Eli Guttman leitet seit 2007 als Trainer die Geschicke von Hapoel Tel Aviv. Bei SPOX spricht der "Deutsche" über das bevorstehende Duell gegen den FC Schalke 04 (20.30 Uhr im LIVE-TICKER), einen künftigen israelischen Star und erklärt, was von Lothar Matthäus' Arbeit übriggeblieben ist.
SPOX: Herr Guttman, Sie werden von Fans und Medien respektvoll der "Deutsche" genannt. Was hat es damit auf sich?
Eli Guttman: Meine Eltern sind Deutsche, und ich spreche die Sprache auch sehr gut. Außerdem habe ich sehr viele deutsche Eigenschaften, jedenfalls sagen das die Leute, die mit mir arbeiten.
SPOX: In der letzten Saison Maccabi Haifa, jetzt Hapoel Tel Aviv. Maccabi Tel Aviv war 2004/05 dabei. Ihre Mannschaft gewann letztes Jahr die Europa-League-Gruppe mit dem Hamburger SV, Celtic Glasgow und Rapid Wien. Wird der israelische Fußball unterschätzt?
Guttman: Unterschätzt nicht. Aber für die Rahmenbedingungen erreichen wir auf internationaler Ebene in den letzten Jahren immer wieder Achtungserfolge. Dazu gehört auch unser Auftreten in der Europa League im letzten Jahr und unser Sieg gegen Red Bull und der damit verbundene Einzug in der Gruppenphase der Champions League. Ich erwarte, dass der israelische Fußball in den nächsten Jahren den nächsten Entwicklungsschritt vollzieht.
SPOX: Was bleibt dem israelischen Fußball von diesen Teilnahmen an der Champions League außer der Erfahrung, gegen die besten Teams zu spielen?
Guttman: Jede Teilnahme bringt uns auf ein höheres Level, gibt uns die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen. Wir spielen nicht nur gegen die besten Teams, sondern wir sind eine derjenigen Mannschaften, die eben die besten Teams Europas sind.
SPOX: Ihr Torhüter Vincent Enyeama hat für Nigeria bei der WM in Südafrika sehr gute Spiele gemacht. Gab es danach Angebote anderer Vereine für ihn und wie haben Sie ihn zum Bleiben in Tel Aviv überredet?
Guttman: Vincent ist ein toller Spieler, und ich habe mich über seine Auftritte in Südafrika sehr gefreut. Ich glaube, dass Vincent auch in Europa bei einer Spitzenmannschaft spielen könnte, aber aktuell stellt sich die Frage nach einem Wechsel nicht. Wir sind sehr glücklich, dass Vincent für uns spielt und ich hoffe, dass ich noch lange auf ihn bauen kann.
SPOX: Warum schießt Enyeama bei Hapoel die Elfmeter?
Guttman: Er ist ein sehr sicherer Elfmeterschütze und hat sich mal angeboten, die Elfmeter zu schießen. Es hat gut geklappt und wir haben es dabei belassen. Es kommt immer mal wieder vor, dass die Torhüter die Elfmeter schießen, von daher halte ich das nicht für ungewöhnlich.
SPOX: Der zweite Star bei Hapoel ist Itay Shechter. Ist Shechter der nächste israelische Export in eine Topliga Europas?
Guttman: Er hätte auf jeden Fall das Zeug dazu. Er ist ein erstklassiger Stürmer und er hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich entwickelt.
SPOX: Beim Spiel in Salzburg hat sich Shechter nach seinem Tor zum 3:1 eine rote Kippa aufgesetzt und gebetet. Der Schiedsrichter zeigte ihm daraufhin die Gelbe Karte. Können Sie diese Maßnahme verstehen?
Guttman: Nicht wirklich. Er hat sich über sein Tor gefreut und sich dafür auf seine religiöse Art bedankt. Christen und Moslems feiern ihre Tore manchmal auch mit religiösem Kontext und es ist ok.
