"Ich hab geträumt von Dir, von unsrer Wembley-Nacht. Wir haben den Cup gewonnen, den Thron erklommen, der Arjen hat's gemacht", schallte es um 21.15 Uhr von der Südtribüne angestimmt durch die Allianz Arena.
Zeilen, melodisch angelehnt an den einstigen Schlagerhit von Matthias Reim, die sich nach dem Gewinn der Champions League vor fünfeinhalb Jahren im altehrwürdigen Londoner Stadion gegen Borussia Dortmund etabliert haben. Arjen Robben hatte das damals siegbringende 2:1 kurz vor Schluss erzielt und sich spätestens damit ein Denkmal in der bayrischen Landeshauptstadt gesetzt.
Was hatte die traditionell einzige Gruppe an echten Stimmungsmachern im Fröttmaninger Rund dazu animiert, dem Niederländer an diesem grauen, frostigen Novemberabend schon eine Viertelstunde nach Anpfiff mit ebenjenen nostalgischen Zeilen zu huldigen?
Arjen Robben mit dem "Robben-Move" gegen Benfica
Robben hatte es wieder einmal getan, nach einer gefühlten Ewigkeit: Der Routinier, der zuletzt gemeinsam mit einigen anderen Arrivierten, allen voran Franck Ribery, von vielen Experten als Gesicht der Bayern-Krise ausgemacht wurde, startete sein Dribbling an der rechten Seitenauslinie, narrte (mit etwas Glück) gleich drei Lissaboner Widersacher, um wenige Sekunden später einen satten Schuss mit dem linken Fuß im langen Kreuzeck unterzubringen.
Der "Robben-Move", wie das tempogespickte Dribbling von rechts in die Mitte bisweilen genannt wird, avancierte zum vielzitierten Brustlöser. Diese unwiderstehliche Komposition aus Geschwindigkeit, technischer Finesse und platziertem Abschluss, die immer wieder als "kaum zu verteidigen" deklariert wurde, durfte zuletzt in München immer seltener bestaunt werden. An diesem Abend - als hätte der 34-jährige die vergangenen Monate nur auf das Duell mit Benfica gewartet, um seine legendäre Bewegung aus der Mottenkiste zu kramen - sorgte Robben gleich doppelt für Furore.
17 Minuten nach seinem ersten Streich wurde er von Thomas Müller auf die Reise geschickt, bekam es diesmal "nur" mit einem Verteidiger, namentlich German Conti, zutun, zog abermals nach innen, fintierte kurz und setzte die Kugel unhaltbar ins kurze Eck. Viele dürften sich an die guten, alten Bayern-Zeiten erinnert gefühlt haben, als solche Szenen quasi wöchentlich gang und gäbe waren.
Auch Franck Ribery trifft gegen "Sparringspartner" Benfica
Spätestens, als der andere vielgescholtene Oldie, Ribery, sich dann ebenfalls noch für seine engagierte Leistung belohnte, den 5:1-Endstand besorgte, hatten diejenigen, die es mit dem Rekordmeister halten und dieser Tage schwermütig an die erfolgreiche Vergangenheit denken, wohl ein temporäres Deja-vu-Erlebnis.
Nun sollte man jedoch anmerken, dass der Gegner nun wahrlich nicht viel entgegenzusetzen hatte, mehr als Sparringspartner denn ernstzunehmender Königsklassen-Konkurrent diente. Mit Hinblick auf die Verfassung des derzeit wankenden deutschen Riesen und die damit verbundene Diskussion rund um Trainer Niko Kovac, lediglich ein Sieg, der die Gemüter an der Säbener Straße vorerst etwas beruhigt. Zumindest für ein paar Tage.
Arjen Robben: "So ein Abend macht natürlich Spaß"
Dementsprechend ging Robben auch zunächst auf seinen umstrittenen Coach ein, als er mit silbernem Alurollkoffer vor die Journalisten in der Mixed Zone trat: "Ich habe mich heute insbesondere für unseren Trainer gefreut. Als Mensch. Das hat er sich richtig verdient", sagte der Mann des Spiels und schob nach: "Ich hoffe, dass wir so weitermachen." Erst im Anschluss widmete er sich seiner eigenen Darbietung: "Ich fühle mich gut, das war heute ein schönes Spiel. So ein Abend macht natürlich Spaß."
Robben wusste die Leistung allerdings auch sportlich einzuordnen, wurde hinsichtlich der noch anstehenden Spiele, die wöchentlich auf dem Prüfstand stehen werden, über die Zukunft seines Klubs in der laufenden Saison entscheiden, deutlich: "Das war jetzt ein Spiel, jetzt ist erstmal Ruhe. Aber, wenn wir am Samstag nicht gewinnen (in Bremen, 15.30 Uhr im LIVETICKER), dann ist wieder Unruhe. So ein Abend hilft natürlich weiter, aber wir müssen das jetzt in den kommenden Wochen bestätigen."
Damit sprach er für die Mannschaft, in der eine "gute Atmosphäre" herrsche, wie Robben klarstellte, aber auch für sich selbst. Denn tatsächlich täuscht eine ordentliche Vorstellung gegen erschreckend schwache Portugiesen mitnichten über die Defizite hinweg, die beim FCB und eben auch beim in die Jahre gekommenen Rechtsaußen nach wie vor präsent sind. Offensichtliche Baustellen, an gleich mehreren Fronten, die in den vergangenen Tagen und Wochen rauf und runter diskutiert wurden.
Die Mittel, die bei der Bewältigung der aktuellen Notlage helfen sollen, seien "Größe zeigen, zusammen aufstehen und weitergehen", erklärte Robben abschließend. Er selbst ging an diesem grauen, frostigen Novemberabend voran, machte mehrere kleine, dynamische Schritte in die richtige Richtung und ließ seinem klassischen "Signature-Move" zwei sehenswerte Tore folgen. So wie vor nicht allzu langer Zeit, in der langen, glorreichen Ära, von der bayrische Fußball-Nostalgiker am Dienstag kurz träumen durften.