FC Chelsea: Eine Wiedergeburt, zwei Ex-Dortmunder vor dem Aus - die kontroverse Situation bei den Blues vor dem BVB-Duell

Von Tim Ursinus
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Nach der großen Transferoffensive im Sommer und Winter ist der FC Chelsea eine der größten Wundertüten in dieser Saison. In der Liga läuft es mehr als schleppend, in der Champions League stehen die Blues aber im Achtelfinale - und da wartet der BVB. Drei Personalien beschreiben die kontroverse Situation beim Klub aus London ziemlich treffend. Darunter ausgerechnet zwei ehemalige Dortmunder und eine lange nicht für möglich gehaltene Wiedergeburt.

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Jeweils über 300 Millionen Euro gab der FC Chelsea im Sommer und Winter für Transfers aus, die Ausgaben für die Saison 2022/23 belaufen sich auf unglaubliche 611,49 Millionen Euro. Die Bilanz fällt mit 543,66 Millionen Euro entsprechend negativ aus. Die Ergebnisse haben sich seither allerdings nicht wirklich verbessert - dafür muss Trainer Graham Potter einen völlig überfüllten Kader betreuen.

Das hat eine hochkarätige Streichliste für den Sommer zur Folge: Auf dieser stehen dem Vernehmen nach auch zwei ehemalige Dortmunder, die der BVB beim Achtelfinal-Hinspiel der Champions League am Mittwoch (21 Uhr im Liveticker) nicht zu Gesicht bekommen wird - denn beide werden aus unterschiedlichen Gründen nicht im Kader stehen.

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FC Chelsea: Die Situation von Pierre-Emerick Aubameyang

Pierre-Emerick Aubameyang kehrte im Sommer in die Premier League zurück, weil der FC Barcelona nach der Verpflichtung von Robert Lewandowski keinen Bedarf mehr für den Stürmer hatte. Doch auch beim FC Chelsea spielt er spätestens seit Potters Übernahme höchstens noch eine Nebenrolle - selbst von der berühmten "zweiten Geige" kann nicht mehr die Rede sein.

Seit November steht er nur noch sporadisch im Kader der Blues, für die entscheidende Phase der Champions League wurde er ob der vielen neuen Gesichter gar nicht erst nominiert. Stattdessen setzte Potter zuletzt auf Kai Havertz oder Leihgabe João Félix in der Spitze. "Ich habe nichts gegen ihn. Ich verstehe seine Enttäuschung, aber ich habe die Verantwortung, solche Entscheidungen zu treffen und sie dem Spieler mitzuteilen", sagte der Blues-Trainer neulich über Aubameyangs verkorkste Situation.

Die Spekulationen über eine Flucht im Winter wurden schnell angeheizt, eine Einigung mit einem anderen Klub aus Europa blieb jedoch aus. Nach Schließung des Transferfensters war ein Wechsel in die USA die wohl letzte ernsthafte Option für den Gabuner, doch das hat sich wohl ebenfalls erledigt.

Obwohl die Modalitäten mit dem Los Angeles FC bereits geklärt waren, ist eine Leihe bis zum Sommer laut Telegraph schon wieder vom Tisch. Demnach hat der 33-Jährige wohl kein Interesse an einem Engagement in Übersee. Das angebliche Argument: Die MLS ist für ihn nicht attraktiv genug.

Allerdings ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass Aubameyang in der Rückrunde überhaupt nochmal eine Minute im Chelsea-Trikot absolvieren wird. Auch bei den vergangenen beiden Partien in der Premier League (0:0 gegen Fulham, 1:1 bei West Ham United) gehörte der einstige BVB-Torjäger (2013 bis 2018) nicht zum Aufgebot des Tabellenneunten.

Auch ein Wechsel in die Türkei ist nicht mehr möglich, das Transferfenster machte am 8. Februar dicht. Somit muss Aubameyang wohl noch bis Sommer zwischen Bank und Tribüne von Chelsea wandern, ehe er sich einen neuen Verein suchen kann. Dann geht er in sein letztes Vertragsjahr.

