Was tun, Franck Ribery?

Daniel Börlein
20. April 201017:12
Franck Ribery erzielte in dieser Saison bislang vier Liga-Tore für die BayernGetty
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Franck Ribery ist derzeit das wohl heißeste Objekt auf dem Transfermarkt. Wechselt der Franzose nach dieser Saison oder bleibt er beim FC Bayern? Während der 27-Jährige eine möglichst rasche Entscheidung will, spielen die Bayern auf Zeit. Fest steht: Die Entscheidung fällt zwischen den Bayern, Real Madrid, dem FC Barcelona und dem FC Chelsea. Doch was spricht für wen?

Derzeit beherrschen Gerüchte um Franck Riberys Privatleben die Schlagzeilen. Die Entscheidung um die sportliche Zukunft des Franzosen ist dadurch völlig in den Hintergrund geraten. Dabei will der 27-Jährige möglichst schnell Klarheit. In der vergangenen Woche kündigte Ribery an, "in den nächsten sieben bis zehn Tagen" eine Entscheidung zu treffen.

Der FC Bayern hingegen spielt auf Zeit. "Wir lassen uns da keine Frist aufdrängen", sagte Präsident Uli Hoeneß der "tz". Sportdirektor Christian Nerlinger ergänzte in der "Süddeutschen Zeitung": "Wann es zu Gesprächen über den Vertrag kommt, wissen wir noch nicht."

Real gilt als Favorit

Klar ist: Der Rekordmeister ist Riberys erster Ansprechpartner. Fest steht allerdings auch, dass die ganz großen europäischen Klubs den Bayern-Star verpflichten wollen. Real Madrid gilt dabei als Favorit. "Es ist nicht gesagt, dass ich zu Real gehe. Auch der FC Barcelona und der FC Chelsea sind interessiert", sagt Ribery dazu, ergänzt aber: "Eigentlich kommt nur ein Wechsel nach Spanien in Frage."

Real, Barca, Chelsea oder doch der FC Bayern - wer macht das Rennen um Ribery. Leisten kann sich den französischen Nationalspieler jeder aus diesem Quartett, folglich werden andere Faktoren den Ausschlag geben. SPOX checkt alle vier Klubs.

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FC Bayern München

Mannschaft: Bis zur Robben-Verpflichtung war Ribery der unumstrittene Star des Teams, ohne allerdings die Bindung zu den Mitspielern zu verlieren. Die Mannschaft schätzt das sehr. Auch seine offene und lustige Art kommt bei den Kollegen gut an. Mit van Buyten pflegt der Franzose auch privat einen engen, freundschaftlichen Kontakt. Die Meinung des Belgiers ist ihm wichtig. Aber: Von Klose ("Wir machen die Drecksarbeit") gab es schon kritische Töne. Seit Robben die Aufmerksamkeit auf sich zieht, wirkt der 27-Jährige zudem latent unzufrieden. Und: Schon im letzten Jahr reagierte der eine oder andere Bayern-Spieler ob des Wechseltheaters genervt.

Trainer: Das Verhältnis zu Louis van Gaal ist professionell, aber durchaus angespannt. Ribery gab bereits zu, dass es vor allem in der Vorrunde Probleme zwischen beiden gab. Der Niederländer will Ribery nach Verletzungen vorsichtig heranführen, Ribery dagegen möglichst viel spielen. Van Gaal verlangt taktische Disziplin, Ribery wünscht sich möglichst viele Freiheiten. Freunde werden beide wohl nicht mehr, obwohl van Gaal seinen Star entgegen seiner Gewohnheiten zuletzt auch öffentlich lobte.

System: Nach ein paar Experimenten zu Saisonbeginn, hat der FC Bayern sein System gefunden. Im 4-4-2 darf Ribery auf seiner Lieblingsposition im linken offensiven Mittelfeld ran. Dass die Variante mit Robben als Pendant auf rechts zwar riskant ist, aber auch international erfolgreich sein kann, zeigen die Münchner momentan. Durchaus vorstellbar, dass van Gaal im kommenden Jahr mit der Option Toni Kroos auch ab und an auf ein 4-3-3 setzt. Kein Problem, Ribery würde dann vom linken Mittelfeld auf Linksaußen rücken.

