Frage: Herr Niersbach, wie bewerten Sie die Abstimmung der 54 UEFA-Mitgliedsverbände für die Einführung der Nations League?
Wolfgang Niersbach: Es war ein langer Prozess, und ich verhehle nicht, dass der DFB und auch ich persönlich ganz offen Bedenken geäußert haben. Die Skepsis ist sicherlich auch noch nicht total verschwunden. Aber wir müssen akzeptieren und respektieren, dass die Mehrheit der Verbände ganz einfach etwas ändern möchte. Da können auch wir uns nicht gegen stellen. Wir haben immer gesagt, wir brauchen keine Änderung, weil bei uns die Freundschaftsspiel auch so funktionieren. Ähnlich ist es bei den Holländern, den Engländer - und dann hört es aber schon auf.
Frage: Wie kam die Planung einer eigenen Liga für die Nationalmannschaften zustande?
Niersbach: Der Wunsch kam auch deshalb auf, weil die UEFA über die Jahre unheimlich viel für die Klubs entwickelt hat - besonders die Champions League ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen - und dann gefragt wurde: Was macht ihr für die Nationalmannschaften? Wir versprechen uns, innerhalb des bestehenden Kalenders, etwas Neues zu installieren - neben den klassischen Qualifikationsspielen. Da ist noch viel Arbeit nötig, aber der Schritt in Astana war enorm wichtig.
Frage: Für Deutschland wird das in Gruppe A wahrscheinlich ein Abo auf große Gegner bedeuten...
Niersbach: In unserem speziellen Fall war das ohnehin unsere Politik. Wir fangen die neue Saison gegen Argentinien an und sprechen auch gerade mit den Spaniern. Die großen Nationen haben sich direkt nach der Quali-Auslosung in Nizza zusammengesetzt. Aber in der Tat gibt es dann einen festen Wettbewerb mit einer wirtschaftlichen Stabilität vor allem für die nicht so starken Verbände.
Frage: Welchen Wert wird der neue Titel des Nations-League-Champions haben?
Niersbach: Für mich bleiben die Finalturniere der WM und EM immer das absolute Highlight. Da kann und darf auch nicht dran gerüttelt werden. Aber in den ungeraden Jahren den Gewinner der Nations League nach einem Final-Four-Turnier zu haben - das kann etwas werden, auch wenn es dafür keine Garantie gibt.
Frage: Aus Deutschland war jedoch schon bereits Kritik an der Aufstockung der EM-Teilnehmer auf 24 Nationen gekommen...
Niersbach: Der Prozess ist vergleichbar. Auch das war eine Abstimmung, bei der die Mehrheit sich für 24 Teilnehmer ausgesprochen hat. Es hat harte Diskussionen gegeben, und ich habe auch damals offen dagegen gesprochen, aber deswegen wird sich der DFB nicht aus dem Wettbewerb zurückziehen. Wir tragen diese demokratische Entscheidung natürlich mit.
Frage: Ergeben sich Nachteile für den Klubfußball?
Niersbach: Aus Sicht der Klubs war es wichtig, dass es keine zusätzlichen Termine gibt. Nur werden die bestehenden Termine anders genutzt. Und wir haben immer noch ein bisschen Freiraum für attraktive Freundschaftsspiele, die wir auch machen wollen. Die Phase vor jedem Turnier, da haben wir alle Freiheiten.
Die EM-Qualifikation im Überblick