Nach der Triple-Saison mit dem ersten Champions-League-Triumph nach zwölf Jahren unter Jupp Heynckes holte Pep Guardiola in seiner ersten Spielzeit in München vier Titel: den europäischen Supercup, die Klub-Weltmeisterschaft, die deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokal.
Eine insgesamt gelungene Saison liegt hinter dem FC Bayern. Aber da die Erwartungen an den Spanier horrend waren, und das Ausscheiden im Halbfinale in der Königsklasse gegen Real Madrid heftig ausfiel, heftet der Spielzeit auch ein kleiner Makel an.
Der erneute Gewinn der Champions League, das ist es, was von Guardiola während seiner Amtszeit erwartet wird. Dass die Münchner in ihrer Geschichte nach großen Turnieren in der Meisterschaft immer wieder Probleme hatten, sollte Warnung genug sein und wird von den Verantwortlichen auch oft genug betont.
Die Frage ist, wie die Spieler damit umgehen und wie schnell sich die Weltmeister und sonstigen WM-Fahrer ins Alltagsgeschäft Bundesliga hineinbeißen können.
Das ist neu:
Die Bayern haben einen recht sparsamen Transfersommer hinter sich - bis jetzt. Die Kaderplanung ist nach dem langfristigen Ausfall von Javi Martinez noch nicht abgeschlossen. Pep Guardiola hätte gern noch einen Ersatzmann. Es ist die Frage, ob der Markt noch einen Spieler hergibt, der das Anforderungsprofil erfüllt und für den keine übertriebene Ablösesumme gefordert wird.
Mit rund 53 Millionen Euro haben die Münchner bisher einen ungewöhnlich hohen Transferüberschuss erwirtschaftet. Toni Kroos wurde für 30 Millionen Euro an Real Madrid verkauft, Mario Mandzukic zum Madrider Stadtrivalen Atletico (22 Millionen Euro). Dazu verließen Diego Contento (Girondins Bordeaux, 1 Million Euro), Daniel van Buyten (Karriereende) und der dritte Torhüter Lukas Raeder (Vitoria Setubal) den Klub.
Im Tor wurde mit dem spanischen Nationaltorhüter Pepe Reina die wahrscheinlich beste Nummer zwei der Liga verpflichtet. Der 31-Jährige war zuletzt vom FC Liverpool an den SSC Neapel ausgeliehen und kam für vergleichsweise günstige drei Millionen Euro.
Der teuerste Neuzugang war ebenfalls ein Spanier. Der 21-jährige Juan Bernat kam vom FC Valencia und soll zukünftig auf der linken Seite (defensiv wie offensiv) spielen, weil David Alaba nach dem Abschied von Kroos auch als Mittelfeldspieler eingeplant ist. Dort dürften vor allem zu Beginn der Saison, da Martinez, Bastian Schweinsteiger und Thiago langfristig fehlen, die jungen Pierre-Emile Hojbjerg und Gianluca Gaudino mehr Einsatzzeit bekommen.
Dazu kamen mit Robert Lewandowski (Borussia Dortmund) und Sebastian Rode (Eintracht Frankfurt) noch zwei heiß begehrte Akteure ablösefrei. Vor allem mit Lewandowski haben sich die Bayern im Sturmzentrum noch mal ein Stück mehr Qualität verschafft.
Während es im Kader also relativ ruhig zuging, haben die Bayern im Hintergrund zwei Personalien mit Zugängen von Bayer Leverkusen besetzt. Michael Reschke übernahm den neu geschaffenen Posten des Technischen Direktors. Er unterstützt Sportvorstand Matthias Sammer in den Bereichen Lizenzspielerabteilung, Junior Team, Scouting sowie Transfers.
Außerdem kam mit Dr. Holger Broich ein neuer Leiter für die Bereiche Fitness und Gesundheit. Im Gegenzug wechselte Video-Analyst Lars Kornetka von München nach Leverkusen.
Die Taktik:
Was als kurzfristige Reaktion auf die Verletzungsprobleme am Ende der vergangenen Saison und zur Eindämmung Dortmunder Konter im Pokalfinale aussah, hat sich zum neuen System unter Guardiola entwickelt: die Dreierkette.
