Mats Hummels blickte noch einmal auf den Boden, dann presste er ein kämpferisches "Vielleicht geht ja noch was. Man weiß ja nie..." heraus und verschwand in den Mannschaftsbus.
Gerade eben hatte er in Aachen sein Debüt bei der A-Nationalmannschaft gefeiert, 45 Minuten in einem Testspiel gegen Malta.
Weltmeisterschaft verpasst
Es war der 13. Mai 2010, eine Woche davor hatte Bundestrainer Joachim Löw seinen vorläufigen, 27 Mann starken Kader für die anstehende Weltmeisterschaft in Südafrika bekanntgegeben. Unter anderem waren Holger Badstuber und Denis Aogo mit dabei, beide waren wie Hummels ohne jeden Länderspieleinsatz. Mats Hummels war nicht dabei.
Er stand dann auch am 1. Juni nicht auf jener Liste, die der DFB final an die FIFA faxen musste - obwohl sich zwischenzeitlich mit Michael Ballack, Christian Träsch und Heiko Westermann drei Spieler verletzungsbedingt in den Krankenstand begeben mussten.
Bis dahin wurde Hummels mit einem DFB-Trikot am Leib sogar eher im Mittelfeld auffällig, wie beim Triumph mit der U 21 bei der Europameisterschaft. Alle drei Ausfälle hätte er auch als Mittelfeldspieler ersetzen können, nur zu gerne wäre er damals die Notlösung gewesen. Seine leise Hoffnung nach dem Spiel in Aachen sollte sich aber nicht mehr erfüllen.
Drei Spiele in Folge
Gut ein Jahr später haben sich die Dinge spektakulär verändert. Hummels hat die beste Saison seiner Laufbahn gespielt. Das ist kein sonderliches Kunststück bei einem erst 22-Jährigen, der ja noch nicht so viele Spielzeiten absolviert hat. Aber er ist deutscher Meister geworden mit seinem Verein. Und nebenbei auch eine der großen Hoffnungen des deutschen Fußballs.
Mit den drei Spielen in Folge gegen Uruguay (So., 19.45 Uhr im LIVE-TICKER), Österreich und Aserbaidschan endet auf der einen Seite die Saison - und auf der anderen Seite haben alle Spiele ab sofort auch Vorbereitungscharakter auf das große Turnier im kommenden Jahr.
Mats Hummels werden große Chancen zugerechnet, alle drei Spiele in der Innenverteidigung zu bestreiten. Die Einsatzbefehle erfolgen dicht aneinandergedrängt, fast wie im Spielbetrieb der Bundesliga.
Der letzte Eindruck zählt
Drei Spiele innerhalb von 13 Tagen, da können sich Mitspieler finden und fixe Abläufe definieren - und nicht nur scheibchenweise und durch viele Wochen auch zeitlich voneinander getrennt improvisieren.
Danach ist auch für die Nationalspieler die Arbeit vorerst beendet, der DFB-Tross trifft sich dann erst zur Einweihung der Mercedes-Benz Arena in Stuttgart wieder, das wird Anfang August sein.
Der letzte Eindruck dieser erfolgreichen Spielzeit wird auch dem Bundestrainer bis zum Wiedersehen in guter Erinnerung bleiben. Umso wichtiger ist die Gelegenheit für einen Spieler wie Hummels einzuschätzen.
Zwischen zwei Schubladen
Von seinen Profi-Kollegen - und ganz nebenbei auch von den SPOX-Usern - ist er mit großem Abstand zum besten Innenverteidiger der abgelaufenen Bundesliga-Saison gekürt worden, gefühlt müsste er längst Stammspieler in der Nationalmannschaft sein.
Die Realität legt ihn aber zwischen zwei Schubladen ab: Offenbar besser als Konkurrenten wie Serdar Tasci, Heiko Westermann oder Holger Badstuber. Aber für den Trainerstab beim DFB noch nicht so unverzichtbar wie Jerome Boateng, Arne Friedrich oder Per Mertesacker.
Zwei der drei Letztgenannten verfolgen die letzten Spiele der Saison verletzungsbedingt vor dem heimischen Fernseher. Sie haben nicht mehr die Gelegenheit, den Bundestrainer zu überzeugen: Mertesacker, dass er es besser kann als in seiner durchwachsenen Saison. Boateng, dass das Abwehrzentrum seine einzig wahre Lieblingsposition ist.
Lediglich Friedrich wird sich nach einem halben Jahr Verletzungspause und einem beinahe entnervenden Abstiegskampf mit dem VfL Wolfsburg wieder zum Dienst melden. Allem Anschein nach wird er zusammen mit Hummels das Innenverteidigerpärchen bilden.
DFB-Karriere verläuft schleppend
So rasant sich Hummels' Aufstieg in der Bundesliga vollzog, so schleppend ist bisher seine Karriere in der Nationalmannschaft verlaufen.
Nach dem Malta-Spiel wurde Hummels noch drei weitere Male eingesetzt. Alles mehr oder weniger belanglose Partien, weil keine Pflichtspiele. Die Bilanz insgesamt: Ein Sieg, zwei Remis, eine Niederlage.
Nach dem Einspielen gegen einen starken Gegner wie Uruguay mit den Weltklasse-Stürmern Diego Forlan, Luis Suarez und Edinson Cavani darf Hummels dann endlich auch in zwei wichtigen Qualifikationsspielen ran und dort nachhaltig auf sich aufmerksam machen.
Luxusproblem für Löw
Der Bundestrainer hat für alle seine Kandidaten schon einen neuen Konkurrenzkampf ausgerufen. "Es wird sich noch herauskristallisieren, wer dann letztlich bis zur EM im kommenden Jahr in der sogenannten Stammmannschaft stehen wird."
Jogi Löw jedenfalls ist froh, dass es die Hummels', Boatengs und jetzt auch Benedikt Höwedes' gibt. "Unsere Situation in der Innenverteidigung hat sich wahnsinnig verbessert. Vor fünf, sechs Jahren musste man immer große Bedenken haben, wenn sich ein Spieler verletzt hat. Dann mussten wir immer nach Notlösungen suchen. Das ist jetzt vorbei."
Eine Notlösung will Mats Hummels schon lange nicht mehr sein. Die Gelegenheit wäre günstig, um erstmalig in Vorleistung zu gehen.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Deutschland: Neuer - Lahm, Friedrich, Hummels, Schmelzer - Träsch, Kroos - Schürrle, Özil, Podolski - Gomez
Uruguay: Muslera - M. Pereira, Lugano, Godin, Caceres - Perez, Rios, A. Pereira - Forlan - Suarez, Cavani
Schiedsrichter: Benquerenca (Portugal)
So steht's in Deutschlands Quali-Gruppe A