Bloß nicht den Kopf verlieren

Für Pep Guardiola ist diese Saison die letzte Chance, mit dem FCB die CL zu gewinnen
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Die Verantwortlichen und Spieler des FC Bayern München zeigen sich vor dem Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League bei Juventus Turin (Di., 20.45 Uhr im LIVETICKER) gelassen und optimistisch. Das Diskussionsthema der Woche ist für Pep Guardiola und seinen Kapitän keines, das Schlagwort Barcelona dafür aber umso mehr.

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In München träumt man noch von ihr, von dieser Nacht in Wembley. Der FC Bayern hatte den Cup gewonnen, den Thron erklommen, der Arjen hatte es gemacht. Sie besingen diesen Moment in der Südkürve Woche für Woche, den Champions-League-Triumph von 2013, die Wiedergutmachung für das verlorene Finale Dahoam im Jahr davor, das bayerische Titel-Highlight der letzten Jahre.

Dass man auf dem Weg dahin im Viertelfinale Juventus Turin zweimal mit 2:0 bezwang, daran erinnern sich die Münchner gern. Bei Juventus sieht das selbstverständlich anders aus. "Wir haben viel mehr Selbstbewusstsein als damals. Außerdem wissen wir mehr über die Bayern", sagte Gianluigi Buffon auf der Pressekonferenz vor dem Achtelfinal-Hinspiel am Dienstag.

Seit der letzten Partie gegen den Rekordmeister hat die Alte Dame in der Königsklasse kein Heimspiel mehr verloren. Ist das bevorstehende Duell also eine Revanche für das Ausscheiden vor drei Jahren? Diesen Spielcharakter nimmt man in Turin zweifellos gerne an.

Keine Spur von Anspannung

Als Philipp Lahm und Arjen Robben am Montagabend durch die Tür zum Pressekonferenz-Raum des Juventus Stadium kamen und sich zum Podium bewegten, schienen ihre Gesichter bereits alles Wesentliche zu sagen. Beide strahlten vor sich hin, vor allem Bayerns Kapitän schien sein maßgeschneidertes Sakko, das er stolz zurechtzupfte, sehr zu gefallen. Keine Spur von Anspannung, vielmehr konnte Lahm noch über sein bevorstehendes Jubiläum witzeln. Er steht vor seinem 100. Champions-League-Spiel.

Das Duo war auf die Fragen zur vermeintlichen Problemzone Abwehrkette vorbereitet, Robben und Lahm antworteten erwartungsgemäß zurückhaltend: "Der Trainer wird die beste Elf aufstellen" und "Es gibt mehrere Optionen", lauteten die Statements der beiden Leistungsträger: "Man kann als Mannschaft alles verteidigen."

Guardiola, der Serdar Tasci quasi aus der Startformation herausredete, ging etwas präziser auf die Kader-Konstellation ein: "Wir haben derzeit keine Innenverteidiger, so einfach ist es", gab der Coach entspannt zu - nur, um mit dem nächsten Satz auf das für ihn wesentlich wichtigere Thema zu lenken: "Wir wollen Tore erzielen."

Trauma wird noch verarbeitet

Plötzlich hatte Pep wieder dieses für ihn wohl mit Abstand bitterste Spiel der beiden vergangenen Jahre vor Augen: Die 0:3-Niederlage im Halbfinal-Hinspiel der letzten Saison in Barcelona.

Keiner hatte ihn explizit darauf angesprochen. Der Bayern-Coach leitete das Gespräch eigenständig in diese Richtung. Er weiß, dass er in der Öffentlichkeit auch am Titel in der Champions League gemessen wird, auch wenn er andere Maßstäbe in der Bewertung seiner Arbeit anlegt.

"Dieses Jahr haben wir - im Gegensatz zum letzten Jahr gegen Barcelona - viele Spieler, die stark im Eins-gegen-eins sind. Vielleicht sind wir dieses Jahr in der Abwehr nicht so gut, aber in der Offensive sind wir besser", so Guardiola. Es wirkte jedoch nicht, als spreche sich der Katalane Mut zu. Vielmehr waren seine Worte von großer Entschlossenheit geprägt.

Die CL-Statistiken in der Saison 2015/16 von Juventus und Bayern

Allegri kündigt Spektakel an

Bevor er aber zu sehr abdriftete, widmete sich der akribische Trainer wieder dem Gegner. Er erwarte hohes Pressing, das es zu umspielen gelte. Juventus sei eines der schwersten Lose, das man ziehen konnte. Und vor Massimo Allegri zog er den Hut.

Der bestätigte kurz darauf Teile seiner Anfangsformation: Mandzukic und Khedira sind definitiv dabei. "Sie sind in einer guten Verfassung. Unsere Spieler sind bereit, eine großartige Leistung zu bringen", war sich Juves Coach sicher.

Inwiefern die Taktik letztlich eine Rolle spielen würde, vermochte der Italiener nicht zu sagen. An Highlights werde es dem Spiel allerdings nicht mangeln, darauf legte sich Allegri fest: "Ich glaube, es ist unwahrscheinlich, dass das morgige Spiel mit einem 0:0 endet. Ich rechne mit vielen Toren."

Omen von 2013 - Ansporn von 2015

Bei den Bayern hofft man, dass die - wie in den jüngsten direkten Vergleichen - auf der richtigen Seite fallen: "Wir haben die letzten drei Spiele gegen Juve gewonnen. Es stimmt, dass wir gegen die italienische Nationalmannschaft immer wieder Probleme hatten, aber auf Vereinsebene sieht es anders aus. Ich hatte nur positive Erlebnisse gegen Juve", grinste Lahm.

Eine Revanche? Das ist aus Bayern-Sicht kein Thema. Siegt der FCB am Dienstag im Juventus Stadium, wird sich der eine oder andere gerne wieder an 2013 erinnern, als Turin den Weg zum großen Triumph bereitete und den Fans ihr so beliebtes Liedgut geschenkt wurde.

Nur Eines wollte Philipp Lahm dann doch noch gesagt haben - und auf einmal nahm sein Gesicht tatsächlich noch ernste Züge an: "Uns darf nicht passieren, was uns letztes Jahr in Barcelona passiert ist." Dort habe man aufgrund des Rückstandes den Kopf verloren und vergessen, dass es noch ein Rückspiel gibt. In Sachen Maßstäbe war der Kapitän damit voll bei seinem Trainer.

Juventus Turin - FC Bayern: Alle Infos zum Spiel