Als mögliche Abnehmer werden derzeit Atlético Madrid und AC Milan gehandelt, auch der FC Barcelona soll angeblich wieder über den 33-Jährigen nachdenken. In jedem Fall ist klar: Nach seinem Aus beim FC Arsenal droht der nächste unrühmliche Abschied von Aubameyang aus London.

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FC Chelsea: Die Situation von Christian Pulisic

Rund drei Jahre nach seinem Wechsel aus Dortmund für 64 Millionen Euro neigt sich die Zeit von Christian Pulisic beim FC Chelsea ihrem Ende. Schon vor seiner schweren Verletzung (nicht näher bekannte Knieprobleme), die ihn laut Potter "mehrere Monate" außer Gefecht setzen wird, hatte der US-Amerikaner unregelmäßig gespielt.

Das war bereits unter Potters Vorgänger Thomas Tuchel der Fall, seine Leistungen aus der glorreichen BVB-Zeit hatte er in London nie konstant abrufen können. In wettbewerbsübergreifend 136 Pflichtspielen gelangen ihm lediglich 26 Treffer und 21 Assists.

Pulisics Varer meckerte ob der mangelnden Spielzeit seines Filius in der Vergangenheit bereits mehrfach. "Das Traurige ist, dass er diesen Verein, seine Mannschaftskameraden und London liebt... Er ist mit Leib und Seele ein Profi", schrieb er beispielsweise im Sommer bei Twitter, nur um den Tweet wenig später wieder zu löschen. Da war es allerdings schon zu spät, die in vielen Augen versteckte Kritik am damaligen Coach Tuchel sorgte für mächtig Wirbel in England.

Nach den Verpflichtungen der Flügelspieler Raheem Sterling (56,2 Mio. Euro plus Boni) im Sommer sowie Mykhaylo Mudryk (70 Mio. Euro plus Boni) und Noni Madueke (35 Mio. Euro plus Boni) hat sich die Situation von Pulisic weiter verschlechtert. Wenig überraschend hatte schon im Winter ein Abschied zur Debatte gestanden, die Verletzung machte dem aber einen Strich durch die Rechnung.

Laut ESPN steht der 24-Jährige, der bei der Weltmeisterschaft in Katar noch mit einem Treffer und zwei Assists für die USA geglänzt hatte, nun ganz oben auf der Streichliste für den Sommer. Da sein Vertrag 2024 ausläuft, dürfte Pulisic auch deutlich günstiger sein als noch 2019. Der Umkehrschluss: Chelsea droht ein gewaltiges Verlustgeschäft.

Im Winter sollen angeblich Manchester und Newcastle United ihre Fühler nach Pulisic ausgestreckt haben. Auch dem FC Arsenal, Juventus Turin, der AC Milan und Galatasaray Istanbul wurde in den vergangenen Monaten Interesse nachgesagt. Ein anderes Gerücht lässt das Fußballromantiker-Herz jedoch höher schlagen.

Wie die Bild Ende des vergangenen Jahres berichtete, kann sich Pulisic eine Rückkehr zu Borussia Dortmund vorstellen. Angesichts seiner Leidenszeit in London wäre er womöglich auch dazu bereit, auf große Teile seines Gehalts (zehn Millionen Euro) zu verzichten. Auch Liverpool-Legende Jamie Carragher brachte schon eine BVB-Rückkehr ins Spiel. Demnach solle er angesichts seiner stagnierenden Entwicklung zu "100 Prozent" über einen Wechsel nachdenken.

Fraglich ist aber, ob Borussia Dortmund überhaupt Interesse an einer Rückholaktion hat. Mit Jamie Bynoe-Gittens hat Schwarz-Gelb nach Jadon Sancho und Pulisic das nächste Talent in seinen Reihen, das auf den Flügeln beheimatet ist. Zudem stehen noch Gio Reyna, Karim Adeyemi, Donyell Malen, Marco Reus und der zuletzt bärenstarke Julian Brandt für die Offensive zur Verfügung.

