SPOX: Herr Pienaar, in England hört man immer wieder von Ihrem Spitznamen "Schillo". Gab es den schon zu Ihrer Dortmunder Zeit?
Steven Pienaar: Den gab es damals schon, aber in Deutschland war ich einfach immer "nur" Steven Pienaar. Schillo ist mein afrikanischer Spitzname. Alle meine Freunde in Südafrika nennen mich Schillo.
SPOX: Apropos Südafrika: Vor der WM gaben Sie uns ein Interview und sagten, was man von der WM in Ihrem Heimatland erwarten könne. Wie sieht Ihre Bilanz nach dem Turnier aus?
Pienaar: Ich glaube, Südafrika hat allen Menschen gezeigt, dass wir ein tolles Land sind. Es gab im Vorfeld viel Kritik und auch Skepsis gegenüber meinem Heimatland. Alle Spieler und Menschen, die ich kenne, haben mir erzählt, dass sie wieder nach Südafrika kommen werden, um Urlaub zu machen. Was wollen wir mehr? Die WM hat Südafrika einen richtigen Push gegeben. Ich hoffe, dass wir diese positive Stimmung weiter tragen können. Wer weiß, vielleicht bekommen wir ja eines Tages die Olympischen Spiele nach Südafrika.
SPOX: Im Januar sind Sie nach dreieinhalb Jahren beim FC Everton zu Tottenham Hotspur gewechselt. Wie läuft's in London?
Pienaar: Der Januar war wirklich aufregend. Letztlich ging es dann plötzlich alles sehr schnell mit dem Wechsel zu den Spurs. Jetzt bin ich einen Monat in London und fühle mich sehr wohl. Ich habe kürzlich auch endlich eine Wohnung gefunden und konnte das Hotel verlassen. Als Spieler ist man so oft in Hotels, da genießt man es, sein eigenes Heim zu haben. Zuhause schläft es sich immer noch am besten (lacht).
SPOX: Als das Transferfenster im Januar in England schloss, spielte sich Aberwitziges ab. Finden Sie, dass die Summen, die dort gezahlt wurden, gerechtfertigt sind?
Pienaar: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Als Fußballprofi ist es wichtig, dass man mit diesen Summen umzugehen weiß und nicht abhebt.
SPOX: Haben Sie sich schon einmal beim Abheben erwischt?
Pienaar: Nein. Ich kann nur sagen, dass Gott mir mit dem Fußball eine wunderbare Möglichkeit gegeben hat. Ich danke ihm jeden Tag dafür. Gleichzeitig sehe ich mich aber auch jeden Tag in der Verantwortung, anderen Menschen, denen es nicht so gut geht, zu helfen.
SPOX: Welche Unterschiede zum FC Everton haben Sie schon feststellen können?
Pienaar: Der größte Unterschied ist sicherlich die Art, wie wir hier Fußball spielen. Tottenham spielt immer "Attacking Football". Das war auch mit ein Grund, warum Tottenham für mich erste Wahl war.
SPOX: Ein anderer Grund wird wohl auch gewesen sein, dass die Spurs derzeit deutlich besser sind als Everton.
Pienaar: Ich bin zu den Spurs gewechselt, weil ich Titel gewinnen will. In dieser Saison ist in der Champions League und der Liga noch alles möglich. Wir haben beim AC Mailand 1:0 gewonnen und stehen auch in der Liga gerade sehr gut da. Ich denke, Tottenham wird diese Saison sehr erfolgreich abschneiden.
SPOX: In Mailand spielten Sie erstmals nach Ihrer Zeit bei Ajax Amsterdam wieder in der Königsklasse. Hat sich etwas verändert?
Pienaar: Eigentlich nicht. Es sind immer noch die besten Mannschaften vertreten und man sieht europäischen Spitzenfußball. Vielleicht ist das Spiel in den letzten Jahren schneller geworden, aber ansonsten sehe ich keinen großen Unterschied.
SPOX: Der Hinspielsieg in Mailand war schon beeindruckend. Wie sieht's fürs Rückspiel am Mittwoch aus?
Pienaar: Der AC ist immer noch einer der besten Klubs in Europa. Du kannst gegen sie nur durch Kampf gewinnen. Das haben wir im Hinspiel auch gezeigt. Wir haben 90 Minuten gekämpft und zum Schluss verdient gewonnen. Jetzt haben wir alle Möglichkeiten, zu Hause alles für die nächste Runde klar zu machen.
SPOX: Gut möglich, dass man Sie bald auch wieder im deutschen TV sehen kann.
Pienaar: Genau, vielleicht spielen wir ja in der nächsten CL-Runde gegen Bayern München oder Schalke 04. Oder aber in der nächsten Saison gegen Borussia Dortmund. Ich würde gerne noch mal vor der Südtribüne spielen.
SPOX: Seit Ihrer Zeit bei Borussia Dortmund ist Ihr Ruf in Deutschland nicht besonders gut. Wie erklären Sie sich das?
Pienaar: In Deutschland hatte ich nie eine wirkliche Chance. Die gesamte Saison beim BVB lief für mich persönlich und vor allem für das gesamte Team nicht gut. Da war es schwer, die Fans zu überzeugen. Als ich nach England ging, war ich für viele aus dem Fokus, denn in der deutschen Presse wird häufig nur über die großen englischen Vereine berichtet. Ich denke aber schon, dass viele ihre Sichtweise über mich geändert haben, denn ich bekomme aus Deutschland viele positive Posts bei Facebook oder Twitter.
SPOX: Der BVB ist so gut wie Deutscher Meister. Haben Sie die tolle Saison Ihres Ex-Klubs verfolgen können?
Pienaar: Ja klar, ich sehe die Spiele der Bundesliga häufig im Fernsehen. Der BVB spielt einen grandiosen Fußball. Ich freue mich für meinen Freund Nuri Sahin und die besten Fans in Deutschland. Ich bin ebenfalls sicher, dass es Dortmund schaffen wird. Ich werde einer der Ersten sein, der Nuri gratulieren wird.
SPOX: Vor gut einem Jahr kursierte in englischen Medien das Gerücht, dass der FC Bayern an Ihnen interessiert sei. Stimmt es, dass Sie davon von einem Teamkollegen beim Training erfahren haben?
Pienaar: Ja, das ist richtig. Auch in den letzten Monaten gab es wieder viele Presseberichte über mich und mögliche Wechsel, aber ich habe nach der WM einfach aufgehört, die Zeitungen zu lesen.
SPOX: Der deutsche Rekordmeister wäre aber schon was, oder?
Pienaar: Bayern München ist selbstverständlich ein großer Klub in Europa. Da fühlt sich jeder Spieler geehrt, wenn ein solcher Verein anfragt. Ich bin aber sehr glücklich in England. Es gibt aktuell keinen Grund, die beste Liga der Welt zu verlassen. Als Fußballer darfst du allerdings niemals nie sagen.
SPOX: Bei den Spurs haben Sie einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Bald werden Sie 29 Jahre alt. Haben Sie schon eine Ahnung, wie Ihr Karriereende aussehen soll?
Pienaar: Zuerst einmal hoffe ich natürlich, dass ich noch einige Jahre erfolgreich Fußball spielen kann und gesundheitlich fit bleibe. Ich möchte noch Titel gewinnen, daher habe ich für vier Jahre unterschrieben. Danach wäre ein Traum von mir, meine aktive Karriere eines Tages bei Ajax Amsterdam zu beenden. Ajax ist immer in meinem Herzen geblieben.
Steven Pienaar im Steckbrief