm zu arbeiten. Das ist ein Prozess für die Mannschaft. Die Jungs wissen, dass er ein großes Know-How hat."

Will der FC Bayern mit Nagelsmann wirklich eine neue Ära starten, sollten die Spieler seine taktischen Ideen noch besser verinnerlichen.

Nagelsmann muss sich auch an die Mannschaft anpassen

Gleichzeitig muss Nagelsmann aber natürlich auch auf die Stärken und die Bedürfnisse der Mannschaft eingehen, nicht auf Teufel komm raus sein System durchziehen.

"Ich weiß, dass ich Dinge besser machen kann", räumte Nagelsmann am Samstag ein. "Ich werde meinen Stil versuchen beizubehalten. Sonst wäre ich nicht Trainer bei Bayern und dann wäre ich auch nicht mehr der Trainer, der ich sein möchte." Dennoch ist auch er kompromissbereit.

"Trotzdem wird es Momente geben, wo wir einen Tick mehr festhalten an Gewohntem. Die Mannschaft war es jahrelang gewohnt, immer das Gleiche zu spielen. Gerade in Situationen, wo die Gesamtstruktur ein bisschen instabil ist, ist es gut, auf etwas Gewohntes zurückgreifen zu können."

Und weiter: "Das, was neu oder variabler ist, werden wir versuchen ein bisschen zu reduzieren. Aber ich werde keine Dreierkette oder verschiedene Grundordnungen abschaffen."

Der FC Bayern muss mehr wie Ajax Amsterdam werden

Angesichts steigender Ablösesummen und Gehälter bei gleichzeitig sinkender Einnahmen ist der FC Bayern gezwungen, seine Transferstrategie zu ändern. Der Rekordmeister muss Spieler künftig auch selbst entwickeln, dadurch Marktwerte und später Transfererlöse generieren. Kurzum: Bayern muss ein bisschen wie Ajax Amsterdam werden.

Fast unglaublich: Die Niederländer erwirtschafteten durch Spielerverkäufe in den vergangenen drei Jahren 370,4 Millionen Euro. Nagelsmann kommt bei der neuen Strategie als Talententwickler eine Schlüsselrolle zu. "Julian ist ein Cheftrainer, der sich bewusst ist, dass wir aus dem Campus immer wieder gute Spieler entwickeln und an die Profis heranführen müssen", sagte Salihamidzic zuletzt der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. "Er bringt sich hier sehr ein, kommuniziert mit den Trainern der Amateure und U19-, U17-Teams. Für die Entwicklung von Spielern braucht man Zeit. Wenn Sie so wollen, wurde das von uns in seiner Vertragslaufzeit ebenfalls berücksichtigt."

Gleichzeitig braucht Nagelsmann aber natürlich auch ein gewisses Mitspracherecht bei der Auswahl der externen Neuzugänge betrifft. "Es geht darum, die Planung anzustoßen für die neue Saison. Da sind wir voll im Gange. Ich habe volles Vertrauen in Brazzo und in Olli, dass sie bis Ende August wieder einen Topkader zur Verfügung stellen", sagte der 34 Jahre Coach nach dem Gewinn seiner ersten Deutschen Meisterschaft. Schon an diesem Montag habe er wieder "ein paar Termine" auf dem Vereinsgelände an der Säbener Straße, "um Planungen voranschreiten zu lassen".

Bayern muss Lewandowskis Zukunft schnell klären

Verlängert er? Geht er? Und wenn ja, wohin und wann? Die Diskussionen um Robert Lewandowskis Zukunft überlagern seit Wochen das sportliche Geschehen.

"Ich habe schon immer das Gefühl und die Überzeugung, dass die Spieler selbstbewusst genug sind, um mit der Situation klarzukommen", bemerkte Nagelsmann bei seinen Spielern zuletzt deshalb zwar nicht unbedingt einen Konzentrations- und Spannungsabfall. Dennoch sollte die Personalie im Sinne aller Parteien bis spätestens zum Saisonbeginn endgültig geklärt sein.

"Lewandowski genießt größte Wertschätzung. Die Fans lieben ihn. Er ist unser Topverdiener im Klub. Man muss auch dem FC Bayern erlauben, zu sehen, wie wir sportlich abschneiden und wie viel Budget wir haben", begründete Salihamidzic bei "Sky 90" die bislang so abwartende Haltung des Vereins hinsichtlich der Aufnahme der Vertragsgespräche.

"Er hat Vertrag bis 2023. Wir haben alle Zeit der Welt. Wir haben den besten Stürmer der Welt und darauf sind wir stolz. Wir haben noch nicht verhandelt. Aber das machen wir ja."