SPOX: Sie haben nach Ihrer Rückkehr Köln als Lebensmittelpunkt gewählt. Warum?
Broich: Die Stadt ist einfach lässig. Ich mag, dass die Leute hier so gleich sind. Es gibt keine Schickeria, du kommst mit jedem leicht ins Gespräch. Für mich war klar, dass ich hierher zurückkommen würde.
SPOX: Zu Ihrer aktiven Zeit haben Sie in Köln aber nicht richtig Fuß gefasst.
Broich: Es war immer turbulent, das Umfeld, die Medien, die Fans - das ist hier extrem. Es lief beruflich mit Ausnahme des Aufstiegsjahres eher unterdurchschnittlich. Trotz allem hat es die Stadt geschafft, dass ich mich hier unfassbar wohl gefühlt habe. Dann ist es deine Stadt.
1. FC Köln und Brisbane Roar im Aufmerksamkeitsvergleich
SPOX: Werden Sie noch oft auf der Straße angesprochen?
Broich: Es passiert hin und wieder, dass mich jemand erkennt, weil ich für den Effzeh gespielt habe, oder jemand sogar meine Geschichte weiterverfolgt hat. Aber das ist dann immer sehr nett und nicht vergleichbar mit der Zeit als Spieler hier. Ich hatte das die letzten Jahre in Brisbane aber auch schon.
SPOX: Weil Fußball nicht den hohen Stellenwert hat oder weil es dort nicht so einen Starkult gibt?
Broich: Beides. Die Rugby-, AFL- oder Cricketspieler waren große Stars, das ist mit Fußball nicht zu vergleichen. Aber selbst die hatten ein chilliges Leben. Die Australier nehmen Niederlagen nicht so krumm. Es gibt nicht diese Fankultur. Sprüche wie "Du bist unwürdig, unser Trikot zu tragen" oder "Scheiß Millionäre" gibt es dort nicht.
SPOX: Spielt die Wertschätzung dieser Freiheit beim Gedanken an eine Trainerkarriere eine Rolle?
Broich: Ich denke darüber nach, aber es wäre nicht gut, sich davon abhalten zu lassen. Die Leidenschaft ist da größer als die Bedenken.
Trainer sind Pädagogen, Psychologen, Diplomaten, Schauspieler...
SPOX: Trotzdem beobachten Sie das Verhalten von Trainern in der Öffentlichkeit.
Broich: Natürlich nehme ich das wahr und versuche, meine Schlüsse daraus zu ziehen. Ich habe riesigen Respekt vor den Leuten. Sie müssen unfassbar viel können. Du musst in der Öffentlichkeit souverän auftreten. Nach innen zur Mannschaft musst du glaubwürdig, kompetent und mitreißend sein. Die Kommunikation mit dem Vorstand ist noch einmal besonders. Und dann haben wir noch nicht über das Fachliche gesprochen. Ein Trainer ist Pädagoge, Psychologe, Diplomat, Schauspieler und Taktikexperte zugleich.
SPOX: Wie sieht derzeit Ihr Alltag aus?
Broich: Mein Kumpel Jerome Polenz und ich bringen jetzt eine kleine Taktikshow bei DAZN an den Start. Momentan schaue ich für unser Projekt Tag und Nacht Fußballspiele, ich studiere, analysiere und konzipiere. Dazu kommentiere ich für die DFL Spiele auf Englisch für den weltweiten Markt. Wenn ich mich dafür auf ein Spiel vorbereite, muss ich auch Spiele schauen, Statistiken wälzen, Artikel lesen. Das befruchtet sich alles gegenseitig und ich bilde mich konstant weiter. Wenn ich einmal Trainer werde, schadet das sicher nicht.
Thomas Broich: Persönliche Erfolge
Auszeichnung | Jahr |
Fußballer des Jahrzehnts in der A-League | 2014 |
Johnny Warren Medal | 2012, 2014 |
Joe Marston Medal | 2014 |
PFA Team of the Year | 2011, 2012, 2014 |
SPOX: Über viele Trainer heißt es, sie hätten als Spieler schon diese Denke gehabt. War das bei Ihnen auch so?
Broich: Das kam mit dem Abgang von Postecoglou. Unser Mastermind war weg und wir wollten die Spielidee konservieren. Das erste Jahr war ein Reinfall, aber wir haben es geschafft, im Jahr darauf die alten Stärken zusammen im Kollektiv herauszukramen. Wir hatten einige clevere Spieler, die Bock hatten, Verantwortung zu übernehmen und einen coolen Trainer, der das sehr gut moderiert hat. Das war schon ein Vorgeschmack aufs Trainerdasein.
SPOX: Wie ist Ihr Plan für die nächsten Jahre?
Broich: Es gibt keinen konkreten Plan, eher eine Richtung. Wir haben jetzt die große Chance, diese Show machen zu dürfen. Ich habe da richtig Bock drauf, für anderes bleibt keine Luft. Wir arbeiten jeden Tag in Zehn-Stunden-Schichten. Natürlich steht der Wunsch, Trainer zu werden, über allem. Aber das eilt nicht. Wenn ich zehn Jahre brauche, um alle Scheine zu machen, ist es in Ordnung.
SPOX: Haben Sie Angst, den Einstieg ins Trainergeschäft zu verpassen?
Broich: Es ist doch umso besser, je mehr ich mir drauf schaffe. Ich treffe mich gerade mit vielen Leuten und lasse mir ihre Idee vom Fußball erklären. Jeder hatte andere Trainer, andere Erfahrungen. Robert Huth lacht über Ballbesitzfußball. Leicester ist komplett ohne Ball Meister geworden. Ich dagegen bin näher am Ballbesitzfußball a la Guardiola. Beides führt zu Erfolg. Dazwischen gibt es 50 andere Ideen. Daraus muss ich mir eine funktionierende Philosophie zusammenpuzzlen. Wenn ich inhaltlich gut aufgestellt bin, werde ich am Ende schon etwas Spannendes machen.