Umfeld: Riberys Vertrag in München läuft noch bis 2011. Bleibt der Franzose, verlängert seinen Kontrakt aber nicht, wäre er in einem Jahr ablösefrei, was erhebliche finanzielle Einbußen für die Bayern bedeuten würde. Dennoch wollen ihn die Verantwortlichen unbedingt halten. In der Anhängerschaft sieht das schon etwas anders aus. Nach dem Theater im Sommer und bislang eher durchwachsenen Leistungen stehen nicht mehr alle Fans vorbehaltlos hinter Ribery. Zumal mit Robben ein neuer Liebling gefunden scheint.

Perspektiven: Das Ziel des Franzosen ist es, jedes Jahr um den Champions-League-Sieg zu spielen. Aktuell beweisen die Bayern, dass das durchaus möglich ist. Und: Noch scheint diese Mannschaft nicht am Limit. Beim Rekordmeister ist man nach den jüngsten Erfolgen zudem bereit, auch in den kommenden Jahren in Qualität zu investieren. Aber: In Zidanes Fußstapfen kann Ribery nur bei einem internationalen Weltklub treten - glauben zumindest die Franzosen.

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Real Madrid

Mannschaft: Die Königlichen gelten als Favorit, falls Ribery die Bayern verlässt. Anders als in München wäre er dort allerdings nur einer von vielen Stars. Noch immer dreht sich in Madrid alles um Cristiano Ronaldo, daran wird ein Ribery nichts ändern. Auch den Kultstatus der Real-Urgesteine Raul, Casillas oder Sergio Ramos wird der Franzose nie erreichen. Ohnehin betonen Casillas und Co. immer wieder, gerne mehr Spanier im Team haben zu wollen. Dennoch lief die Integration der neuen Stars ins Mannschaftsgefüge in den vergangenen Jahren meist problemlos. Und: Mit Kumpel Benzema und Lass Diarra gibt's zwei Spieler, die Ribery aus der Nationalmannschaft bestens kennt.

Trainer: Nach dem Champions-League-Aus scheint die Zukunft von Coach Manuel Pellegrini offen. Die Real-Verantwortlichen betonen zwar stets, auch künftig mit dem Chilenen arbeiten zu wollen, doch wird in den Medien bereits offen über mögliche Nachfolger (Mourinho, Benitez, Scolari, Capello) diskutiert. Die Mannschaft akzeptiert Pellegrini dagegen, weil er viel, offen und direkt mit den Spielern kommuniziert, gleichzeitig aber auch uneitel genug ist, eigene Fehler einzugestehen (siehe van der Vaart). Ein Transfer Riberys ist allerdings weniger der ausdrückliche Wunsch des 56-Jährigen, sondern vielmehr der Plan der Real-Mächtigen um Boss Florentino Perez und Klub-Berater Zinedine Zidane.

System: Real präsentierte in dieser Spielzeit bislang viele Varianten. Ob 4-2-3-1, 4-4-2 oder wie zuletzt ein 4-3-1-2, Pellegrini hat mehrere Optionen, aus denen er wählen kann. Fest steht: Ronaldo ist im Sturmzentrum gesetzt. Da Higuain (25 Tore) prächtig mit dem Portugiesen harmoniert, führt aktuell - und wohl auch in der kommenden Saison - kein Weg am System mit zwei Stürmern vorbei. Bleiben vier Plätze im Mittelfeld. Heißt für Ribery: Konkurrenzkampf, vor allem mit Kaka und van der Vaart. Zumindest im 4-4-2 mit offensiven Außen dürfte Ribery dabei die Nase vorn haben. Im derzeit praktizierten 4-3-1-2 sieht das allerdings schon anders aus.

Umfeld: Real investierte vor dieser Saison mächtig in die Mannschaft - und droht dennoch ohne Titel dazustehen. Ein herber Rückschlag für Perez, kein Grund allerdings für Reals Boss, von dieser Strategie abzuweichen. Sportdirektor Jorge Valdano erklärte jedoch bereits, bevorzugt spanische Spieler verpflichten zu wollen. Ribery soll dennoch kommen - und wäre damit für Fans und Medien der neue Hoffnungsträger. Wie schnell ein Hoffnungsträger in Madrid allerdings zum Buhmann werden kann, zeigt das Beispiel Kaka. Der Brasilianer genießt bei vielen Anhängern mittlerweile nur noch wenig Wertschätzung und bezieht von der Presse regelmäßig Prügel.

