Die Nationalmannschafts-Karriere von Torsten Frings ist nach einem Machtwort von Joachim Löw beendet. Am Mittwoch reiste der Bundestrainer mit seinem Assistenten Hansi Flick nach Bremen, um dem Werder-Kapitän im noblen Parkhotel die schon lange erwartete, aber dennoch bittere Nachricht zu überbringen.
"Dieser Schritt kommt für mich jetzt nicht völlig überraschend. Damit musste ich ja rechnen, wenn man alle Vorzeichen gesehen hat. Mir bleibt nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren, auch wenn ich völlig anderer Meinung bin als Joachim Löw", sagte Frings.
"Junge Spieler ans Spitzenniveau heranführen"
Aus Löws Erklärungen wird klar, dass der Nachwuchs dem Routinier nach Meinung des Bundestrainers mittlerweile den Rang abgelaufen hat. "Wir haben in unserem erweiterten Kader viele junge Spieler, die unsere Anforderungen erfüllen und die sehr gute Perspektiven über die WM 2010 hinaus haben. Gerade jüngere Spieler wollen wir jetzt an das internationale Spitzenniveau heranführen, weil wir von ihnen überzeugt sind und für ihre sportliche Weiterentwicklung eine große Verantwortung tragen", sagte Löw: "Wir können seine Enttäuschung über unsere Meinung verstehen. Doch wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht."
Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff bezeichnete Frings als "verdienten Nationalspieler", der "viel für unser Team geleistet" habe. "Daher war es Joachim Löw und Hansi Flick auch wichtig, ihm in einem persönlichen Gespräch seine Situation und ihre WM-Planungen zu erläutern", sagte Bierhoff.
Frings, der sein 79. und damit letztes Länderspiel am 9. Februar in Düsseldorf gegen Norwegen (0:1) absolviert hatte, hält die Entscheidung des Bundestrainers, mit dem er seit geraumer Zeit über Kreuz liegt, für falsch. "Ich glaube, dass ich immer noch das Potenzial habe, starke Leistungen bei einer WM abzuliefern. Und ich werde das weiterhin in der Bundesliga unter Beweis stellen", sagte er mit Verbitterung in der Stimme.
Auch wenn er nicht mehr an eine Nominierung für die WM-Endrunde 2010 in Südafrika geglaubt hatte, hätte den Mittelfeldspieler eine Einladung zum Leistungstest der DFB-Auswahl in der kommenden Woche in Stuttgart gefreut. Einen Tag, bevor Löw seine Kandidaten für den Fitnesstest bekannt gab, schenkte er aber nun Frings reinen Wein ein.
Zweifel an der Fitness
Löw hatte bislang stets betont, dass Frings im Hinblick auf Südafrika nicht abgeschrieben sei, hatte aber Zweifel geäußert, ob der Mittelfeldspieler die körperliche Fitness habe, das WM-Turnier durchzustehen. Der Vizeweltmeister von 2002, Vizeeuropameister von 2008 und WM-Dritte von 2006 hatte dagegen Vermutungen geäußert, dass es "nicht allein sportliche Gründe" sein können, "die dazu führen, dass ich nicht mehr nominiert werde". Es müssten "andere Dinge" ausschlaggebend sein.
Nach den Länderspielen gegen Russland (2:1) und Wales (1:0) im Oktober 2008, bei denen er nicht für die Startelf berücksichtigt worden war, hatte Frings offen seinen Unmut gegenüber dem Bundestrainer geäußert, sich anschließend aber für seine öffentliche Kritik entschuldigt.
Allofs: "Enttäuschend"
Bei Werder Bremen hat man kein Verständnis für Löws Personalplanungen. "Das ist eine enttäuschende Entscheidung des Bundestrainers. Schade, dass unser Kapitän nicht die Möglichkeit bekommt, die WM zu spielen", sagte Bremens Sportchef Klaus Allofs. Er fügt an: "Für uns ist und bleibt Torsten Frings ein entscheidender Spieler, der gerade aufgrund seiner großen internationalen Erfahrung sicher auch weiterhin eine wichtige Rolle für die Nationalmannschaft spielen könnte. Aber Löw ist der sportlich Verantwortliche, und wir müssen seine Entscheidungen akzeptieren."
Torsten Frings war neun Jahre in der DFB-Auswahl aktiv und erzielte in seinen 79 Länderspielen 10 Tore. Der frühere Münchner und Dortmunder debütierte am 27. Februar 2001 im Länderspiel gegen Frankreich (0:1).
Mit der Nationalmannschaft wurde er 2002 Vize-Weltmeister und holte bei der WM 2006 in Deutschland den 3. Platz. Bei seinem letzten großen Turnier, der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, stand er erneut im Endspiel und wurde Vize-Europameister.