Am Anfang des Weges

Florian Schimak
25. November 201413:18
Bislang greifen die Ideen von Di Matteo auf Schalke noch nicht zu einhundert Prozentgetty
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Sieben Wochen ist Roberto Di Matteo auf Schalke. Gegen seinen Ex-Klub FC Chelsea kann der 44-Jährige dem Erreichen eines ersten wichtigen Etappenziels ganz nahe kommen (20.45 Uhr im LIVE-TICKER). Zeit für ein erstes Zwischenfazit: Wie liefen die bisherigen Partien unter dem neuen Trainer, welche Personalien sind bislang auffällig und wie arbeitet Di Matteo bislang in Gelsenkirchen? Sein Plan ist klar, aber die Mannschaft hat diesen noch nicht verinnerlicht.

Die bisherigen Ergebnisse

Hertha BSC (H) 2:0

Am 18. Oktober feierte Roberto Di Matteo in der Veltins Arena gegen die Berliner sein Debüt als Cheftrainer und feierte gleich einen wichtigen Auftakterfolg. Zwar ist die Hertha in dieser Saison nicht besonders auswärtsstark, dennoch zeigten die Knappen eine ordentliche Vorstellung.

Klaas-Jan Huntelaar und Julian Draxler bescherten dem neuen Coach einen Auftakt nach Maß. Obwohl die Herthaner am Ende ordentlich drückten, mehr Torschüsse hatten und mehr Ballbesitz, zeigte sich im ersten Spiel direkt, welche Handschrift der Trainer verfolgt. Di Matteo legt sein Hauptaugenmerk auf die Defensive.

Sporting Lissabon (H) 4:3

Königsklasse ist nicht Bundesliga. Hier lieferte der S04 gegen die Portugiesen eine vogelwilde Partie ab, bewies am Ende aber Moral, als man in der Nachspielzeit durch Eric-Maxim Choupo-Moting zum Erfolg kam, wenngleich durch einen unberechtigten Strafstoß.

Di Matteo war mit den drei wichtigen Punkten zufrieden, mit dem Spiel seiner Mannschaft allerdings nicht: "Die Fans hatten heute mehr Spaß als ich als Trainer heute. Aber wir haben gewonnen und das freut uns sehr. Wir hätten das Spiel besser kontrollieren müssen, als wir in Führung waren. Da haben wir uns ein bisschen dumm angestellt. Wir haben drei Punkte geholt, das war unser Ziel", sagte der Italiener nach dem Spiel.

Bayer Leverkusen (A) 0:1

Bereits im zweiten Ligaspiel setzte es die erste Niederlage. Gegen Leverkusen kam über 90 Minuten in der Offensive viel zu wenig, einzig in der Defensive überzeugte man im Vergleich zur CL-Partie unter der Woche.

"Wir wollten nach vorne mehr bieten, als wir heute geboten haben. Defensiv haben wir nicht so schlecht gestanden. Nach vorne und im Spielaufbau können wir uns verbessern", erkannte Di Matteo nach der Partie.

FC Augsburg (H) 1:0

Königsblau hatte gleich früh einen schweren Schock zu verdauen. Julian Draxler zog sich schon nach 20 Sekunden eine schwere Muskelverletzung zu. Trotzdem lieferte Schalke eine couragierte Leistung ab, wobei der FCA in der Offensive mehr zu bieten hatte.

"Wir haben Ehrgeiz und Kampfgeist gezeigt. Es war ein hart erkämpfter Sieg. Ich habe erstmal angefangen, ein bisschen Organisation in die Mannschaft zu bekommen, da haben wir gute Fortschritte gemacht. Aber wir können uns sicher noch im Spielaufbau verbessern. Ich bin überzeugt, dass das auch kommen wird", lobte Di Matteo abermals die Defensive, erkannte aber auch die eklatanten Schwächen in der Offensive.