Perspektiven: Falls die Saison tatsächlich ohne Titel endet, gilt sie offiziell als verpatzt. Tatsache allerdings ist, dass zwei schwache Auftritte in Pokal und Champions League direkt das Aus bedeuteten. In der Liga zeigt Real hingegen wieviel Potenzial im Team steckt, liegt man doch nur einen Zähler hinter Barca, der aktuell besten Mannschaft der Welt. Wird an den richtigen Stellen (Innenverteidigung, linkes und rechtes Mittelfeld) gezielt nachgebessert, winkt eine vielversprechende Zukunft. Und am Geld für Neuzugänge wird es bei den Königlichen gewiss nicht scheitern. Besonders reizvoll für Ribery: Nach Jahren der Erfolglosigkeit könnte er derjenige sein, der das große Real zu Titeln führt. Selbst Superstar Ronaldo schaffte das in seinem ersten Jahr nicht.

Barcelona und Chelsea im Check

SPOX FC Barcelona

Mannschaft: Bei den Bayern steht Ribery im Schatten von Robben. Zumindest im Moment. Bei Barca wird der Franzose im Schatten von Lionel Messi stehen. Und das für alle Zeit. Die Qualität des Argentiniers wird Ribery bei aller Wertschätzung wohl nie erreichen. Und: Mit Ibrahimovic, Iniesta, Xavi oder Henry haben die Katalanen so viele Superstars wie kein anderer Klub der Welt im Kader. Ribery muss sich darauf einstellen: Bei Barca wäre er kein Highlight, sondern nur einer von vielen. Trotz aller Stars stimmt die Chemie innerhalb der Mannschaft. Gut: Wie bei Real stehen bei Barca mit Abidal und Henry derzeit zwei Franzosen im Kader, die Ribery die Eingewöhnung erleichtern könnten.

Trainer: Pep Guardiola ist derzeit der erfolgreichste Trainer der Welt. Sechs Titel in der ersten Saison als Coach suchen seinesgleichen. Weder die Bodenhaftung noch den Draht zur Mannschaft hat er allerdings dadurch verloren. Im Gegenteil: Der 39-Jährige pflegt einen sehr engen Kontakt zu seinen Spielern, kommuniziert sehr viel, unterscheidet aber nicht zwischen Nachwuchstalent und Superstars. Auch deshalb rotiert Guardiola vor allem in Ligaspielen gerne. Gerade im Offensivbereich hat der Barca-Coach viele Akteure zur Verfügung, denen er regelmäßige Spielzeiten verschafft. Auch Ribery müsste sich damit abfinden, immer wieder mal auf der Bank zu sitzen.

System: Das 4-3-3 ist bei Barca Gesetz, kein Weg führt daran vorbei. Guardiola hat für alle Positionen mehrere Optionen im Kader, jeder weiß, welche Aufgabe er zu erledigen hat, die Automatismen greifen perfekt ineinander. Daran muss sich Ribery erst gewöhnen. Landsmann Henry beispielsweise brauchte ein Jahr Anlaufzeit, um den Ansprüchen des Barca-Systems zu genügen. Und: Henry wäre im 4-3-3 einer der großen Konkurrenten Riberys auf Linksaußen. Hinzu kommen Krkic, Pedro und Iniesta. Beim keinem anderen Klub wäre die Konkurrenz für Ribery größer. Sein Problem: Fürs Mittelfeld kommt er nicht in Frage, weil Guardiola dort passsichere Akteure bevorzugt, die den Ball mit wenigen Kontakten zirkulieren lassen und zudem defensive Aufgabe erfüllen.

Umfeld: Die Bayern würden Ribery gerne halten, Real würde ihn mit offenen Armen empfangen, in Barcelona dagegen wird eine Ribery-Verpflichtung nicht als Muss gesehen. Vielmehr wird man den Eindruck nicht los, dass die Katalanen Ribery in erster Linie haben wollen, damit ihn Erzrivale Real nicht bekommt. Guardiola äußerte sich öffentlich zwar positiv über den Bayern-Star, zuletzt berichtete die spanische Tageszeitung "Sport" allerdings, dass Barca Ribery nicht um jeden Preis haben will. Ein Plus in einem möglichen Poker: Barca-Präsident Joan Laporta ist ein guter Freund von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge.

