Der ersehnte Qualitätssprung

Von Stefan Rommel
Inter, Werder
© Getty

Der verdiente Punktgewinn von Werder Bremen beim großen Favoriten Inter Mailand bringt die Hanseaten in der Champions-League-Gruppe B wieder zurück ins Rennen.

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Vor zwei Wochen, nach dem ernüchternden 0:0 zu Hause gegen Famagusta, stand Werder Bremens Sportdirektor Thomas Allofs noch grimmig vor den Journalisten und geißelte die unterschwellig zur Schau getragene Überheblichkeit seiner Mannschaft gegen den Fußball-Zwerg aus Zypern.

Inter verzockt sich

Dem in jeder Hinsicht mageren Auftakt folgte am Mittwoch ausgerechnet beim stärksten Gruppengegner Inter ein erster wichtiger Schritt raus aus dem Dilemma.

Bremen zeigte sich deutlich verbessert, profitierte in seiner Rolle als Außenseiter dieses Mal aber auch selbst vom lethargischen Auftritt des Gegners - die Italiener standen sich mit ihrer teilweise aufreizend lässigen Art am Ende selbst im Weg.

"Natürlich könnte man sagen, dass hier mehr drin war, aber wir müssen das so stehen lassen. Für das Achtelfinale werden wir uns auf jeden Fall qualifizieren", ist sich Inter-Coach Jose Mourinho trotz der blutleeren Vorstellung seiner Mannschaft sicher.

Werder zunächst zu zaghaft

In der ersten halben Stunde beherrschte Inter die Gäste aus Deutschland förmlich nach Belieben. Die Mailänder wirkten körperlich robuster und gedanklich schneller. Ihr taktisches Konzept gewährte den Bremern zwar erstaunlich viel Ballbesitz, Torgefahr aber nicht.

Zu oft reagierte Werder nur, biss sich mit seinem übertriebenen Spiel durch die Mitte immer wieder an der italienischen Viererkette fest.

"Nach den ersten 25 Minuten der Partie habe ich gedacht, das kann noch besser werden. Wir waren zu zaghaft und hatten zu viele Ballverluste", gestand auch Trainer Thomas Schaaf.

Diesmal kein Deja-vu

Vieles deutete auf ein Werder-Auswärtsspiel hin, wie es zuletzt schon so viele in der Königsklasse gegeben hatte. Eine Unkonzentriertheit hatte Schaafs Defensivplan schon nach 13 Minuten über den Haufen geworfen, Maicon die Einladung von Kapitän Frank Baumann dankend angenommen.

Das Werder Bremen der letzten Jahre wäre wohl wieder in blinden Aktionismus verfallen, hätte zu früh aufgemacht, vielleicht auch die Marschroute geändert. Schaaf und sein Team blieben aber ruhig.

Ebenso stoisch wie auch Inter spulte Werder sein Pensum ab - mit der Gewissheit, im Laufe der Partie noch zu Chancen zu kommen. Doch während sich die Italiener in ihrer Schein-Überlegenheit der zweiten Halbzeit gefielen, legten die Gäste ihren viel zu großen Respekt endgültig ab und schraubten listig immer wieder einen Gang höher.

"Zwei Punkte verschenkt"

Spätestens nach Claudio Pizarros Treffer (62.) hatte Werder die Partie dann im Griff. Und wollte plötzlich sogar mehr. "Man kann auch sagen, dass wir heute zwei Punkte verschenkt haben", meinte Kapitän Baumann.

Da aber auch Inter in der Schlussphase aufwachte und noch zwei, drei gute Möglichkeiten hatte, geht die Punkteteilung wohl in Ordnung. "Man kann nicht ernsthaft unglücklich sein mit diesem Unentschieden. Wir können nach diesem Spielverlauf sehr gut mit dem Punkt hier leben", befand Allofs.

Endlich der Qualitätssprung

Für die Bremer bleibt neben dem einen Punkt, der am Ende Gold wert sein könnte, vor allem eine wichtige Erkenntnis: Der erste Teilerfolg gegen einen der so genannten Großen im fremden Stadion seit vier Jahren - nach dem 2:0-Sieg beim FC Valencia 2004 setzte es nur noch Niederlagen - zeigte ein reiferes Bremen.

Ein Bremen, das aus seinen Fehlern der Vergangenheit offenbar gelernt hat und nun wie die Großen selbst auch geduldig auf seine Chance warten kann, um diese dann auch zu nutzen. Für dieses eine Spiel darf man getrost den lange geforderten Qualitätssprung der Bremer konstatieren.

Jetzt den Grundstein legen

Die Tür zum Achtelfinale ist wieder einen Spalt weit geöffnet. Hindurchgehen muss die Mannschaft aber erst noch in den folgenden Spielen. "Der Schlüssel zum Weiterkommen liegt in den nächsten beiden Spielen gegen Athen. Da können wir den Grundstein legen, um in den letzten beiden Begegnungen alles klar zu machen", sagte Allofs.

Heißt im Klartext: Mindestens vier Punkte müssen her gegen den Tabellenletzten, um dann im vermeintlich vorentscheidenden Spiel bei Anorthosis Famagusta den Sack zuzumachen. Dafür fordert Trainer Schaaf aber noch eine Steigerung, vor allem im Offensivbereich. "Da müssen wir uns noch steigern, denn nur mit Unentschieden kommen wir nicht weiter."

So durften die Bremer Verantwortlichen samt Mannschaft aber mit einem guten Gefühl in den Flieger zurück in den Norden steigen. Und mit der Gewissheit, dass sie nicht alleine sind mit ihren Problemen.

"Wenn man sich hier umsieht, dann ist es für Inter wohl ein ähnliches Gefühl wie für uns nach dem Famagusta-Spiel", erkannte Allofs durchaus Parallelen. Diesmal durfte er aber dazu ein verschmitztes Lächeln aufsetzen.

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