Real Madrids Heimschwäche
Am Samstag reichte es immerhin zu einem knappen 2:1-Sieg gegen Leganes. Wie der FC Bayern beim 4:1 gegen Eintracht Frankfurt schickten die Königlichen eine Mannschaft aufs Feld, die man nur mit viel Wohlwollen als B-Elf bezeichnen kann.
Ein Punktverlust wäre bei dieser Aufstellung noch zu erklären gewesen - und er war auch im Bereich des Möglichen. Generell ist das Estadio Santiago Bernabeu in dieser Saison keine uneinnehmbare Festung.
Die Königlichen spielen die schlechteste Heim-Saison seit der Spielzeit 1999/2000. Damals verlor Real Madrid in der CL-Zwischenrunde auch gegen den FC Bayern mit 2:4, allerdings gewann das Team auch das wichtigere K.o.-Spiel im Halbfinale damals mit 2:0. Der letzte Bayern-Sieg in Madrid liegt auch schon etwas länger zurück: 2001 schoss Giovane Elber den FCB zum 1:0-Sieg im Bernabeu.
Es braucht also schon eine historische Leistung, um den ersten Sieg in Madrid seit 17 Jahren einzufahren, aber die Bayern ziehen sich auch an Reals Heimschwäche in dieser Spielzeit hoch.
Gerade der 3:1-Sieg von Juventus im Rückspiel des Viertelfinals, der den Italienern aufgrund einer 0:3-Niederlage im Hinspiel allerdings nicht reichte, dient den Bayern als große Motivationshilfe. Wenn Juve das schafft, dann können wir das auch. So in etwa das Motto der Bayern.
Und wenn Mario Mandzukic zwei Tore in Madrid erzielen kann, dann kann das Robert Lewandowski doch auch. Oder?
Robert Lewandowskis Schuss Extra-Motivation
Als der FC Bayern letztmals die Champions League gewann, 2013 war das, stand Robert Lewandowski noch für den Gegner Borussia Dortmund auf dem Platz. Er erzielte damals keinen Treffer, während sein Gegenüber Mario Mandzukic zum 1:0 traf.
Zum ersten Mal seit seinem Wechsel vom BVB zum FC Bayern wird Lewandowski nun von einer breiteren Masse infrage gestellt. Ist er wirklich so gut, wie immer behauptet wird? Oder ist er gar nicht mal so gut wie Mandzukic?
"Lächerlich" nannte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Diskussion um den Polen. Und wie so oft, wenn es beim FC Bayern um Stürmerfragen geht, musste der legendäre Gerd Müller herhalten. Der habe schließlich auch mal schlechtere Phasen gehabt und acht bis zehn Spiele nicht getroffen.
Bei Lewandowski sind es aktuell "nur" fünf Champions-League-Spiele in Folge. Warum das den Bayern Hoffnung machen soll? Ganz einfach: Noch nie hatte der 29-Jährige eine längere Torlosserie im Trikot des FC Bayern in der Königsklasse. Es ist also an der Zeit, diesen Negativlauf zu durchbrechen. Und ein bisschen Extra-Motivation sollte nach der Kritik der letzten Tage auch dabei sein.
Jupp Heynckes hat in der Champions League immer das Finale erreicht
Bereits direkt nach dem Hinspiel strahlte Jupp Heynckes wieder großen Optimismus aus. Er habe im Europapokal schon so viel erlebt und wisse, dass man auch ein 1:2-Niederlage zuhause auswärts noch drehen könne.
Die Statistik weist für exakt dieses Ergebnis zwar etwas anderes aus - alle sieben Duelle in der Champions League, in denen die Heimmannschaft mit 1:2 verlor, gingen an den Rivalen -, aber Heynckes hat auf europäischer Ebene schon so viele Schlachten geschlagen, dass er natürlich nicht ganz falsch lag.
Vergangenen Mittwoch kramte Heynckes noch in seinem Gedächtnis, um eine Vorlage für die Aufholjagd zu liefern. Er lag zwar dabei geographisch etwas daneben, aber inhaltlich ging es zumindest in die richtige Richtung.
Die größte Wende unter Heynckes schaffte der FC Bayern gleich in dessen erster Saison als Trainer in München. 1988 hatte der FCB das Heimspiel gegen Inter Mailand mit 0:2 verloren, um dann im Rückspiel mit 3:1 zu gewinnen.
Und eine Besonderheit zeichnet den 72-Jährigen noch aus. Bei seinen drei Teilnahmen an der Champions League hat er immer das Finale erreicht (1998, 2012, 2013). Das schaffte kein anderer Trainer.
Allerdings ist einer auf dem Weg, diesen Rekord zu egalisieren: Zinedine Zidane.
