Wie immer beantwortete Joachim Löw die unangenehme Frage mit der ihm eigenen Lässigkeit und Unaufgeregtheit.
Und trotzdem rutschte ihm inmitten seiner sehr diplomatischen Rede ein kleiner Nebensatz raus, der nun auch dem Letzten klarmachen dürfte: Nach den drei abschließenden Partien dieser Länderspielsaison wird die Ära Michael Ballack in der deutschen Nationalmannschaft endgültig enden.
Ballacks Ende im DFB-Team naht
"Wenn es nach den Länderspielen etwas mitzuteilen gibt - und das wird auch so sein - dann werden wir das umgehend machen", sagte Löw am Freitag bei der ersten Pressekonferenz vor der 13-tätigen Dienstreise, die ihn und seine Mannschaft nach Sinsheim, Wien und Baku, zuerst aber quasi nach Hause in die DFB-Zentrale nach Frankfurt führt.
Es waren die verletzungsbedingten Absagen von Bastian Schweinsteiger und Sven Bender, die Löw erst unter Zugzwang gebracht. Beide sind im defensiven Mittelfeld beheimatet.
Und da vorher schon klar war, dass der angeschlagene Sami Khedira nur unter sehr günstigen Voraussetzungen wird eingreifen können, entfachte schnell eine neuerliche - die gefühlte einhundertste - Diskussion um Ballack und dessen Fortbestand als Teil dieser deutschen Nationalmannschaft.
Löw rechtfertigt sich
Löw vertraut mittlerweile einer ganzen Reihe anderer Spieler mehr als seinem langjährigen Kapitän. Dass Ballack trotz der angespannten Personallage im defensiven Mittelfeld nachnominiert wird, galt von Anfang an als ausgeschlossen.
Den Vorwurf, er nominiere zwar den angeschlagenen Khedira, nicht aber den fitten Ballack, findet Löw unrechtmäßig. "Ich denke, wenn jemand vier Wochen pausiert, so wie Khedira, kann man nicht von einer langen Pause sprechen. Bei Michael Ballack ist dies anders", sagte Löw.
"Wir haben uns ausgesprochen und ich habe ihm gesagt, dass ich ihn für die drei anstehenden Länderspiele nicht nominieren werde. Wie es weitergehen wird, werden wir - wie bereits gesagt - zu einem anderen Zeitpunkt klären."
Verteidiger nachnominiert
Also umschiffte er die halbwegs spannende Frage nach der Alternative zu Ballack mit einer listigen Umstrukturierung - ohne einen weiteren Sechser nominieren zu müssen. Denn dann hätte er noch einen Mittelfeldspieler finden müssen, den er Michael Ballack vorzieht. Also durfte Benedikt Höwedes am Freitag zum Team stoßen.
Der Schalker, nach einer starken Saison einer der potenziellen Kandidaten für einen Platz in der Innenverteidigung, hofft auf sein Debüt bei der A-Nationalmannschaft. Allerdings wird Löw mit ihm eher nicht im Zentrum der Viererkette planen, sondern auf der Position des rechten Verteidigers.
Das hat dann zum einen den Vorteil, dass Christian Träsch frei wäre für eine der beiden Stellen im defensiven Mittelfeld - der Stuttgarter war im ursprünglichen Kader noch als Abwehrspieler gelistet. Und Löw könnte damit schon beginnen, die Alternativen für Philipp Lahm auszutesten.
Lahm: Rückkehr auf die linke Seite?
Die Anzeichen verdichten sich, dass der aktuelle Kapitän über kurz oder lang wieder auf die linke Abwehrseite wechseln wird. Zu dünn sind dort die Optionen gesät, zumindest im Vergleich zur rechten Abwehrseite, wo traditionell mehr interner Wettbewerb herrscht.
"Philipp kann auf beiden Seiten überragend und weltklasse spielen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass ich mich Bayern München da ein bisschen anpasse", ließ Löw durchblicken, dass er die Rochade seines Kapitäns zurück auf die linke Seite durchaus vorstellen kann.
"Es ist nicht gut, wenn ein Spieler ständig hin und hergeschoben wird. Wenn Philipp bei den Bayern dauerhaft dort spielt, werde ich mich mit ihm zusammensetzen." Dass sich Lahm im Klub wohl auch wieder auf die linke Abwehrseite konzentrieren muss, bahnt sich immer mehr an.
Der Transfer des Brasilianers Rafinha zum deutschen Rekordmeister nimmt immer konkretere Konturen an - für die Problemstelle links hinten wollen die Bayern auf dem Transfermarkt offenbar nicht mehr aktiv werden und peilen stattdessen die interne Lösung an: Philipp Lahm.
Viele Optionen zu Schweinsteiger/Khedira
In der Partie gegen Uruguay am Sonntag muss Löw einmal mehr den Spagat zwischen konzentrierter Vorbereitung auf die anstehenden Qualifikationsspiele und der einem Testspiel eigenen Experimentierfreude schaffen. "Das Grundgerüst der Mannschaft wird schon auf dem Platz stehen. Ich möchte aber auch das ein oder andere noch testen", sagt Löw.
Dabei wird er seinen Mini-Riegel vor der Abwehr in einer völlig neuen Konstellation aufbieten müssen. Ein Einsatz Khediras kommt für das Testspiel nicht in Frage, also ist von der erprobten Achse mit Schweinsteiger keiner mehr übrig.
Bleiben die Variationen Simon Rolfes und Toni Kroos, Toni Kroos und Christian Träsch oder Christian Träsch und Simon Rolfes. "Die Position ist mit Träsch, Kroos und vor allem Simon Rolfes hervorragend besetzt", meinte Löw, dem für die beiden wichtigen Spiel in Wien und Baku aber schon eine andere Variation vorschwebt.
"Bei Khedira könnte es für Wien noch reichen", ließ er durchblicken, dass ihm der Gedanke an ein routinierteres Duo vor der Abwehr sehr gut gefalle. "Das würde gut passen."
So steht's in Deutschlands Quali-Gruppe A