Sporting Lissabon (A) 2:4

Vogelwild, Teil 2: Auch im Rückspiel gegen Sporting ging es hoch her. Dieses Mal allerdings mit dem schlechteren Ende für die Schalker. Augenfällig war auch diesmal die kaum stattfindende Offensive.

"Wir machen das erste Tor, aber wir haben nicht viele Gelegenheiten herausgespielt. Aus zwei Chancen machen wir zwei Tore. Die Effektivität war super, aber am Ende war es zu wenig, um zu gewinnen", sagte Mittelstürmer Klaas-Jan Huntelaar.

SC Freiburg (A) 0:2

Nach der zweiten Niederlage in Folge und den unbefriedigenden Offensiv-Auftritten bläst Di Matteo erstmals eine wenig Wind ins Gesicht. Es soll nach dem Freiburg-Spiel schon eine erste Krisensitzung gegeben haben.

Schalke belegt nach dem Spiel Platz 11 und hat lediglich 14 Punkte auf dem Konto. Zu wenig für die Ansprüche in Gelsenkirchen.

VfL Wolfsburg (H) 3:2

Die ersten 20 Minuten brennt der FC Schalke ein Feuerwerk ab und führt 3:0. Am Ende wird es mit viel Glück und noch mehr Einsatz ein 3:2 gegen die Wölfe, die zuvor acht Pflichtspiele in Folge ungeschlagen geblieben waren.

Di Matteo überrascht mit einer Dreier-/Fünferkette. Am Ende stehen wichtige drei Punkte. "Es war ein leidenschaftlicher Sieg - lassen wir das so stehen", sagte Kapitän Benedikt Höwedes nach dem Erfolg.

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Die Personalien

Noch mehr als Vorgänger Jens Keller machte Di Matteo Kapitän Höwedes zu seinem verlängerten Arm. Der Weltmeister kam immer in der Innenverteidigung zum Einsatz und zählte meist zu den wichtigsten Säulen im Team.

Di Matteo machte nicht nur mit seinem Strafenkatalog von Anfang an klar: Er setzt großen Wert auf Disziplin. Wer sich nicht an die Regeln hält, hat unter ihm keine Chance. Bisher ist - abgesehen von den Eskapaden von den Youngsters Donis Avdjijaj und Leroy Sane - nichts über ein Fehlverhalten der Profis bekannt.

In den ersten drei Spielen unter dem neuen Coach agierte Roman Neustädter als einer von zwei Sechsern im Mittelfeld. Bei der 2:4-Niederlage in Lissabon verdrängte der 26-Jährige Kaan Ayhan auf die Bank. Seitdem agiert Neustädter in der defensiven Zentrale an der Seite von Höwedes.

Wie auch Ayhan hat das andere große Talent des FC Schalke, Max Meyer, einen schweren Stand unter dem neuen Coach. Der setzte zunächst auf erfahrene Spieler und verließ damit den in der vergangenen Rückrunde eingeschlagenen Weg, als man sich mit einer sehr jungen Truppe für die Königsklasse qualifizierte.

Am letzten Spieltag der vergangenen Saison (4:1 gegen Nürnberg) betrug das Durchschnittsalter der Mannschaft 22,7 Jahre. Zuletzt gegen den VfL Wolfsburg hatte die Schalker Startelf ein Durchschnittsalter von 26,5 Jahren.

Kevin-Prince Boateng kommt unter Di Matteo auf der Zehn zum Einsatz. Wechselspiele zwischen Offensive und der Sechserposition wie unter Keller sind für den Ghanaer vorbei. Christian Clemens und Tranquillo Barnetta haben auch unter dem neuen Trainer kaum eine Chance auf einen Platz in der Startelf. Christian Fuchs kam immerhin schon zwei Mal von Beginn an zum Einsatz und erzielte gegen die Wölfe sogar ein Tor. Dennis Aogo und Atsuto Ushida zählen ebenso zum Stammpersonal wie inzwischen Marco Höger, der auf der Sechs gesetzt zu sei scheint. Auch Jan Kirchhoff startete in den letzten zwei Spielen.