Die Mentalität des FC Bayern München
Sandro Wagner setzte den Ton für die Aufgabe in München. "Das wird ein absolutes Mentalitätsspiel", sagte der Stürmer nach dem Sieg über Eintracht Frankfurt am Samstag. Der Nationalstürmer strahlte großen Willen, Entschlossenheit und Vorfreude aus auf die Aufgabe in Madrid.
Dieses Selbstvertrauen wird es auch brauchen, um gegen Real Madrid und die 81.000 Zuschauer (4000 davon Bayern-Fans) zu bestehen. Reals Trainer Zinedine Zidane hat das Spiel gegen die Bayern nämlich zum "Spiel des Jahres" erhoben und von den Fans totale Unterstützung gefordert.
Die Madrider Fans sind ähnlich wie die Münchener als Operettenpublikum verschrien, aber an großen Europapokalabenden kann es ein Faktor werden. Zidane hofft auf die Fans als zwölften Mann.
Das ganze Stadion gegen dich? "Etwas Schöneres gibt es nicht", hätte Oliver Kahn wohl gesagt. Und diese erfahrene Bayern-Mannschaft dürfte sich von der Kulisse nicht beeindrucken lassen. Immerhin war sie in dieser Saison auch schon in Glasgow, Istanbul und Sevilla.
An der nötigen Mentalität mangelt es ohnehin nicht. Ein Team, das sechs Meistertitel aneinanderreiht und auch in Spielen gegen vermeintlich kleinere Teams immer den Hunger auf Erfolg ausgestrahlt hat, wird auch in Madrid mit großer Gier auftreten.
Die linke Seite des FC Bayern mit Franck Ribery und David Alaba
Die Effizienz war ein großes Thema nach dem Hinspiel in München. Die Bayern hatten genügend Chancen, um das Spiel zu gewinnen, vor allem über die linke Seite drohte Real immer wieder Gefahr. Franck Ribery machte in der zweiten Hälfte ein starkes Spiel, blieb im Abschluss aber zu ungenau.
Dennoch könnte der Franzose erneut ein Schlüssel in der Offensive sein. Mit David Alaba kehrt sein kongenialer Partner voraussichtlich in die Startelf zurück und bei Real fehlt mit Daniel Carvajal der etatmäßige Rechtsverteidiger verletzt.
Vermutlich wird Lucas Vazquez den ehemaligen Leverkusener hinten rechts ersetzen. Der Spanier übernahm diese Rolle schon in München, als Carvajal in der 67. Minute ausgewechselt werden musste. Ein Verteidiger ist er aber nicht, das könnte den Bayern Räume eröffnen und Ribery in den Eins-gegen-eins-Duellen einen Vorteil bringen.
Die Erfahrungen aus dem Vorjahr
Auch in der Saison unter Carlo Ancelotti ging das Heimspiel mit 1:2 verloren und die Bayern reisten scheinbar aussichtslos nach Madrid. Auf dem Platz stand eine Versehrten-Elf, in der Jerome Boateng, Mats Hummels und Robert Lewandowski nicht bei 100 Prozent waren und sich Manuel Neuer später den Mittelfuß brach. Trotzdem reichte es nach 90 Minuten für ein 2:1.
Was dann passierte, bezeichnete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge als "Beschiss". Ein falscher Platzverweis gegen Arturo Vidal und zwei Abseitstore besiegelten das Aus des FC Bayern und das Ende der internationalen Karrieren von Philipp Lahm und Xabi Alonso.
Auch in dieser Spielzeit stehen die personellen Vorzeichen nicht sonderlich gut. Mit Boateng, Vidal, Neuer, Kingsley Coman und Arjen Robben fehlen den Münchnern erneut wichtige Stützen im Team, aber insgesamt scheint die Form etwas besser zu sein als im Vorjahr. Und wenn damals schon ein Sieg nach 90 Minuten drin war, wer weiß, was am Dienstagabend möglich sein kann.
Real Madrid vs. FC Bayern: die Bilanz der jüngsten Spiele
Wettbewerb | Datum | Heim | Auswärts | Ergebnis |
Champions League | 26.04.2018 | FC Bayern | Real Madrid | 1:2 |
Champions League | 18.04.2017 | Real Madrid | FC Bayern | 4:2 n.V. |
Champions League | 12.04.2017 | FC Bayern | Real Madrid | 1:2 |
Champions League | 29.04.2014 | FC Bayern | Real Madrid | 0:4 |
Champions League | 23.04.2014 | Real Madrid | FC Bayern | 1:0 |
Champions League | 25.04.2012 | Real Madrid | FC Bayern | 3:4 n.E. |
Champions League | 17.04.2012 | FC Bayern | Real Madrid | 2:1 |