Nach der enttäuschenden Saison 2021/22 war der Tenor der FCB-Bosse um Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn klar: Nicht in Panik verfallen. Das spiegelte sich auch in der angepassten Transfer-Philosophie wider: Bayern hielt sich aus dem Wettbieten der englischen und spanischen Topklubs sowie Paris Saint-Germain weitestgehend heraus und schaute sich stattdessen vorrangig ein Regal tiefer bei den jüngeren Spielern mit Potenzial nach oben um.
"Das ist ein kreativer Weg, aber man ist nicht dieser klassische Ausbildungsverein und Lieferant für andere Klubs, sondern wird auch in der Lage sein, mit diesem Personal alles gewinnen zu können", erklärte Julian Nagelsmann Anfang des Jahres den Paradigmenwechsel beim deutschen Rekordmeister, der sich schon damals angedeutet hatte.
Man wolle "lieber diesen schon sehr guten 21- oder 22-Jährigen holen, der von seiner Gier und Qualität her in der Lage ist, mit Bayern alles zu gewinnen" und diesen gegebenenfalls nach ein paar Jahren an die reichere Konkurrenz abgeben. "Am Ende muss es immer eine gute Mischung sein", ergänzte er.
Nur in Sadio Mané verpflichteten die Bayern einen Spieler, der sein Können jahrelang auf höchstem Niveau unter Beweis gestellt hat - und der 30-Jährige war aufgrund seiner Vertragssituation noch verhältnismäßig günstig. Dafür verzichtete der FCB wiederum auf einen Eins-zu-Eins-Ersatz für Robert Lewandowski.
Das meiste Geld wurde für Innenverteidiger Matthijs de Ligt in die Hand genommen. Der wegen seiner drei Jahre bei Juventus Turin zwar nicht mehr ganz als Talent durchgeht, aber auch noch kein "fertiger" Innenverteidiger ist. Zumal es für den 23-Jährigen ohnehin nicht immer glatt lief. Ähnlich ist es bei Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui (24). Mit Ryan Gravenberch (20) und Mathys Tel kamen zudem zwei noch ungeschliffene Diamanten an die Isar.
FC Bayern: Tel und Gravenberch noch keine echten Alternativen
Neben Mané gehört allerdings nur de Ligt, der auch von der Verletzung von Lucas Hernández profitierte, von den Neuzugängen zum erweiterten Stammspielerkreis. Insbesondere Tel und Gravenberch sind davon noch weit entfernt. In Josip Stanisic (22) gibt es ein weiteres Talent im Kader, das dieser Rangordnung angehört. Paul Wanner (16) wandelt noch zwischen der U19, U23 und den Profis. Von den Youngstern schaffte es lediglich Jamal Musiala (19) - Alphonso Davies ist schon länger etabliert -, in dieser Saison regelmäßig in der Startelf zu stehen.
Die mit der neuen Transferpolitik einhergehenden Vorgabe der Bayern-Bosse, die neuen und schon dagewesenen Talente zu fördern und auf lange Sicht als ernstzunehmende Alternative aufzubauen - und diese eventuell gewinnbringend zu verkaufen -, hat Nagelsmann bisher also kaum erfüllt.
Daran war der 35-Jährige schon zum Teil in der vergangenen Saison gescheitert, als er Tanguy Nianzou vergeblich als Alternative zu Dayot Upamecano aufbauen wollte und dieser nach mangelnder Spielzeit im Sommer das Weite suchte. Auch Chris Richards oder Joshua Zirkzee fallen aus der jüngeren Vergangenheit in dieses Raster. Mit Arijon Ibrahimovic (16) soll schon das nächste vielversprechende FCB-Talent an einen Abschied denken.
FC Bayern: Transfers im Sommer 2022
Spieler | Ablösesumme (ohne Boni) | Abgebender Klub |
Matthijs de Ligt | 67 Millionen Euro | Juventus Turn |
Sadio Mané | 32 Millionen Euro | FC Liverpool |
Mathys Tel | 20 Millionen Euro | Stade Rennes |
Ryan Gravenberch | 18,5 Millionen Euro | Ajax Amsterdam |
Noussair Mazraoui | ablösefrei | Ajax Amsterdam |