"Er hat mich in Gladbach öfter mal besucht, und wir haben zusammen etwas gemacht. Andre wohnt ja in Köln", erzählte Reus am Samstag, rund 14 Stunden nach seiner starken Leistung beim 4:2 gegen Griechenland und dem Einzug mit der deutschen Nationalmannschaft ins EM-Halbfinale.
Siamesische Zwillinge werden der 23-jährige Reus und der 21-jährige Schürrle beim DFB genannt. Sie wehren sich auch gar nicht dagegen, weil die emotionale Bindung so bezeichnet werden kann. "Wir sind sehr gute Freunde geworden, wir liegen auf einer Wellenlänge, wie ich zum Beispiel auch mit einem Mario Götze", sagte Schürrle.
Zum zweiten Mal nach dem 1:2 gegen Frankreich in Bremen im Februar dieses Jahres stand der Profi von Bayer Leverkusen mit seinem Kumpel Reus im DFB-Team in der Startformation.
Schürrle spricht von der "neuen Generation"
Die beiden machen auf der linken und rechten Außenbahn den bisherigen Stammkräften Lukas Podolski und Thomas Müller ordentlich Dampf. Sie sind für Bundestrainer Joachim Löw auch ein Stück Zukunft im Team des Deutschen Fußball-Bundes.
Es erscheint fast schon als ein Anachronismus, wenn in diesem Zusammenhang Schürrle davon spricht, dass er und Reus als "die neue Generation" bezeichnet werden - als Abgrenzung zur alten mit den Führungsspielern Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Podolski.
Aber das Duo sorgte gegen die Griechen für einen neuen Pulsschlag . Reus, der von Borussia Mönchengladbach für die geschätzte Ablösesumme von 17,1 Millionen Euro zu Borussia Dortmund zurückkehrt, erscheint als absoluter Schnellstarter. "Der Bundestrainer hat mir gesagt, dass ich so spielen soll wie in der Bundesliga", sagte er zum Vorgespräch auf das Griechenland-Spiel.
Reus trifft, Löw hadert
Anscheinend völlig unbeschwert, frei von lähmender Angst vor der großen Aufgabe schoss Reus ein Tor, brachte mit drei vergebenen Großchancen Löw aber auch auf die Palme. "Ich habe mich auch geärgert, ich muss konzentrierter arbeiten. Ich habe in der Aufzeichnung im Fernsehen gesehen, dass der Bundestrainer sich geärgert hat", sagte Reus.
Sein Gewaltschuss zum 4:1 unter die Latte war später ein Entschädigung für ihn und den Trainer für die vergebenen Chancen. Reus schoss so hart, dass er einen Wadenkrampf bekam, deshalb musste er auf eine Jubel-Choreografie verzichten, die er mit Jerome Boateng abgesprochen hatte.
Das Schrille unterscheidet Reus und Schürrle ein wenig. Der zukünftige Dortmunder hat sehr viele Tattoos und eine Frisur im New-Wave-Stil. Schürrle, der 2011 von vielen Klubs umworben war und dann für geschätzte acht Millionen Euro von Mainz 05 nach Leverkusen wechselte, sieht wie ein ordentlicher Junge aus, der auch Schwiegermüttern gefallen könnte. Mit seinem Lächeln und einer klaren Sprache ist er etwas kecker als Reus.
"Rolls-Reus" getauft
Auch sportlich bestehen noch Unterschiede. 16 Länderspiele und sieben Tore sind keine schlechte Bilanz, aber Schürrles Leistungen erscheinen im Nationalteam noch zu schwankend, um einen wie Podolski dauerhaft verdrängen zu können.
Reus machte beim Viertelfinal-Sieg den deutlich zwingenderen Eindruck. In England wurde er bereits als "Rolls-Reus" - angelehnt an den britischen Luxuswagen - bezeichnet.
Der Hype auf der großen EM-Bühne - und da sind sich die siamesischen Zwillinge natürlich einig - kann sie nicht aus der Bahn werfen. "Wir sind beide bescheiden genug, wir wissen, was es heißt, im Fokus zu stehen. Da werden wir keine Fehler machen", sagte Schürrle. Reus erklärte dazu nur: "Andre hat alles gesagt."
Marco Reus im Steckbrief