Neue Liebe, neues Glück

Florian Schimak
26. November 201309:19
Die drei Ex-Königlichen in hellblauer Montur: Higuain, Albiol und CallejonSPOX
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Für insgesamt 58,5 Millionen Euro wechselten Jose Callejon, Raul Albiol und Gonzalo Higuain im Sommer von Real Madrid zum SSC Neapel. Sportlich vermeintlich ein Rückschritt, glänzen die drei nun unter Rafael Benitez und genießen - anders als in Madrid - eine extreme Wertschätzung. Vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund stehen alle drei Spieler im Fokus (Di., ab 20.30 Uhr im LIVE-TICKER).

In Neapel hat man es nicht leicht als Fußballer. Seit Diego Maradona den SSC Neapel 1990 zum Scudetto führte, lechzt die Stadt nach einem ähnlichen Superstar.

Edinson Cavani wurde daher ähnlich gottgleich verehrt wie der Argentinier zu seiner Zeit. Bis zum Sommer. Denn der Uruguayer konnte den Verlockungen des Geldes nicht widerstehen und wechselte für knapp 65 Millionen Euro zu Paris St.-Germain in die Ligue 1.

Das neapolitanische Herz war danach wieder schwer. Der langersehnte Meistertitel rückte in weite Ferne. Auch als Rafael Benitez als Nachfolger des amtsmüden Walter Mazzarri präsentiert wurde und gleich drei Spieler von Real Madrid im San Paolo vorgestellt wurden, wollte so keine rechte Begeisterung unter den Tifosi aufkommen.

Real-Restware weckt keine Begeisterung

Jose Callejon war der klassische 12. Mann bei den Königlichen, der dort meist von der Bank kam und sein Talent im besten Fall nur andeutete. Gonzalo Higuain traf zwar regelmäßig für Real, restlos überzeugen konnte der Argentinier weder die Fans noch die sportliche Führung Madrids und Raul Albiol, der bestenfalls ein netter Backup in der königlichen Innenverteidigung war, lösten nun wirklich keine Begeisterungsstürme aus. Einzig mit Higuain konnte man im San Paolo etwas anfangen. Warum also euphorisch sein, wenn man die Restware aus dem Santiago Bernabeu ersteigert hatte?

Knapp ein halbes Jahr nach den Transfers hat sich das Bild bei den Azzurri allerdings grundlegend geändert. Callejon, Higuain und Albiol werden gefeiert und geliebt. Das hängt zum einen mit dem Heißblut der Napoli-Fans zusammen, zum anderen aber konnten alle drei auch von Beginn an sportlich überzeugen. Sie fügten sich ohne Probleme in das Team ein und erwiesen sich als perfekte Puzzleteile auf dem Weg zum Erfolg. SPOX

Zwar liegt der SSC in der Serie A bereits sechs Punkte hinter Rekordmeister Juventus Turin auf Platz drei, doch gerade international bewies das Team, dass es mehr als konkurrenzfähig ist. Am ersten Champions-League-Spieltag wies man Borussia Dortmund die Grenzen auf und sieht sich nun vor dem Rückspiel im Signal-Iduna-Park (Di., ab 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) mit neun Punkten nach vier Spielen auf einem guten Weg in Richtung Achtelfinale.

Mit ein Grund dafür: Die drei Neuzugänge aus der spanischen Landeshauptstadt.

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Seite 2: Raul Albiol - Das Abwehrbollwerk

Seite 3: Jose Callejon - Der Unterschätzte

Seite 4: Gonzalo Higuain - Nicht der neue Maradona

Raul Albiol: Das spanische Abwehrbollwerk. Agierte bei Real meist als solider Backup von Pepe oder Ramos. In Neapel aber uneingeschränkter Abwehrchef. Mit einer starken Passquote (87 Prozent). Auch in der Luft fast nicht zu bezwingen, gewann dort mehr als 70 Prozent der Duelle.

Verleiht dem Spiel des SSC Sicherheit. Seine Aktionen wirken zwar nicht immer elegant, sind aber meist erfolgreich. Der Innenverteidiger bekommt nun die Bestätigung, die er in Madrid selten erfahren hatte.

"Ich behalte mir die positiven Dinge und das, was ich in diesen drei Jahren gelernt habe", sagt der 28-Jährige zu seiner Zeit in Madrid. Bei seinem neuen Arbeitgeber fühlt er sich nun rundum wohl: "Ich bin sehr glücklich darüber, Erfahrung in der Serie A zu sammeln und das Napoli-Trikot zu tragen. Nach all den Jahren in La Liga habe ich mich ganz gut zurechtgefunden. Trainer Rafael Benitez und meine ehemaligen Real-Kollegen Jose Callejon und Gonzalo Higuain haben eine tragende Rolle dabei gespielt."

Ob sich seine Chancen in der spanischen Nationalmannschaft dadurch verbessern, bleibt abzuwarten. Albiol ist zwar festes Mitglied der Furja Roja, kommt aber an Pique, Ramos und Puyol nicht vorbei. Dennoch hofft er, dass er im Sommer mit an den Zuckerhut reisen darf: "Nun muss ich in meiner neuen Rolle in Neapel beweisen, dass ich mit Spanien zur WM fahren möchte." Seine bisherigen Leistungen sollten das in jedem Fall zulassen.