SPOX: Hapoel liegt in der Liga nach fünf Spieltagen nur auf dem 7. Platz. Wo liegen die Gründe für den eher schwachen Start?
Guttman: Wir haben zum Start ein paar Punkte liegen lassen. Das kann vorkommen, aber wir müssen uns in der Liga auf unsere Aufgabe konzentrieren, und in den letzten Wochen konnte ich auch eine Verbesserung erkennen. Die Gründe sind schwer zu sagen, manchmal reicht eine Aktion in einem Spiel aus, damit ein Spiel eben verloren geht. Insgesamt sind wir aber in unserer Liga auf einem guten Weg.
SPOX: Die israelische Nationalmannschaft war in den letzten Jahren oft nahe dran, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren. Was fehlt noch, damit Israel mal an einer Welt- oder Europameisterschaft teilnimmt?
Guttman: Ich beobachte die israelische Nationalmannschaft natürlich und es würde mich freuen, wenn sie sich für die nächsten Turniere qualifizieren könnte.
SPOX: Spieler wie Tal Ben Haim und Yossi Benayoun verdienen ihr Geld bei englischen Topklubs. Inwieweit profitiert der israelische Fußball von diesen "Botschaftern"?
Guttman: Der israelische Fußball profitiert durchaus davon, denn die Medien berichten öfter über Israel, es entsteht Interesse für die vorherigen Clubs der Spieler und die israelische Liga. Das ist schön, aber wichtiger ist, dass wir in Israel weiterhin Talente wie beispielsweise Yossi hervorbringen und dass wir uns für die Champions League oder die Europa League qualifizieren.
SPOX: Maor Buzaglo gilt als größtes Talent des israelischen Fußballs. Jürgen Klinsmann interessierte sich in seiner Zeit als Bayern-Trainer für ihn. Buzaglo spielte schon in den Jugendmannschaften von Juventus Turin und Olympique Lyon. Welche Qualitäten hat Buzaglo und trauen Sie ihm den großen Sprung zu?
Guttman: Maor hatte in seiner Jugendzeit einiges Aufsehen auf sich gezogen, als er in den Juniorennationalmannschaften viele Tore geschossen hat. Leider hat ihn eine schwere Verletzung in seiner Karriere zurückgeworfen. Er muss jetzt hart an sich arbeiten, dann traue ich ihm in ein, zwei Jahren den nächsten Schritt zu.
SPOX: Schalke 04 ist trotz Einkäufen wie Raul oder Huntelaar nur 16. in der Bundesliga. Wie schätzen Sie den Gegner ein?
Guttman: Schalke hat vor der Saison einen großen Umbruch vorgenommen und viele Spieler ausgewechselt. Von daher waren Probleme zu erwarten, dass sie so groß sein werden, natürlich nicht. Aber ich weiß, dass die Liga und die Champions-League zwei verschiedene Dinge sind, und außerdem hat sich Schalke auch in den letzten Wochen spielerisch enorm verbessert.
SPOX: Die große Stärke Ihrer Mannschaft ist das Konterspiel. Beim 0:2 in Lissabon hielt Hapoel sehr gut mit. Ist Ihnen das Auswärtsspiel auf Schalke sogar lieber als das Heimspiel?
Guttman: Wir müssen versuchen, mit unseren gefährlichen Stürmern eine Lücke in der Abwehr der Schalker zu finden. Für die Mannschaft wäre die Unterstützung der eigenen Fans natürlich gut, denn die Fans treiben uns immer nach vorne und helfen uns.
SPOX: Lothar Matthäus war ein Jahr lang Trainer von Maccabi Netanya. Er wurde bei seiner Ankunft begeistert empfangen. Was ist von seiner Arbeit geblieben? Hat Matthäus den israelischen Vereinsfußball ein Stück nach vorne gebracht?
Guttman: Ich respektiere die Leistung von Lothar Matthäus, er hat gute Arbeit geliefert und war beliebt. Aber er hätte länger bleiben müssen, um etwas bewirken zu können.
Der Spielplan der Gruppe B im Überblick