Kein Härtetest, aber die letzte Chance

Von Für SPOX in Tourrettes: Stefan Rommel
Löw gibt Anweisungen, die Spieler hören aufmerksam zu. Gegen die Schweiz wird es ernst
© Getty

Der Vergleich gegen die Schweiz (17.45 Uhr im LIVE-TICKER) wird für einige Spieler zur unverrückbaren Standortbestimmung. Einige Akteure stehen auf der Kippe, es ist ihre letzte Chance, um klare Eigenwerbung zu betreiben. Zwei Spielern winkt das Debüt im DFB-Dress.

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Schon wieder muss die deutsche Nationalmannschaft reisen. Am Samstagmorgen ging es von Nizza nach Basel, zum ersten von lediglich zwei Testspielen vor der EM-Endrunde.

Im Baseler St.-Jakob-Park wartet die Schweiz auf die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw. "Das kleine Holland" hat Löw die Gastgeber am Freitag genannt.

"Das ist ein sehr guter Gegner. Sie können sehr gut verteidigen, sind sehr schwer auszuspielen. Wir werden auf einen Gegner treffen, der uns sehr viel abverlangen wird. Ich sehe das Spiel nicht als absoluten Härtetest, aber es ist ein gutes Testspiel", so Löw.

Dass die Schweizer, die die Qualifikation für die EM verpasst hatten, allerdings quasi aus dem Urlaub kommen, um die Qualität der Deutschen zu testen, hat Löw geflissentlich verschwiegen.

Dem Bundestrainer geht es in Basel in erster Linie um wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf die endgültige Nominierung seiner 23 EM-Fahrer. Am kommenden Montag muss Löw seine aktualisierte Liste bei der UEFA einreichen, dann werden vier der bisher aufgeführten Spieler nicht mehr dabei sein.

"Natürlich will ich mir nochmal ein Bild machen von dem einen oder anderen Spieler. Er kann sich nochmal bewähren in einer Halbzeit gegen die Schweiz", sagt Löw. Dabei gibt es einige Planstellen, für deren Besetzung sich diverse Spieler aufdrängen können.

Die Torhüter:

Tim Wiese, Ron-Robert Zieler und Marc-Andre ter Stegen kämpfen um die beiden Plätze hinter Manuel Neuer. Wiese hat als einziger Turniererfahrung, Zieler zumindest schon einmal in einem Länderspiel im Tor gestanden - ter Stegen dagegen ist absoluter Neuling.

Insofern würde es nur Sinn machen, wenn der Gladbacher in Basel zumindest eine Halbzeit lang zum Einsatz kommt. Andernfalls müsste Löw in Abstimmung mit Andreas Köpke die Entscheidung fällen, ohne ter Stegen je unter Wettkampfbedingungen im Nationaldress gesehen zu haben.

Alle drei Kandidaten hätten bislang einen überragenden Eindruck hinterlassen, so Löw am Freitag. "Bei den Torhütern gibt es eine Tendenz, ich möchte aber erst mit ihnen sprechen", sagte Löw weiter. Ob dann aber gleich zwei der drei spielen dürfen oder einer der Kandidaten durchspielen darf, ist noch nicht beschlossen. Angeblich soll Wiese zunächst beginnen.

Die Viererkette:

Hier gibt es für Löw kaum Variationsmöglichkeiten. Per Mertesacker und Mats Hummels werden die Innenverteidigung bilden und dabei beide auch darauf aus sein, Punkte zu sammeln. Offenbar scheint Holger Badstuber gesetzt, er wird wie der Rest der Bayern aber erst am Samstagabend nach Tourrettes reisen.

Mertesacker und Hummels müssen nicht um ihre endgültige Nominierung zittern, bei den beiden geht es bereits darum, das Gebiet im Rennen um einen Stammplatz abzustecken.

"So wie es ausschaut, geht es zwischen Per und mir um noch einen freien Platz in der Innenverteidigung. Und ich bin der Herausforderer", sagt Hummels. "Die beiden anstehenden Tests gegen die Schweiz und Israel sind ungemein wichtig. Sie wiegen noch mehr als die bloßen Trainingseinheiten. Da kann man zeigen, wie gut man ist."

Für die Außenbahnen bleiben zunächst nur Benedikt Höwedes (rechts) und Marcel Schmelzer (links). Höwedes hat die große Chance, sich in Abwesenheit von Jerome Boateng einen kleinen Vorsprung zu erspielen. Schmelzer Schicksal wiederum hängt sehr stark vom Wirkungsbereich Philipp Lahms ab.

Zumindest wurde dem Dortmunder vom Bundestrainer eine sehr vernünftige Vorbereitung bescheinigt. "Ich sehe Schmelzer auf der linken Seite in einer sehr guten Verfassung und werde mal sehen, wie sich die anderen Außenverteidiger in Basel in Szene setzen."

Denkbar wäre noch, dass Löw das im Training angedeutete Experiment mit Lars Bender rechts in der Viererkette auch im Spiel ausprobiert.

Das Mittelfeld:

Löw will Sami Khedira und Mesut Özil auf keinen Fall durchspielen lassen. "Eine Halbzeit oder 60, 70 Minuten reichen." Also wird Ilkay Gündogan auf jeden Fall seine Chance bekommen. Löw war von den Leistungen des Dortmunders im Trainingslager bisher durchaus angetan.

"Gündogan ist auf seiner Position ein guter Fußballer. Ein bisschen so wie der junge Schweinsteiger, so wie der damals gespielt hat. Er wird seine Chance bekommen", sagt Löw. Ebenso wie Julian Draxler, für viele zu Beginn einer der fixen Streichkandidaten.

"Ich möchte mich fast festlegen, dass Julian Draxler seine Chance bekommt. Er macht auf mich im Training einen sehr guten Eindruck." Also wird der Bundestrainer dem Abiturienten zu seinem ersten Länderspiel überhaupt verhelfen.

Für Löw sei es auch wichtig, perspektivisch zu arbeiten, also besonders junge Spieler im Hinblick auf die WM in zwei Jahren in Brasilien jetzt schon mal dabei gehabt zu haben - auch wenn sie dann nachher vielleicht nicht im endgültigen Aufgebot stehen.

Die Außen dürften mit Lukas Podolski und Marco Reus besetzt sein. Vielleicht zieht Löw den Bald-Dortmunder aber später auch ganz nach vorne in die Spitze, um ein paar Anhaltspunkte für seine Vermutung zu bekommen, Reus könne "ganz, ganz vorne" auch sehr gut funktionieren.

Der Angriff:

Klose wird beginnen, Cacau allenfalls als Ergänzungsspieler seine Chance erhalten. "Ich will bei Miro nichts riskieren, aber er braucht Spielpraxis", sagt Löw. Gerade, nachdem der 33-Jährige unter der Woche ein paar Einheiten mit der Mannschaft verpasst hat und so keinen richtigen Trainingsrhythmus aufnehmen konnte.

Prinzipiell dürfte es kein gutes Zeichen für denjenigen sein, der gegen die Schweiz nicht zum Einsatz kommt.

Löw: "Ich denke, dass ich aus dem Spiel wichtige Erkenntnisse für die kommenden zwei Wochen ziehen kann. Was klappt, was klappt nicht? Das wird sicherlich offengelegt - auch, weil die Mannschaft körperlich noch nicht auf dem dynamischsten Niveau sein kann. Da muss man Abstriche machen."

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