Das Grundcredo von Napoli-Trainer Walter Mazzarri ist sein 3-4-2-1-System. Der Coach verlangt von seinem Team nicht immer, dass es auf Teufel komm raus das Spiel macht, er setzt mehr auf die Schnelligkeit und Dynamik seiner Akteure.
Die Süditaliener erwarten spielstarke Mannschaften oft in der eigenen Hälfte, um nach einem Ballgewinn blitzschnell umzuschalten und auszuschwärmen, wie eindrucksvoll beim 3:1 gegen Milan bewiesen.
In den Top-Spielen dieser Saison gegen Milan (38 Prozent) und Manchester City (39 Prozent) hatte Napoli jeweils deutlich weniger Ballbesitz. Selbst zuhause gegen Villarreal hatte Neapel "nur" zu 48 Prozent den Ball. Einzig gegen Inter war das Mazzarri-Team dominanter - allerdings spielte es auch über eine Halbzeit in Überzahl.Die Parade-Charakteristik des Teams ist aber die Art und Weise, wie sie Fußball spielt: emotional und intensiv, unterstützt vom Hexenkessel "San Paolo". Das heißblütige Publikum gibt dem Mazzarri-Team oft den entscheidenden Kick, seine intensive und kraftraubende Spielweise auf den Rasen zu bringen.
"Der Spirit, mit dem meine Mannschaft die Spiele angeht, entspricht dem der Neapolitaner. Man kann auch verlieren, aber wir lassen nie nach. Es wird gerannt, es wird gekämpft - und das vom ersten Tag an, seitdem ich hier bin", beschreibt Mazzarri den Stil seiner Mannschaft.
"Bei meinem Amtsantritt habe ich gesagt, dass diese Mannschaft eine Seele haben wird - und so ist es auch." Bayern-Coach Jupp Heynckes zeigte sich bei der Pressekonferenz vor dem Spiel "beeindruckt von der Spielweise und der Leidenschaft Napolis".
Der SSC Neapel in der Analyse
Abwehr und Torwart: Paolo Cannavaro, Hugo Campagnaro, Salvatore Aronica: Einzeln betrachtet und von den Namen her verbreiten diese drei nicht Angst und Schrecken. Das Trio harmoniert aber blendend und ist bestens aufeinander abgestimmt. Frei nach dem Motto: In der Gruppe sind wir stark.
"Wir haben sehr viele Spieler, die medial nicht so im Vordergrund stehen, aber für das Team sehr viel Arbeit verrichten. Und letztlich den Jungs vorne auch den Rücken freihalten", bestätigt Gökhan Inler im SPOX-Interview.
Aronica ist ein beinharter Manndecker alter Schule und hat bereits zwei souveräne CL-Auftritte hinter sich, obwohl er erst dieses Jahr im Alter von 33 Jahren in der Königsklasse debütierte. Vor Saisonstart stehen in den Sporttageszeitungen meistens andere in der voraussichtlichen Napoli-Aufstellung, am Ende spielt aber wieder er.
Campagnaro und Cannavaro schalten sich bei Standards immer wieder in die Offensive mit ein und sorgen aufgrund ihrer Kopfballstärke für Torgefahr. Campagnaro erzielte bereits zwei Ligatreffer.
Kapitän Cannavaro (der kleine Bruder von Weltmeister Fabio) hat einen tollen Saisonstart hinter sich, viele Beobachter fordern seine Einberufung in die Nationalmannschaft. Die blieb bislang aber noch aus.
Die Eingespieltheit des Trios lässt sich auch an den Statistiken ablesen: Bis zum 0:1 gegen Parma am Wochenende kassierte Napoli wettbewerbsübergreifend 447 Minuten lang kein Gegentor. Das liegt zum großen Teil auch an Morgan De Sanctis, einem der konstantesten Torhüter Italiens in den letzten Jahren. Italiens Nummer zwei hinter Gigi Buffon fällt nicht auf und liefert abseits des Rasens keine Schlagzeilen. Dafür glänzt er mit tollen Reflexen und strahlt mit seiner Erfahrung viel Ruhe auf seine Vorderleute aus.
Ex-Napoli-Coach Roberto Donadoni sagte gegenüber "Radio KissKiss": "Die Mannschaft weiß, dass sie in der Offensive sehr viel Qualität hat. Das gibt der Defensivabteilung viel Sicherheit."
Die Flügelspieler: Zwei enorm wichtig Mosaiksteine im Mazzarri-Spiel. Beide Flügelspieler machen Druck und unterstützen so das Offensivtrio. Rechts ist Christian Maggio unumstritten, links kämpfen Andrea Dossena und Camilo Zuniga um einen Platz.
Zusammen mit Lavezzi verkörpert Maggio am markantesten die dynamische und intensive Spielweise Napolis. Der italienische Nationalspieler, der momentan einer der formstärksten Neapel-Spieler ist, vereint Elan und Wille und ist oftmals der vierte Angriffsspieler.
"Wir greifen immer mindestens zu fünft an: Lavezzi, Hamsik, Cavani, Maggio und Dossena, dazu die zentralen Mittelfeldspieler und manchmal auch Campagnaro", sagte Mazzarri im Interview mit der "Repubblica".
Damit Mazzaris "Kunstwerk" bei Maggios Vorstößen nicht defensiv anfällig wird, lässt sich Dossena auf die Linie der drei Verteidiger fallen. Dadurch entsteht eine Viererkette mit Cannavaro/Aronica in der Mitte und Campagnaro als Rechtsverteidiger. "Unsere Dreierabwehr wird häufig zu einer mit vier Mann. Normalerweise ist es ein großer Unterschied, ob man mit drei oder mit vier Mann verteidigt. In unserem Fall aber nicht, da die Laufwege nicht sehr unterschiedlich sind", bestätigte Cannavaro dem "Corriere della Sera". Aus dem 3-4-2-1 wird so phasenweise ein 4-2-4. Ist der Gegner in Ballbesitz, unterstützt Hamsik auf rechts Maggio.
Obwohl beim SSC meist die Rede vom Trio Cavani-Lavezzi-Hamsik ist, sind die zwei Außenspieler genau so wichtig für das Offensiv-Spiel der Süditaliener.