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Das Spielsystem

Bis zum vergangen Wochenende schien das 4-2-3-1 in Stein gemeißelt. In den sechs Spielen zuvor wich Di Matteo auch bei Rückstand nicht von diesem System ab. Umso überraschender war die 3-5-2-Formation gegen Wolfsburg. Wobei sich die Außenbahnspieler Ushida und Fuchs im Spiel gegen den Ball fallen ließen und die Abwehr so zur Fünferkette wurde.

Das Hauptaugenmerk unter dem Schweizer liegt ganz klar auf der Defensive, das machte er von Anfang an klar. Mit dieser Taktik führte er auch den FC Chelsea zum CL-Triumph 2012. Bei den Blues hatte er das System von Jose Mourinhos 4-3-3 auf ein 4-2-3-1 umgestellt und hatte damit zunächst großen Erfolg. In zwei Defensiv-Schlachten setzte er sich damals nur vier Wochen nach seinem Amtsantritt im Halbfinale der Königsklasse gegen den FC Barcelona durch.

Für ihn steht eine stabile Ordnung über allem. In den bisherigen Spielen zeigte diese auch der FC Schalke - zumindest teilweise.

Die Gelsenkirchener siegten unter Di Matteo nicht, weil sie den Gegner an die Wand spielten, sondern weil sie hinten meist kein Tor fingen und vorne glücklich trafen. Das war gegen Augsburg und die Hertha beispielsweise der Fall.

In den Spielen gegen Lissabon verlor man viel zu leicht die Ordnung und schon hagelte es Gegentore. Auch gegen die Wölfe geriet man zum Ende hin ordentlich ins Schwimmen, was aber auch an der offensiven Klasse des Gegners lag. Heißt: Das Team setzt den gewünschte Defensivstil bisher noch nicht zur vollsten Zufriedenheit des Cheftrainers um.

Gerade im Spiel nach vorne fehlt noch zu häufig eine überraschende Idee oder die Kreativität. Das war aber auch mit ein Grund, warum Di Matteo an der Stamford Bridge entlassen wurde. Klubeigner Roman Abramovich bot dessen Fußball zu wenig Spektakel.

Zudem ist der Kader der Schalker im Sommer eher für einen offensiveren Spielstil zusammengestellt worden. Es bleibt also abzuwarten, wie lange das Team braucht, die neue Philosophie umzusetzen.

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Die öffentliche Wahrnehmung

Vom ersten Tag an war zu spüren, dass unter Di Matteo ein anderer Wind wehen würde. Die Spieler waren begeistert, auch der Vorstand um Clemens Tönnies und Manger Horst Heldt schwärmte in höchsten Tönen vom 44-Jährigen.

Di Matteo hat im Vergleich zu seinem Vorgänger Jens Keller schon Erfolge vorzuweisen. Er gewann die Champions League und den FA-Cup mit dem FC Chelsea. Der Respekt war gleich spürbar.

Doch nach dem durchwachsenen Start wurden erste kritische Stimmen laut. Zu defensiv sei sein Spielstil und der Kader dafür überhaupt nicht geeignet zusammengesetzt.

Daran wird sich Di Matteo messen lassen müssen, auch wenn man nach sechs oder sieben Wochen noch keine voreiligen Schlüsse ziehen sollte. Zudem ist ein Kaltstart in der laufenden Saison für jeden Trainer schwierig.

Di Matteo hat eine klare Spielidee und muss sie der Mannschaft erst vermitteln. Das braucht Zeit und kann nicht im Vorbeigehen geschehen. Zwischen Länderspielpausen und Englischen Wochen blieb wenig Zeit, um an grundlegenden Dingen zu arbeiten. Das muss in der Winterpause passieren.

Roberto Di Matteo hat bislang nicht mehr - aber auch nicht weniger - als eine klare Richtung vorgegeben. Der Weg muss aber erst noch gegangen werden.

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Der FC Schalke 04 im Überblick