Monatelange Planungen und die wochenlange Vorbereitung gipfeln endlich im ersten Spiel: Deutschland steigt am dritten Spieltag mit der Partie gegen Australien (20.15 Uhr im LIVE-TICKERund auf SKY) ins Turnier ein.
Auf dem Papier sind die Australier vielleicht der leichteste der drei Gruppengegner. Wirft man aber einen Blick auf die Spielweise der Socceroos wird schnell klar, dass da ein hartes Stück Arbeit auf die Mannschaft von Joachim Löw wartet.
"Australien hat in 27 Spielen 17 oder 18 Mal zu null gespielt. Wir müssen viel über außen und mit hohem Tempo spielen", fordert der Bundestrainer von seiner Mannschaft.
Ganz so einfach wird es allerdings nicht sein. SPOX erklärt die Australier und wie Deutschland sie knacken kann.
Australiens Grundformation: Die Aussies spielen wie Deutschland in einem 4-2-3-1. Die Viererkette mit den beiden Innenverteidigern Craig Moore und Lucas Neill und den Außen Luke Wilkshire (rechts) und Scott Chipperfield (links) ist robust und kopfballstark. Allerdings haben alle vier Defizite am Boden und in der Ballbehandlung.
Vor der Abwehr spielt Vince Grella einen reinen Ausputzer, quasi einen Libero vor der Abwehr. Sein Nebenmann Jason Culina interpretiert seine Rolle einen Hauch offensiver. Davor spielen Brett Emerton, Tim Cahill und Harry Kewell auf einer Linie. Einzige Spitze wird Joshua Kennedy sein.
Der WM-Kader Australiens
Australiens Defensivverhalten: "Safety first" lautet Pim Verbeeks Devise. Der Niederländer lässt so gar nicht niederländisch spielen, sondern rührt ungeniert Beton an. Wilkshire und Chipperfield sind im Prinzip reine Verteidiger, werden nur sehr selten offensiv.
Die Viererkette steht relativ eng mit den beiden defensiven Mittelfeldspielern zusammen, viel Platz bleibt da nicht. Dazu kommt, dass sich Emerton und Kewell bei Ballbesitz des Gegners schnell fallen lassen und eine zweite Viererkette vor der Abwehr bilden.
Auffällig ist dabei, dass beide zusätzlich in die Mitte drängen und im Zentrum dadurch die Räume so klein wie möglich halten. Cahill und Kennedy sind die ersten Störspieler, allerdings verzichtet Australien auf Forechecking oder penetrantes Pressing, sondern erwartet seine Gegner erst kurz vor der Mittellinie.
Australien lässt sich fast nie aus seiner Formation locken. Kontersituationen sind eine Seltenheit, weil immer mindestens sechs Feldspieler hinter dem Ball bleiben.
Australiens Offensivverhalten: Die große Schwäche der Socceroos. Die sehr defensive Ausrichtung und das dazugehörige Personal verhindern schnelles Umschalten. Vorne ist Kennedy meist isoliert, der Rest der Mannschaft 20, 25 Meter entfernt. Dem Ex-Nürnberger bleibt also nur die Option, den Ball lange zu behaupten, um seine Kollegen nachrücken zu lassen.
Die größte Gefahr dürfte von Tim Cahill ausgehen, der als eine Art verkappter Spielmacher oft aus der Tiefe kommt und entweder früh von einem der beiden defensiven Mittelfeldspieler Bastian Schweinsteiger oder Sami Khedira aufgenommen werden muss.
Eine Stärke der Australier sind die Standards. Moore und Neill kommen bei Ecken und Freistößen gerne mit nach vorne, Kennedy ist mit 1,94 Meter fast so groß wie Per Mertesacker.
Deutschlands gefährlichste Waffe: Eine hohe Laufbereitschaft wird der Schlüssel zum Erfolg sein. Deutschland muss die Australier in Bewegung bringen. Das Spiel ohne Ball wird der entscheidende Faktor werden gegen das starre Bollwerk.
Das gilt nicht nur für die Mittelfeldspieler, sondern insbesondere auch für Miroslav Klose. Als einzige Spitze muss der Münchener mit kurzen Diagonalläufen die kleinen Löcher reißen, in die die Außenspieler und Mesut Özil dann mit Tempo stoßen können.
Wie es nicht geht, haben die Franzosen am Freitag gezeigt. Der ballführende Spieler hatte maximal eine Anspielstation, seine notwendigen Optionen zwei, drei oder vier waren nicht existent - und somit auch kein Spielfluss und kein Druck.
Die deutsche Elf sollte große Einzelaktionen zunächst tunlichst vermeiden. Der Raum dafür ist zu begrenzt, nur schnelles Passspiel kann zwei oder drei Gegenspieler für einen entscheidenden Moment aus dem Spiel nehmen.
Über die Außen spielen: Im Zentrum wird die Luft verdammt eng werden. Durch die engen Abstände der Australier zwischen Abwehrkette und defensiven Mittelfeld wird es Mesut Özil schwer haben, in Grellas oder Culinas Rücken und damit in den kritischen Raum vor der Abwehr zu kommen.
Auf Schweinsteiger und Khedira kommt die wichtigste Aufgabe zu. Sie müssen das Spiel schnell und druckvoll verlagern, den Gegner damit ins Laufen und die Außen in Eins-gegen-eins-Situationen bringen. Deutschland braucht Breite in seinem Offensivspiel. Hier ist auch Geduld gefragt, lange Risikopässe in die Tiefe dürften sinnlos sein.
Der veränderte Spielstil der deutschen Mannschaft bringt viel Kurzpassspiel mit sich, das zumeist über Schweinsteiger und Khedira und dann Özil vorgetragen wird. Den Außen kommt anders als früher eigentlich nicht mehr die Rolle zu, eine Flanke nach der anderen in die Mitte zu feuern.
Lukas Podolski und Thomas Müller (oder Piotr Trochowski) müssen hartnäckig penetrieren, immer wieder den kurzen Sprint machen und den Doppelpass suchen, um in den Rücken der Außenverteidiger zu kommen.
Den Gegner müde spielen: Ein großer Faktor wird die körperliche Konstitution werden. Deutschland erscheint topfit - und kann von der Bank aus einem Spiel noch eine entscheidende Wendung geben. Cacau als hängende und aus der zweiten Reihe gefährliche Spitze ist immer eine Option.
Ganz besonders aber könnte Marko Marin eine tragende Rolle zukommen. Wenn die Australier mit zunehmender Spieldauer müder werden, sind es die Dribblings des Bremers, die den Unterschied machen können.
In Eins-gegen-eins-Situationen kann Marin die hüftsteifen Australier aufreiben, bis zur Grundlinie durchdringen oder Freistoßsituationen herausholen.