Edwin van der Sar hatte soeben den entscheidenden Elfmeter von Nicolas Anelka gehalten und der FC Chelsea damit das Champions-League-Finale mit 6:7 (1:1, 1:1) nach Elfmeterschießen gegen Manchester United verloren (Spielbericht).
Für Michael Ballack eine tragische Niederlage. Schon wieder hat der 31-Jährige ein Endspiel verloren. "Leider ist Michael Ballack sowohl in der Premier League als auch in der Champions League wieder nur Zweiter geworden", bemerkte Premiere-Experte Franz Beckenbauer.
Wieder nur Zweiter! Das Image des Final-Losers kann der deutsche Nationalmannschaftskapitän nicht ablegen.
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Parallelen zu 2002
Wie verkraftet Ballack den erneuten Tiefschlag? Bekommt er vielleicht einen Knacks vor der Europameisterschaft? Wie schon 2002 fährt Ballack als Verlierer zu einem großen Turnier.
Damals hatte er mit Leverkusen ebenfalls die Meisterschaft und Champions League knapp verloren. Dazu kam noch die Niederlage im DFB-Pokalfinale. Dennoch spielte er eine gute WM in Japan und Südkorea. Allerdings mit einem Makel: Im Finale war er gelbgesperrt und konnte nur von der Bank aus zuschauen.
Jetzt das Deja-vu in der russischen Hauptstadt. "Die Niederlage ist ganz bitter für Michael Ballack, der seine Arbeit gut gemacht hat", erklärte Premiere-Experte Stefan Effenberg.
Lob von Bierhoff
Ballack zeigte eine starke Leistung, war präsent auf dem Platz und kurbelte das Spiel der Blues an. Der "Mirror" kürte Ballack sogar zum besten Spieler der Blues.
Auch Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff lobte: "Michael Ballack hat ein super Spiel gezeigt und bewiesen, dass er zu Recht als einer der Topspieler eingestuft wird." Genauso sah es Bundestrainer Joachim Löw: "Es war ein packendes Finale, in dem Michael Ballack eine starke Leistung geboten hat"
Hier die besten Bilder vom Finale in Moskau!
Zudem übernahm Ballack Verantwortung und verwandelte den ersten Strafstoß im Elfmeterschießen ganz sicher. Den Rest hatte der Nationalmannschaftskapitän nicht selbst in der Hand.
Vor dem vermeindlich entscheidenden Elfmeter von John Terry: kurz ein Lächeln im Gesicht. Das erfror, als der Chelsea-Kapitän wegrutschte und an den rechten Außenpfosten schoss. Das dramatische dabei: Terry sollte gar nicht schießen. "Doch nach Drogbas Roten Karte musste er", erklärte Co-Trainer Henk ten Cate.
Keine Zeit zum Trauern
Vorwürfe an den Skipper gab es hinterher nicht. "Er ist Mr. Chelsea. Niemand im Verein wird ihn dafür kritisieren", sagte Frank Lampard, der für Chelsea den 1:1-Ausgleich (45., das Tor im SPOX-Replay) erzielt hatte. Nach Anelkas Strafstoß endete der große Traum vom internationalen Titel tragisch.
Viel Zeit zum Trauern bleibt Ballack nicht. Die Nationalmannschaft braucht ihn für die "Bergtour" 2008. "Er wird schon zwei, drei Tage daran zu knabbern haben, die Enttäuschung ist natürlich groß. Aber jetzt gibt es ein neues Ziel für ihn", sagte Löw.
Effenberg forderte vom Kapitän eine Reaktion: "Jetzt gilt es aufzustehen, Farbe zu bekennen und es im nächsten Jahr noch einmal zu probieren. Ich hoffe für Michael, dass er diese Niederlage schnell verarbeitet und ihn seine Nationalmannschaftskameraden schnell aufbauen. Wir brauchen ihn in perfekter mentaler Verfassung bei der EM", sagte Effenberg.
Etwas pessimistischer war Beckenbauer: "Es wird eine Zeit dauern, bis er diese Niederlage verkraftet. Aber es bleibt ihm jetzt noch die EM."
Trost von Hargreaves
In Österreich und der Schweiz hat Ballack die nächste Chance auch gegen sein Loser-Image zu kämpfen. "Da wird er den EM-Pokal hochhalten", war sich DFB-Sportdirektor Matthias Sammer nach der Partie in Moskau sicher. Allerdings müssen zunächst Ballacks Tränen trocknen.
"Für Michael Ballack tut es mir sehr leid", tröstete Manchesters Owen Hargreaves seinen ehemaligen Bayern-Kollegen. Die Trauer hielt sich bei Hargreaves aber in Grenzen: "Es war wirklich ein tolles Spiel. Einfach Wahnsinn!"
Elf Tage nach dem Gewinn der englischen Meisterschaft machten die Red Devils das Double perfekt und holten den dritten Königsklassen-Titel in der Vereinsgeschichte. "Es ist der glücklichste Tag in meinem Leben", freute sich Cristiano Ronaldo, der ManUtd. mit 1:0 (27., das Tor im SPOX-Replay) in Führung gebracht hatte.
Allerdings verschoss der 23-jährige Portugiese im Elfmeterschießen als einziger Spieler seines Teams. "Danach dachte ich, dass alles vorbei ist", meinte Ronaldo. Diesen Fehlschuss bügelte jedoch van der Sar aus.
"Schicksal nahm seinen Lauf"
"Es ist absolut unglaublich. Das war kein Zufall. Beim Finale zählt Erfahrung und Geduld", lobte Trainer Sir Alex Ferguson den niederländischen Keeper, der bereits 1995 mit Ajax Amsterdam den wichtigsten europäischen Titel gewonnen hatte.
"Ich bin sehr, sehr stolz", sagte Ferguson und dachte an die Busby-Babes, die bei der Flugzeugkatastrophe in München vor 50 Jahren ums Leben gekommen waren: "Ich habe schon vor dem Spiel an sie erinnert. Und das Schicksal hat seinen Lauf genommen."
Damit stehen mittlerweile 39 Titel auf dem Konto des Schotten. Seine Gier nach mehr ist aber längst nicht gestillt: "Ab Donnerstag mache ich mir über die nächste Saison Gedanken. Die Euphorie ist schnell vorbei. Wir wollen den Titel verteidigen!"