Trainer Thomas Tuchel ist nach der Niederlage des FC Bayern München gegen RB Leipzig mit seinen Spielern hart ins Gericht gegangen. Besonders eine Szene regte ihn auf.
"Ich habe im Moment keine Erklärung, wie so etwas passieren kann", lautete Tuchels erste Bilanz am Sky-Mikrofon, nachdem seine Mannschaft eine 1:0-Halbzeitführung aus der Hand gegeben und am Ende mit 1:3 verloren hatte.
Auf erneute Nachfrage wurde Tuchel mit leicht gebrochener Stimme immer lauter: "Es kommt auf die Kleinigkeiten an", sagte er. Die viel zitierte Mentalität sei dabei nicht das Problem. Stattdessen hätte es an allen anderen Ecken gefehlt.
"Man muss mutig sein, wenn es darauf ankommt. Man muss auf Lücke sein beim 4-2-Aufbau. Wenn sich keiner mehr bewegt, wenn keiner mehr auf die Lücke geht, wenn keiner mehr mehr an den Ball will, dann schenkst du die Bälle weg, dann bist du unter Druck, dann läufst du hinterher. Wenn dann dein Feld 60 Meter groß ist, schaut es ganz okay aus. Was RB spielt, ist okay. Es hat komplett mit uns zu tun", erklärte Tuchel und ergänzte: "Wir haben dieses Spiel komplett verloren! Durch unser Verhalten, unsere Verantwortung macht es umso schlimmer. Wenn wir verlieren, will ich gegen eine bessere Mannschaft verlieren, gegen eine bessere Tagesform, aber ich will nicht verlieren, weil uns ein Spiel einfach durch die Hände gleitet. Weil niemand mehr in den Details das macht, was uns als Mannschaft stark macht. Es gibt keinen Grund dafür."
Thomas Tuchel macht erstes Gegentor wütend
Insbesondere das erste Gegentor zum 1:1, das Konrad Laimer erzielte, versetzte ihn in Rage. "Wir sind Drei gegen Eins nach einer Ecke. Du kannst keinen Trick machen bei 1:0. Du kannst nicht versuchen, einen Gegner zu überlupfen. Es geht ums Verhalten", sagte Tuchel lautstark und prangerte das Verhalten in dieser Szene gleich mehrfach mit derselben Wortwahl an. Kingsley Coman und Jamal Musiala hatten sich in der Szene für eine spielerische Lösung entschieden, anstatt den Ball zu klären, weshalb Laimer an den Ball kam und den Konter selbst einleitete.
Auf die Nachfrage, ob ein taktisches Foul die beste Lösung gewesen wäre, sagte er: "Natürlich. Du musst das machen, was nötig ist in dieser Situation. In der Situation ist nicht nötig, dass wir den Kopf einziehen beim Kopfball und der nächste versucht, die Situation spielerisch zu lösen. Das ist nicht nötig! Du musst dein Verhalten anpassen. Wenn du in New York über die Straßen gehst, gehst du anders, als wenn du hier in Bogenhausen über die Straßen gehst. Wenn du dann ohne zu gucken gehst, wirst du halt überfahren. Es ist die gleiche Straße, es ist der gleiche Vorgang. Anpassung, ist das, was nötig ist."
gettyThomas Tuchel schaut BVB-Spiel "bestimmt nicht" an
Die Chance auf den Meistertitel sei im Fernduell mit dem BVB nun "natürlich" gesunken, gestand Tuchel. "Was soll ich sagen. Es ist unsere Schuld, ist doch klar."
Auf der anschließenden Pressekonferenz ging Tuchel nochmal eindrucksvoll auf die Gründe für die Niederlage ein. Alle Aussagen im Wortlaut findet Ihr hier.
Die Partie von Borussia Dortmund beim FC Augsburg werde er sich jedoch "bestimmt nicht" anschauen. "Ich hätte es auch nicht angeschaut, wenn wir gewonnen hätten. Ich schau mir das hier nochmal an - im Shuffle."
Tuchel, der sein Amt Ende März von Julian Nagelsmann übernommen hatte, gab zudem zu, dass hinter dem Trainerwechsel "eine andere Idee" gesteckt habe. Der Coach und sein Team würden aber nicht vor der Verantwortung weglaufen.
In diese Kerbe schlug auch Thomas Müller. "Wir haben RB mit eigenen Fehlern aufgebaut. Aber wir müssen jetzt den Nackenschlag wegstecken." Zum Aufgeben sehe er keinen Grund: "Dortmund muss beide Spiele gewinnen, das will ich erst mal sehen." Er fühle, dass "da schon noch was geht".
Vorstandschef Oliver Kahn kritisierte die Bayern-Spieler ebenfalls. Die Aussagen findet Ihr hier.