Guardiola hat schon zu Barca-Zeiten immer wieder auf einen Mann in der letzten Linie verzichtet und installiert diese Grundordnung jetzt auch beim FC Bayern. Allerdings ist ihm mit Martinez sein zentraler Mann mit einem Kreuzbandriss abhandengekommen.
Trotzdem wird Guardiola an seiner Ausrichtung festhalten, was nicht heißt, dass sich die Bayern komplett vom 4-3-3 oder 4-2-3-1 verabschiedet hätten. Guardiola ist immer auch dazu bereit, auf Gegebenheiten eines Spiels oder Eigenheiten des Gegners zu reagieren.
Aber er hat von seinem ersten Tag an betont, dass er ein Freund von Mittelfeldspielern ist. Im neuen System hat er mindestens einen Mann mehr im Mittelfeld. In der Vorbereitung standen teilweise acht gelernte Mittelfeldspieler auf dem Platz, weil Martinez und Alaba in der Dreierkette agierten.
Guardiola arbeitet im zweiten Jahr in München weiter daran, seine Idee von Fußball auf die Mannschaft zu übertragen. Kontrolle und Dominanz im Mittelfeld sind dabei ganz entscheidende Komponenten.
Wormuth im Interview: "Dreierkette die logische Konsequenz des Ballbesitzspiels"
Der Spieler im Fokus:
Mario Götze. In seinem ersten Jahr beim FC Bayern ist der 37-Millionen-Euro-Mann nie richtig aufgetaut. Götze kam verletzt in München an, zeigte im Laufe der Hinrunde meist in Kurzeinsätzen, zu was er imstande ist. In den wichtigen Spielen der Rückrunde fand er sich oft auf der Ersatzbank wieder oder verpasste die Spiele erneut wegen Verletzungen.
Bei der WM verlor Götze im Laufe des Turniers seinen Platz in der Startelf, schoss Deutschland dann aber zum vierten Titel. Seine außergewöhnlichen Qualitäten sind nach wie vor unbestritten, er muss seine PS aber allmählich konstant auf die Strecke bringen. Sport-Vorstand Matthias Sammer forderte von Götze, das "Stahlbad" Bayern München anzunehmen.
Die Konkurrenz in München ist auch ohne Toni Kroos enorm. Götze hat alle Fähigkeiten, sich beim Rekordmeister durchzusetzen und jetzt mit Robert Lewandowski einen Kollegen aus Dortmunder Zeiten an seiner Seite. Die Voraussetzungen stimmen, Götze hat alle Trümpfe in der Hand. Er muss sie nur noch ausspielen.
Mario Götzes Statistiken der Saison 2013/14
Das Interview:
SPOX: Mit Robert Lewandowski hat der FC Bayern einen Spieler verpflichtet, der zu den vier, fünf besten Stürmern der Welt zählt und bei vielen großen Klubs begehrt war. Was erwarten, was erhoffen Sie sich von ihm?
Karl-Heinz Rummenigge: Ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich sage: Robert ist der beste Mittelstürmer der Welt. Glücklicherweise haben wir ihn sogar gratis bekommen, weil er ablösefrei war. In den ersten Spielen, die er gemacht hat, hat er wunderbar eingeschlagen, er hat viele Tore gemacht. Es deutet sich schon ein Zusammenspiel mit Franck Ribery an. Das ist ein Spieler, der uns gut zu Gesicht steht und ich glaube, er wird viele Tore für den FC Bayern schießen.
SPOX-Interview: Rummenigge über den Spagat zwischen Expansion und Basis
Die Prognose:
Die einzige Chance für die Konkurrenz aus Dortmund, Schalke, Leverkusen und Wolfsburg im Kampf um den Titel liegt in den ersten zwei Monaten der Saison.
Mit Bastian Schweinsteiger, Thiago Alcantara und Javi Martinez werden einige Leistungsträger noch länger fehlen, zudem sind viele WM-Teilnehmer noch nicht im Saft.
Gelingt es beispielsweise dem BVB, sich bis Mitte/Ende Okotber ein Punktepolster auf die Bayern zu erarbeiteten, dürfte es einen spannenden Meisterkampf bis zum Schluss geben.
Alles andere als der 25. Meistertitel für die Bayern wäre aber dennoch eine Überraschung.
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