Marcel Sabitzers Premierentor für den FC Bayern München stand ziemlich exemplarisch für seine bisherige Saison: Es war maximal unglücklich. Denn als Sabitzer endlich traf, interessierte sich niemand dafür - sondern nur, ob der Sieg seiner Mannschaft (und damit übrigens auch sein Treffer) womöglich noch strafverifiziert werden könnte.
"Ich feiere Tore schon immer recht ausgiebig. Aber dieses Tor habe ich nicht so ausgiebig gefeiert, weil es ein bisschen eine komische Situation war", gab sogar Trainer Julian Nagelsmann zu. Er hatte Sabitzer in der 86. Minute eingewechselt. Im Gegenzug verließ aber kein Spieler den Platz.
Es folgten einige Sekunden mit zwölf Mann, ein verspäteter Abgang des eigentlich vorgesehenen Auswechselspielers Kingsley Coman und einige Minuten Diskussionen, ehe Sabitzer kurz vor Ablauf einer ausgiebigen Nachspielzeit zum 4:1 traf.
Marcel Sabitzer kündigte sein Tor gegen Freiburg an
Tatsächlich war es für ihn das erste richtige Erfolgserlebnis, seit er seinem Trainer im vergangenen Sommer für 15 Millionen Euro von RB Leipzig nach München gefolgt war. In der Zwischenzeit testete Nagelsmann Sabitzer im zentralen Mittelfeld, als Außenverteidiger und als Flügelstürmer mit dem stets selben Resultat: enttäuschenden Leistungen.
Überraschend kam das Tor gegen Freiburg für Nagelsmann dennoch nicht. "Er hat vorgestern beim Elf-gegen-elf zwei Tore gemacht, eines mit rechts und eines mit links", erzählte der Trainer und verriet, dass Sabitzer deshalb sein Premierentor angekündigt habe.
Die fehlende Emotionalität beim Torjubel machte Nagelsmann immerhin bei der anschließenden Analyse wieder wett. "Unglaublich wichtig" nannte er den Treffer, sprach auch von "extremer Freude" für seinen Schützling. Wenig verwunderlich, ist Sabitzer doch der erste und bisher einzige Spieler im aktuellen Kader, der auf explizites Betreiben des neuen Trainers verpflichtet wurde. Seine bisher schwachen Leistungen fielen somit gewissermaßen auch auf Nagelsmann zurück. "Er hat hier leider noch nicht seinen Peak gefunden", erklärte der Trainer. "Ich hoffe, dass ihm das hilft. Ich hoffe, dass er mit dem Tor besser in die Spur kommt."
Leon Goretzka feiert Traum-Comeback in Freiburg
Tatsächlich ist die Spur in eine mögliche Startelf für Sabitzer aktuell aber so hürdenreich wie wohl noch nie in dieser Saison. Im zentralen Mittelfeld glänzte zuletzt der junge Jamal Musiala und in Freiburg feierte nicht nur Sabitzer ein großes Erfolgserlebnis, sondern auch ein direkter Rivale: Leon Goretzka. Nach rund viermonatiger Leidenszeit wegen Patellasehnen- und Hüftproblemen stand er bei seinem Comeback an der Seite seines Stamm-Partners Joshua Kimmich direkt in der Startelf.
Dieser war seinerseits zunächst fraglich, weil seine Frau das dritte gemeinsame Kind erwartete. Letztlich reiste Kimmich aber doch noch nach Freiburg, wo er Goretzka mit einer perfekten Freistoßflanke das zwischenzeitliche 1:0 servierte. Die Kopfballstärke des 1,89 Meter großen Goretzka gibt dem Spiel des FC Bayern eine weitere Dimension. "Leon ist ein guter Kopfballspieler. Davon haben wir nicht zehn Stück", sagte Nagelsmann.
Was Goretzka der Treffer bedeutete, war an seinem emotionalen Jubel vor dem Auswärtsblock abzulesen. Kurz vor seiner Auswechslung in der 62. Minute war es die Krönung eines beachtlichen Comebacks, bei dem er von Beginn an Präsenz ausstrahlte. Er führte viele Zweikämpfe und gewann fast genauso viele. "Er hat eine super körperliche Präsenz, ist ein sehr guter Fußballer. Er ist einer, der Elan und Gier reinbringt", erklärte Nagelsmann. "Leon ist wichtig für den gesamten Klub und auch für den Josh."
Jamal Musiala knüpfte an seine Leistungen an
Für Nagelsmann ergibt sich nach Sabitzers Treffer und Goretzkas Traum-Comeback ein Luxusproblem. Gesetzt war neben Kimmich in den vergangenen Wochen nämlich Musiala, der anschließend auch bei den Freundschaftsspielen der deutschen Nationalmannschaft in ungewohnter Rolle im zentralen Mittelfeld überzeugte. Seine ideale Position ist eigentlich die Zehn, aber dort spielt bekanntlich immer Thomas Müller.
In Freiburg bekam Musiala zunächst eine Pause, ehe er nach seiner Einwechslung in der 62. Minute an seine zuletzt gezeigten Leistungen anknüpfte. Anders als beim bulligen Goretzka kommt die durchaus robuste Spielweise beim eher hageren Musiala durchaus überraschend. "Nach seiner Einwechslung war er unfassbar aggressiv auf der Sechs, hat viele Bälle geklaut. Wenn man ihn so sieht, würde man es ihm nicht zutrauen", sagte Nagelsmann und lobte Musialas "sehr gutes Körpergefühl".
Julian Nagelsmann freut sich über Rotations-Möglichkeit
Beim Viertelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch beim FC Villarreal dürfte Musiala in die Startelf zurückkehren, eine Einsatzgarantie wollte Nagelsmann aber nicht aussprechen. "Wir werden gucken, wie es Leon verkraftet. Aber die Grundidee ist nicht, dass wir Leon jetzt alle drei Tage oder Jamal acht, neun Spiele am Stück reinjagen", sagte der Trainer. "Ich bin froh, dass wir jetzt mehr Alternativen haben und wieder mehr switchen können."
Sabitzer erwähnte Nagelsmann bei seinen Startelf-Plänen gegen Villarreal überhaupt nicht, genauso wenig wie die zwei anderen potenziellen Kandidaten. Marc Roca könnte den Klub im Sommer übereinstimmenden Berichten zufolge in seine spanische Heimat zu Real Betis verlassen. Corentin Tolissos Vertrag wird trotz seines winterlichen Zwischenhochs wohl nicht verlängert. In Freiburg wurde er zwar eingewechselt, musste wenig später aber angeschlagen wieder runter (und fällt nun offenbar erneut langfristig aus) - und stiftete damit Verwirrung, die letztlich auch zum Wechselfehler führte.