Totes Rennen zwischen Bayern & Real

Thomas Gaber
29. April 201413:54
Vier Schlüsselspieler auf dem Weg ins Finale: Lahm, Robben, Modric und Ronaldo (v.l.)getty
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Bayern München muss im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid einen 0:1-Rückstand aufholen (20.30 Uhr im LIVE-TICKER). Details werden den Unterschied ausmachen. Wer setzt dem Spiel die Krone auf? Der Teamvergleich Bayern vs. Real Madrid.

Torhüter: Manuel Neuer vs. Iker Casillas

Beide Keeper zählen zweifellos zu den besten der Welt. Casillas ist als Welt-, doppelter Europameister, Champions-League-Sieger, mehrmaliger Meister und Pokalsieger eine lebende Legende im spanischen Fußball, hat sportlich aber keine einfachen 18 Monate hinter sich.

Von Ex-Trainer Jose Mourinho wurde Casillas zur Nummer zwei degradiert, Diego Lopez übernahm den Job im Real-Kasten. Carlo Ancelotti fand eine Zwitterlösung: Lopez hält in der Liga, Casillas in den Pokalwettbewerben.

Im Viertelfinal-Drama gegen Borussia Dortmund war Casillas vor allem im Rückspiel ein Garant für Reals Weiterkommen. Zwischen November 2013 und Februar 2014 blieb San Iker 952 Minuten lang ohne Gegentor.

Manuel Neuer ist unverzichtbar für den FC Bayern und hat gehört mittlerweile zum Führungszirkel innerhalb der Mannschaft. 2012 hielt er im Shootout des Halbfinal-Rückspiels in Madrid drei Elfmeter.

Was beide Torhüter verbindet, ist ihre angenehme, bescheidene Art und höchster gegenseitiger Respekt.

Unentschieden

Innenverteidiger: Dante/Jerome Boateng vs. Pepe/Sergio Ramos

In 13 der letzten 15 Spielen kassierte der FC Bayern mindestens ein Gegentor, nur in Mainz und Braunschweig stand die Null. Die Defensive ist deutlich instabiler als in der Hin- und zu Beginn der Rückrunde, was nicht nur an der zunehmenden Konter-Anfälligkeit infolge der mangelhaften Rückwärtsbewegung der ganzen Mannschaft liegt.

Gerade in der Innenverteidigung mehren sich die individuellen Fehler. Dante und Boateng wirkten zuletzt unkonzentriert, gegen Bremen spielten beide eine ganz schwache erste Halbzeit und verschuldeten in Gemeinschaftsproduktion das zweite Gegentor.

Aufgrund seiner stark schwankenden Leistungen in der Rückrunde ist Boateng schon länger nicht mehr gesetzt. Javi Martinez nahm desöfteren seinen Platz ein und könnte auch gegen Real zum Einsatz kommen, wenn sich Guardiola gegen Boateng entscheiden sollte.

Pepe und Sergio Ramos spielten in Madrid gegen die Bayern gewohnt körperbetont, aber auffallend diszipliniert und nahezu fehlerfrei. Beide leben von ihrer kompromisslosen Härte im Zweikampf, die öfter auch über die Grenzen des Erlaubten hinausgeht. Ramos flog in knapp neun Jahren bei Real Madrid 19 Mal vom Platz.

Ramos ist stark in der Spieleröffnung und auch offensiv sehr kopfballstark. In der laufenden Champions-League-Saison erzielte er bereits drei Tore. Beide Spieler sind aber immer für Fehler gut, vor allem wenn sie verstärkt unter Druck geraten. Pepe verschuldete in Dortmund das 1:0, Ramos leitete das 2:0 mit einem Risikopass auf Illarramendi ein.

Zudem muss sich Ramos im Zweikampf zügeln - bei der nächsten Gelben Karte ist er für ein Spiel gesperrt. Für ein mögliches Finale.

Unentschieden

Seite 1: Torhüter und Innenverteidiger

Seite 2: Außenverteidiger und zentrales Mittelfeld

Seite 3: Offensive Außen und Stürmer

Außenverteidiger: David Alaba/Philipp Lahm vs. Coentrao/David Carvajal

In Madrid bot Guardiola seinen Kapitän als Sechser im Mittelfeld auf. Für das Rückspiel wird er wohl rechts in die Viererkette versetzt werden, als Gegenpol zu Ronaldo. Lahm findet meist die perfekte Balance zwischen Defensive und Offensive, was gegen Real besonders gefragt sein wird. Der Kapitän hat auch als Außenverteidiger genügend Einfluss auf das Bayern-Spiel.

David Alaba rückt in dieser Saison taktisch bedingt mehr nach innen, das klassische Rollenspiel der Außenverteidiger hat Guardiola aufgeweicht. Alaba hat sich angepasst und liefert auch in dieser Saison konstante Leistungen ab, wenngleich auch er in den letzten Wochen Schwächen zeigte. Mit der Verteidigung gegen Gareth Bale erwartet ihn eine Mammutaufgabe.

Als Real das letzte Mal in München spielte, hießen die Außenverteidiger Marcelo und Arbeloa. Zwei Jahre später kommt an Fabio Coentrao und Daniel Carvajal keiner vorbei. Carvajal durfte sich ein Jahr lang in Leverkusen auf die große Herausforderung Real Madrid vorbereiten. Er hat sich auf der rechten Seite zum Stammspieler gemausert, überzeugt mit Ballsicherheit und Zweikampfstärke.

