Es könnte auch das Endspiel sein, so klangvoll sind die Namen. Diese verrückte WM 2010 aber führt die ewigen Rivalen Deutschland und England schon in der Runde der letzten 16 zusammen.
Schon jetzt fiebern beide dem Achtelfinal-Kracher in Bloemfontein entgegen. Besonders in England ist die Zuversicht groß.
Dabei konnten die Three Lions im bisherigen Turnierverlauf noch nicht wirklich überzeugen. Anders als die deutsche Mannschaft. Und trotzdem spricht vor dem großen Spiel am Sonntag mehr für die Engländer. Eine Bestandsaufnahme.
So spielte Deutschland bisher: Deutschland erwischte einen Traumstart mit dem 4:0 gegen Australien. Die Welt-Presse war verzückt von der neuen deutschen Spielweise mit relativ unbekannten Spielern wie Thomas Müller, Mesut Özil oder Holger Badstuber.
Die Partie gegen Serbien war schon ein kleiner Rückschritt, auch wenn Deutschland da in Unterzahl kein großer Vorwurf zu machen war. Nur: Der Gegner war gut auf die deutschen Stärken eingestellt. Spielerisch immer noch gut anzuschauen, aber nicht mehr zielstrebig und entschlossen genug.
Das Endspiel gegen Ghana lähmte Kopf und Beine. Deutschland zeigte seine schwächste Turnierleistung, weil einige Leistungsträger nicht an ihre Normalform anknüpfen konnten. Immerhin rettete die junge Mannschaft das Ergebnis über die Zeit - und zeigte, wenn man so will, eine der alten deutschen Tugenden: dass ein Ergebnis verlässlich geliefert werden kann, wenn es benötigt wird.
Deutschlands Spiel definiert sich sehr über das spielerische Element. Joachim Löw hat seinen Kader so ausgerichtet, dass die Mannschaft immer in der Lage ist, druckvoll nach vorne zu spielen. Das Team hat die Vorgaben und Forderungen seines Trainers bisher zu großen Teilen erfüllt. Allerdings zeigt die Leistungskurve etwas nach unten. Zumindest die Tendenz spricht als für die Engländer.
So spielte England bisher: Fabio Capellos Mannschaft hat eine echte Achterbahnfahrt hinter sich. Der Auftakt gegen die USA war zumindest über weite Strecken noch halbwegs ansehnlich.
England kombinierte ordentlich, Frank Lampard und Steven Gerrard schienen sich langsam aufeinander einzuspielen. Rob Greens unglaublicher Patzer führte dann aber nicht nur zum Verlust von zwei Punkten, sondern verscheuchte das zarte Selbstbewusstsein der Three Lions quasi im Handstreich.
Blankes Entsetzen herrschte nach der trostlosen Nullnummer gegen Algerien. Nicht das Ergebnis, sondern die Art und Weise, wie sich das große England vom Underdog die Punkte klauen ließ, führte zu Grundsatzdebatten und ersten Weltuntergangsszenarien. Die Nerven lagen blank, Wayne Rooney legte sich unmittelbar nach dem Abpfiff mit den eigenen Fans an.
Vor dem Endspiel gegen Slowenien berichtete der englische Boulevard schließlich von einer Revolte von John Terry. Am Ende musste er sich aber für seinen Alleingang auf der Pressekonferenz entschuldigen, seine Mannschaftskollegen zogen nicht recht mit und Capello ging als Sieger hervor.
Der Italiener stellte gegen die Slowenen personell ein wenig um und wurde belohnt. Nach zögerlicher Startphase sahen die Fans ein anderes England, mutiger und bissiger.
Der Titelfavorit ist zwar längst noch nicht bei seiner vollen Leistungsstärke angekommen, zeigt aber immerhin aufsteigende Form. Vor allem körperlich wirken die Schlüsselspieler fitter als zu Turnierbeginn.
Das funktioniert schon gut: Das deutsche Passspiel durch die Mitte war der Schüssel in den beiden ersten Spielen. Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira harmonieren schon recht gut, auch wenn beide noch Potenzial nach oben haben und ihre Defensivaufgaben nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Mesut Özil ist der zentrale Punkt des deutschen Spiels. Der Bremer ist noch etwas zu sprunghaft in seinen Leistungen und steht damit stellvertretend für die gesamte Mannschaft. Aber er ist auch immer für Überraschungen gut. Ein Spieler, der für den Gegner kaum auszurechnen ist.
Manuel Neuer spielt bisher ein überzeugendes Turnier, wurde gegen Ghana endlich ausreichend gefordert und warmgeschossen. Der Schalker kann noch eine ganz zentrale Rolle einnehmen...
Englands Defensive lässt kaum Großchancen zu. Greens Fehlgriff ausgenommen, kassierten die Three Lions noch kein "echtes" Gegentor.
Glen Johnson auf der rechten Abwehrseite hatte schon einige starke Auftritte und macht vor allen Dingen in der Offensive mächtig Dampf über außen. Er müsste nur noch seine eingestreuten Abspielfehler abstellen.
Als Kollektiv funktioniert England zwar immer noch nicht, die überragenden Einzelspieler befinden sich aber auf dem Weg der Besserung.