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Seite 3: Jose Callejon - Der Unterschätzte

Seite 4: Gonzalo Higuain - Nicht der neue Maradona

Jose Callejon: Der Unterschätzte. Absolvierte bei Real in zwei Jahren nur acht Spiele über die volle Distanz. War also alles andere als Stammspieler. Daher war es nicht verwunderlich, dass der 26-Jährige nicht unbedingt als der Heilsbringer bei den Tifosi galt.

Durch seine starken Leistungen dribbelte sich der Außenstürmer aber in die Herzen der Fans. Traf in der Liga öfter als Higuain (sechs Treffer), dabei gilt der Spanier nicht als der geborene Torjäger. In Madrid meist als Linksaußen aufgeboten, setzt ihn Benitez in Neapel bevorzugt auf dem rechten Flügeln ein, was seinem Spiel mehr Konstanz verleiht.

Lief in allen vier bisherigen Champions-League-Spielen von Beginn an auf und war dabei einmal erfolgreich (traf zum wichtigen 1:0-Führungstreffer in Marseille). Auch er bekommt im San Paolo endlich die Unterstützung, die ihm in Madrid fehlte. Wie viele der "billigen" Neuzugänge hatte der Spanier auch bei Real sportlich nie den Stellenwert, den er nun in Neapel besitzt - von den Fans wird und wurde der Flügelspieler bei beiden Vereinen immer geliebt.

"Ich wusste, dass Callejon ein Spieler ist, der hart arbeitet, zuhört und sehr lernfähig ist. Aber dass er sich auf so einem hohen Niveau befindet, hätte ich nicht erwartet. Vor allem arbeitet er auch hart in der Defensive", sagt Benitez über ihn.

Callejon ist kein typischer Offensivgeist. Zwar verfügt er über eine starke Technik, ist schnell und hat einen guten rechten Fuß - dennoch beackert er seine Außenbahn immer bis aufs Äußerste und ist einer der wichtigsten Spieler im System von Benitez.

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Gonzalo Higuain: Nicht der neue Maradona. Aber trotzdem der neue Fan-Liebling. Der Argentinier trug die schwere Last des Cavani-Ersatzes, ging damit aber locker um. Er stand in Madrid oft in der Kritik. Als zu langsam und zu behäbig wurde er im Sommer vom königlichen Hof gejagt - trotz einer starken Torquote (122 Tore in 262 Spielen, davon 107 Treffer in 190 Ligaspielen).

Nun scheint er in Neapel endlich sein Glück gefunden zu haben. Die Fans lieben ihn. Der Trainer setzt endlich auf ihn. "Bei Real Madrid habe ich jahrelang auf einem sehr hohen Niveau gespielt, aber ich sollte regelmäßig Dinge beweisen, die ich bereits bewiesen hatte", sagte der 25-Jährige nach seinem Wechsel in die Serie A.

"Real ist ein großer Verein mit einer großen Mannschaft und es fällt einem sicherlich nicht leicht, ein solches Kapitel zu beenden. Ich denke aufgrund meiner Erfahrung aber, dass man die volle Unterstützung vom Verein und den Fans benötigt, um starke Leistungen zu bringen und sich auch wohl zu fühlen. Die Unterstützung, die ich in Neapel erhalte, kann ich nicht in Worte fassen", erklärte Higuain: "Eigentlich wollte ich schon im Sommer 2012 weg, aber ich entschied mich nach der Meisterschaft damals anders. Nun bin ich einfach glücklich in Neapel zu sein. Ich brauchte einen Standortwechsel und neue Herausforderungen."

In der Champions League bewies er seine Qualitäten bereits nach und traf drei Mal im laufenden Wettbewerb - alle 75 Minuten ist er erfolgreich. Über 70 Prozent seiner Schüsse zappeln im Netz. Dafür wurde Higuain geholt. Zwar kommt er noch nicht an die Torquote seines Vorgängers ran, aber bei den Fans hat er schon einen ähnlich hohen Stellenwert, wie Pepe Reina vor kurzem verriet: "Maradona wird hier wie ein Gott verehrt und das wird noch lange so bleiben, aber ich hoffe, dass Higuain ähnliches erreichen kann. Momentan ist er auf jeden Fall das größte Idol der Fans."

Auch bei seinem neuen Coach genießt El Pipita höchstes Ansehen: "Neapel hat keinen Weltfußballer wie Maradona vor vielen Jahren, aber Neapel hat mit Higuain einen ausgezeichneten Spieler. Er ist unser Aushängeschild, er ist der Leader, er reißt Mannschaft und Publikum mit."

Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Madrid konnte sich Benitez in Bezug auf Higuain auch nicht verkneifen: "Als wir einen Stürmer suchten, mussten wir nicht lange überlegen. Er bringt Qualität und Persönlichkeit mit, die jeder Mannschaft weiterhilft. Als Trainer von Real Madrid hätte ich ihn niemals verkauft." Die Tifosi sehen das wohl genauso.

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