Auf links hat Coentrao nach langem Anlauf Marcelo verdrängt. Der Portugiese fiel wegen Verletzungen immer wieder zurück, ist aber derzeit gut in Form. Bereitete im Hinspiel das einzige Tor durch Benzema perfekt vor und hielt Arjen Robben in Schach. Unter Druck ist er jedoch fehleranfällig, zudem fehlt ihm öfter die letzte körperliche Präsenz.

Vorteil Bayern

Zentrales Mittelfeld: Bastian Schweinsteiger/Toni Kroos vs. Xabi Alonso/Luka Modric

Kroos kam im Hinspiel laut OPTA auf 139 Ballkontakte und eine Passgenauigkeit von 97,5 Prozent. Er gab drei Torschüsse ab gewann 66,7 Prozent seiner Zweikämpfe. Herausragende Werte, dennoch wurde Kroos' Tempo verschleppende Spielweise gegen ihn verwendet.

Er ist der Prototyp für Guardiolas Ballbesitz-Fußball und hat sich gegen die starke Konkurrenz im Mittelfeld behauptet. In allen wichtigen Spielen stand Kroos in der Startelf und es ist nicht davon auszugehen, dass sich das heute Abend ändern wird.

Schweinsteiger dagegen hatte in Madrid bei den Zweikampfwerten und der Passquote jeweils den schlechtesten Wert aller Bayern-Mittelfeldspieler. Nach der langen Verletzungspause fehlt ihm noch die Konstanz. Der Vize-Kapitän ist aber für die Balance enorm wichtig und hat in den letzten Wochen zudem viele wichtige Tore geschossen.

Luka Modric hat sich in dieser Saison zum Schlüsselspieler bei Real entwickelt. Der Kroate besitzt eine außergewöhnliche Spielintelligenz und stellt den fließenden Übergang her zwischen Defensive und Offensive. Er und Angel di Maria flankieren Xabi Alonso auf den Halbpositionen, wobei Modric das Spiel lenkt und di Maria lange Wege mit Tempo zurücklegt und offensiv gerne ins Dribbling geht.

Im Hinspiel klappte die Arbeitsteilung zwischen Modric und Xabi Alonso im Zentrum nahezu perfekt. Beide fingen gleich viele Bälle ab, hatten in etwa die gleiche Anzahl Ballkontakte und nahezu identische Zweikampfwerte. Alonso ist aber deutlich fehleranfälliger im Passspiel.

Unentschieden

Seite 1: Torhüter und Innenverteidiger

Seite 2: Außenverteidiger und zentrales Mittelfeld

Seite 3: Offensive Außen und Stürmer

Offensive Außen: Franck Ribery/Arjen Robben vs. Cristiano Ronaldo/Gareth Bale

Schon in Madrid warteten die Bayern vergeblich auf eine Leistungsexplosion von Ribery. Erst gegen Bremen konnte der Franzose die Ketten wieder lösen. Die Bayern brauchen aber vor allem heute Abend einen Ribery in Bestform. Einen Ribery, der das Eins-gegen-Eins in Verbindung mit viel Tempo und Aggressivität sucht.

"Er muss sauer sein auf alle. Auf den Trainer, den Schiedsrichter, die Zuschauer und sich selbst. Dann ist er am besten", sagte Guardiola.

Riberys Pendant Arjen Robben ist dagegen seit Monaten in Topform. Deshalb bauten die Bayern ihre Angriffe zuletzt vermehrt über die rechte Seite auf. Robben scheut kein Risiko, macht ständig Alarm und sucht permanent den Abschluss (sechs Torschüsse in Madrid). Im Hinspiel fehlte ihm aber die Unterstützung.

Ronaldo und Bale mussten wegen Verletzung bzw. Krankheit zuletzt kürzer treten, sind aber fürs Rückspiel fit. Ronaldo erzielte beim 4:0 gegen Osasuna seine Saisontore 29 und 30 in der Primera Division. Bale hat sich mit seinem 60-Meter-Sprint-Solo-Tor im Copa-Finale gegen Barcelona bei den Real-Fans unsterblich gemacht.

Ancelotti hat sein System so modifiziert, dass sich Ronaldo und Bale bei den überfallartigen Kontern austoben können. "Es ist unmöglich, Cristiano und Bale über 90 Minuten auszuschalten. Unmöglich!", wiederholte Guardiola.

Vorteil Real

Die Stürmer: Mario Mandzukic vs. Karim Benzema

Beide Spieler bekommen nicht die öffentliche Aufmerksamkeit wie Robben, Ribery, Bale oder Ronaldo, dabei ist ihr Wert für die Mannschaft nicht hoch genug einzuschätzen. Mandzukic hat seine Stärken im Infight, er scheut kein Duell und sei der Gegenspieler noch so unangenehm.

Guardiola weiß um die Wichtigkeit des Kroaten, sein Faible für stürmerlose Aufstellungen und falsche Neuner hat der Trainer bei Bayern nur selten in die Tat umgesetzt. Mandzukic führt die Torjägerliste der Bundesliga mit 18 Treffern an (gemeinsam mit Robert Lewandowski) und hat die Bayern gegen Manchester United zurück auf Kurs gebracht.

Benzema hat bereits 30 Pflichtspieltore für Real in der laufenden Saison erzielt, sieben davon in der Champions League. Er ist aber nicht nur Abnehmer vor dem Tor, sondern geht weite Wege und ist an vielen Real-Angriffen auch als Passgeber beteiligt. Sein Tor im Hinspiel könnte entscheidend sein im Kampf ums Finale in Lissabon.

Unentschieden

Seite 1: Torhüter und Innenverteidiger

Seite 2: Außenverteidiger und zentrales Mittelfeld

Seite 3: Offensive Außen und Stürmer