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FC Chelsea: Die Wiedergeburt des Rekord-Torhüters

Dass es auch ganz anders laufen kann und nicht immer frischen Wind in Form von teuren Transfers braucht, zeigt die derzeitige Torhüter-Situation beim FC Chelsea: Kepa Arrizabalaga ist plötzlich wieder die Nummer eins im Tor, dabei schien das vor einigen Monaten noch völlig undenkbar. Nach üblen Patzern, einem faustdicken Eklat, heftiger Medienschelte und der schließlichen Degradierung hat sich der 28-Jährige zurückgekämpft.

Chelsea hatte Kepa 2018 durch die Ablösesumme von 80 Millionen Euro zum teuersten Torhüter der Welt gemacht. Eine Bürde, an der er lange zu knabbern hatte. Durch die Verpflichtung von Edouard Mendy 2020 verlor der Spanier seinen Stammplatz endgültig. Zu allem Überfluss hatte Mendy noch großen Anteil am Champions-League-Triumph 2021 und erhielt letztlich die Auszeichnung als FIFA-Welttorhüter.

Kepas Tiefpunkt während seiner ersten Periode als Nummer eins ereignete sich im Carabao Cup 2019, als er im Finale seine Auswechslung vor dem Elfmeterschießen verweigerte und dem völlig verdutzten Ex-Chelsea-Coach Maurizio Sarri die Autorität nahm. Nach dessen Entlassung lief es auch unter Nachfolger Frank Lampard, der sogar zum Teil auf den damals knapp 40-jährigen Willy Caballero setzte, nicht.

Unter Tuchel wurden seine Spielminuten noch weniger. Im Finale des Carabao Cups 2022 gegen den FC Liverpool kam es zum nächsten Nackenschlag, nachdem er kurz vor dem Elfmeterschießen eingewechselt worden war und keinen Schuss hielt. Doppelt bitter: Kepa verschoss auch noch den entscheidenden Elfmeter als elfter Schütze.

Im Sommer sollte das Missverständnis beendet werden, doch die Blues fanden keinen Abnehmer für Kepa, der noch immer zu den Top-Verdienern gehört. Doch das Blatt hat sich gewendet! Kurz nach Potters Ankunft kehrte Kepa zwischen die Pfosten zurück. Zunächst profitierte er von einer Verletzung von Mendy, ehe er auch endlich sportlich zu überzeugen wusste.

Mit Kepa blieb Chelsea im Oktober fünf Spiele in Serie ohne Niederlage, beim 2:0-Sieg gegen Aston Villa wehrte er sieben Schüsse ab - das gelang zuvor keinem anderen spanischen Keeper. Potter adelte ihn mit dem Prädikat "Weltklasse". Er sei ein "tolles Beispiel für jeden, dass es manchmal nicht so läuft, wie man es gerne hätte. Manchmal musst du im Leben leiden, aber ich muss sagen, ich bin sehr beeindruckt von seinem Charakter und seiner Persönlichkeit."

Mit Ausnahme von zwei Spielen kurz vor der WM, als Mendy sich von seiner Verletzung erholt hatte (Chelsea verlor zweimal), hütete Kepa das Tor der Blues seither in jedem Spiel. An den schwachen Ergebnissen seines Teams hat er wohl den geringsten Anteil. Und Mendy? Der fehlt erneut verletzt und soll laut der Sun sogar ebenfalls auf besagter Streichliste stehen.

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FC Chelsea: Die letzten fünf Spiele

DatumWettbewerbGegmerErgebnis
12. JanuarPremier LeagueFC Fulham (A)1:2
15. JanuarPremier LeagueCrystal Palace (H)1:0
21. JanuarPremier LeagueFC Liverpool (A)0:0
3. FebruarPremier LeagueFC Fulham (H)0:0
11. FebruarPremier LeagueWest Ham United (A)1:1