Die Vergleiche kamen früh. Kein Wunder, wenn man mit algerischen Wurzeln in Marseille zur Welt kommt. Und zudem noch ein technisch hochwertiges Geschick mitbringt, mit einem Fußball umzugehen.
Samir Nasri, immer noch "erst" 23 Jahre jung, galt von Kindesbeinen an als herausragendes Talent. Wie Zinedine Zidane eben auch. Da kann man dann die Uhr danach stellen, bis beide Spieler erstmals miteinander in Verbindung gebracht werden.
Das war bei Nasri, der mit 17 sein Profidebüt bei Olympique Marseille gab, bereits 2004 der Fall. Die goldene 1987er-Generation um Karim Benzema, Hatem Ben Arfa, Loic Remy, Jeremy Menez und eben Nasri hatte soeben - dank eines Nasri-Treffers - die U-17-EM gewonnen. Das gebeutelte Fußball-Frankreich war aus dem Häuschen und sah sich auf dem Weg in eine bessere Zukunft.
Medialer Hype prallt an Nasri ab
Nasri wehrte jedoch die ihm aufgetragene Heilsbringerrolle früh ab. "Ich glaube nicht, dass es fair ist, einen jungen Spieler mit solch einem Druck zu belegen", meinte der vermeintlich "neue" Zidane. "Ich bin ich. Ein Novize, der versucht, besser zu werden."
Dieser erste Hype um Nasri liegt nun schon bereits sieben Jahre zurück. Das mit dem Besserwerden gelang Nasri recht gut. Der EM-Triumph ebnete ihm den Weg in die Profimannschaft seines Geburtsortes. Nasris profundes Potpourri aus Schnelligkeit, Eleganz und Spielintelligenz verhalf ihm wie schon in seinen jungen Jahren, sich Schritt für Schritt weiter zu entwickeln. Drei Jahre später wählte man ihn in Frankreich zum besten Nachwuchsspieler.
Nasri lehnte die Lorbeeren, mit denen er überhäuft wurde, allerdings weiter ab. Er hatte die ganz große Bühne vor Augen und sah sich noch längst nicht auf jenem Niveau, auf das ihn die Öffentlichkeit hievte. "Ich sehe mich weiterhin als Youngster, der an seinem Talent arbeiten muss, um es hoffentlich nach ganz oben zu schaffen. Die Medien versuchen, das zu ändern und behaupten, dass ich es schon geschafft hätte. Aber das sehe ich ganz anders", gab er einmal zu Protokoll.
Grimandi: "Samir studiert den Fußball"
Für Gilles Grimandi, ehemaliger Gunner und seit 2005 Arsenals Chefscout für den französischen Markt, sind Nasris Bescheidenheit und Intelligenz die Ursachen für die steile Karriere, die er bislang hingelegt hat. "Samir studiert den Fußball und ist sehr, sehr intelligent. Er wusste von Beginn an, wo er hin wollte. Seit er zwölf ist, lasten ein immenser Druck und eine riesige Erwartungshaltung auf ihm. Seine Persönlichkeit ist stark genug ausgeprägt, um all das beiseite zu schieben und sich kontinuierlich zu verbessern."
Der Wechsel zu Arsenal im Sommer 2008 war die logische nächste Etappe für Nasri. Arsenal spielte den Fußball, den er seit Jahren bewunderte. Da juckten ihn auch die Offerten von Real Madrid oder Inter Mailand nicht. Bemerkenswert: Um seine Verbundenheit mit OM auszudrücken, verlängerte er noch wenige Monate vor seinem Transfer nach London seinen auslaufenden Vertrag in Marseille - damit der Verein seinen Abgang auch finanziell verdauen konnte.
In London spielt Nasri nun seine dritte Saison. Wie es normal ist, hatte auch das einstige Wunderkind seine Probleme, sich an das neue Tempo und die ungewohnte Härte im englischen Fußball zu gewöhnen. Nur Technik reicht im Mutterland des Fußballs eben nicht. Das mussten vor ihm schon Landsmann Robert Pires oder Alexander Hleb erfahren.
Nasri: "Mister Wenger ist wirklich wichtig"
Doch wie es Nasris Naturell entspricht, ließ er sich von den Startproblemen nicht aus der Ruhe bringen und arbeitete vermehrt daran, seine Defizite im physischen Bereich zu korrigieren. Einen Gegenspieler auszuspielen oder davonzurennen war schon zu Beginn drin, kam aber ein anderer ums Eck und zeigte im Zweikampf körperliche Präsenz, verlor Nasri den Ball zu oft.
Für Arsenal-Coach Arsene Wenger sind es aber genau diese Prozesse, die ein junger Spieler durchzustehen hat, um sich auf Dauer auf höchstem Niveau zu etablieren. Diese Zeit der Akklimatisierung räumt er seinem gesamten Team ein. Es ist eben ein Teil seiner Strategie als Trainer, den Spielern in ihrer Entwicklung auch die notwendige Geduld zuzugestehen und sie davon zu überzeugen, dass dieser Weg der natürliche ist.
Nasri bejaht dies: "Alle Spieler haben sich weiterentwickelt, und wenn ein Spieler einen Schritt nach vorn geht, hilft das der ganzen Mannschaft. Mister Wenger ist wirklich wichtig, weil er uns Selbstvertrauen eingeflößt hat, auch wenn wir keine Pokale geholt haben. Er hat uns gezeigt, dass er zuversichtlich ist."
Nasri wird zum Faktor in Arsenals Spiel
Dass sich Arsenals Identität, die seit Wenger für das Schöne im Fußball steht, aber 2005 letztmals mit einer Trophäe belohnt wurde, weiterentwickelt hat, hängt mit dem Qualitätsschub einzelner Akteure zusammen - siehe Jack Wilshere, Theo Walcott oder eben Nasri selbst.
Wie Pires, Hleb oder Rosicky war es für Nasri neu, im 4-5-1 auf den Flügeln eingesetzt zu werden. In der aktuellen Saison wurde Nasri, dem im Gegensatz zu einem Haufen anderer Kollegen keine WM in den Knochen steckte, nun zu einem der wichtigsten Faktoren im Spiel der Gunners. Neun Tore schoss der Franzose in dieser Saison - nie traf er bei Arsenal und Marseille öfter.
Gerade in den zurückliegenden Herbstmonaten funktionierten die Nord-Londoner als Ganzes hervorragend - angeführt von Nasri, der immer öfter von seinen Mitspielern gesucht wurde und sich dank seiner unglaublichen Schnelligkeit als prädestiniert für die Position auf den Außenbahnen erwies.
Dies gilt auch für die Nationalmannschaft. Nicht nur seine Wahl zum besten Fußballer Frankreichs 2010 spülte ihn in der Hierarchie oben. Nasri gilt längst als heimlicher Chef in der Equipe Tricolore. Wenger sieht den Aufstieg seines Spielmachers wohlwollend.
Nasris Qualitätssprung steht auch sinnbildlich für die Aufwärtsentwicklung des FC Arsenal. Die Gunners haben ein Spiel und drei Punkte Rückstand auf Tabellenführer ManUnited. Im Champions-League-Achtelfinale schlug man den FC Barcelona - und zwar mit dem Fußball, für den Wenger mit seinen Jungs steht. Im Vorjahr gingen Nasri und Co. damit gegen die Katalanen noch baden.
Samir Nasri im Steckbrief