Perspektiven: In der letzten Saison holten die Katalanen sechs Titel, besser geht's nicht. Satt scheint diese Mannschaft dennoch nicht zu sein. Auch in dieser Saison sind Meisterschaft und der Triumph in der Champions League in Reichweite. Ein Geheimnis des Erfolgs: Guardiola vertraute seinem Team nach den Erfolgen des letzten Jahres, setzte aber mit dem Verkauf von Samuel Eto'o und der Verpflichtung von Ibrahimovic einen neuen Reizpunkt. Auch nach dieser Spielzeit ist kein großer Umbruch zu erwarten, es wird nur punktuell nachgebessert. Der entscheidende neue Impulsgeber könnte dann Ribery heißen. Was zudem lockt: Wer in der besten Mannschaft der Welt glänzt, ist auch einer der besten Spieler der Welt.

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FC Chelsea

Mannschaft: In den vergangenen Jahren investierte Klub-Boss Abramowitsch mächtig in die Mannschaft. Vor der laufenden Spielzeit drehte der Russe den Geldhahn allerdings etwas zu, auf die ganz großen Stars wurde verzichtet. Davon hat Chelsea ohnehin schon jede Menge. Für neue Spieler war es in den letzten Jahren deshalb nicht immer leicht, bei den Blues Fuß zu fassen. Mit Terry und Lampard stehen zwei Akteure an der Spitze der Teamhierarchie, die es anderen starken Charakteren nicht immer leicht machen. Auch Michael Ballack tat sich lange schwer, seinen Platz zu finden. Andrej Schewtschenko scheiterte komplett. Andererseits: Mit seinen Landsleuten Anelka und Malouda sowie den französisch sprechenden Drogba und Kalou hätte Ribery sofort gleich mehrere direkte Bezugspersonen.

Trainer: Carlo Ancelotti ist bei den Blues ohne Probleme in die Fußstapfen von Guus Hiddink getreten, zumindest in Sachen Mannschaftsführung. Der Italiener kann wie sein Vorgänger sehr gut mit der großen Ansammlung an Stars. Ancelotti hat immer ein offenes Ohr für die Probleme seiner Spieler, stellt sein eigenes Ego hinten an und wird deshalb von den Spielern geschätzt. Im Umgang mit der Mannschaft gilt der 50-Jährige als gutmütig aber konsequent. Heißt für Neuzugänge: In der Anfangszeit bekommen sie von Ancelotti eine gewisse Schonfrist und volle Rückendeckung. Dafür erwartet der Ex-Milan-Coach allerdings auch Hingabe und Leistung. Bleibt die aus, greift Ancelotti durch.

System: Bei Milan war Ancelottis Lieblingssystem ein 4-3-2-1, in dem Kaka in der Offensive mit allen Freiheiten ausgestattet wurde. Bei den Blues hingegen setzt er meist auf ein 4-4-2 oder ein 4-2-3-1. Fest steht: Ancelotti ist kein ausgesprochener Verfechter des Flügelspiels, weder in Mailand noch jetzt bei Chelsea. Sehr wohl aber ist Ancelotti bereit, sein System nach herausragenden Akteuren zu richten. Ribery wäre ein solcher. Mit dem Franzosen würde sich der Fokus mehr aufs Spiel über die Außen richten. Allerdings: Die Blues müssten dann wohl erst einen passenden Gegenpart zu Ribery für die rechte Seite verpflichten. Kalou und Cole genügen nicht (mehr) höchsten Ansprüchen, Anelka spielt lieber im Zentrum.

Umfeld: In den vergangenen Jahren waren die Blues mehrmals nahe dran am großen Triumph in der Champions League, in dieser Saison war allerdings schon im Achtelfinale Schluss. Der Druck auf Chelsea nimmt deshalb zu, sowohl durch die Medien als auch durch Boss Abramowitsch. Gerade von Neuzugängen wird künftig noch mehr erwartet. Einer davon soll Ribery sein. Das Interesse der Blues ist hinterlegt, wirklich intensiv bemüht haben sich die Londoner bislang jedoch nicht.

Perspektiven: Die aktuelle Mannschaft scheint über ihren Zenit zu sein, den Blues steht zur kommenden Saison ein Umbruch bevor. Abramowitsch will dafür noch einmal groß auf dem Transfermarkt zuschlagen. Ribery könnte dabei ein zentraler Baustein sein und um ihn eine neue Mannschaft aufgebaut werden. Über allem steht bei Chelsea allerdings immer die Frage: Wie lange hat Abramowitsch noch Lust? Steigt der Milliardär aus, stünde der Klub vor einem Scherbenhaufen. Und, wichtig für Ribery: Den Glanz und die Bedeutung von Real oder Barca wird Chelsea in der Fußball-Welt nie erreichen.

Franck Ribery im Steckbrief