Stets bemüht

Jochen Tittmar
31. Mai 201413:43
Die deutsche Nationalmannschaft hat das zehntägige Trainingslager in Südtirol beendetgetty
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Der Aufenthalt der deutschen Nationalmannschaft im Passeiertal wurde von einigen unschönen Randgeschichten begleitet. Der DFB wirkte im Umgang damit nicht immer souverän. Zwei Aspekte stimmen im Hinblick auf die WM in Brasilien dennoch positiv.

Welche Auswirkung hatten die Randgeschichten auf den DFB?

Es ist unbestritten: Der mitgliederstärkste Fußballverband der Welt hat mit seiner Eliteauswahl schon ruhigere Trainingslager abgehalten.

Über die zehn Tage in Italien hatte der DFB mit unschönen Erscheinungen abseits des Platzes zu kämpfen - und wirkte im Umgang damit zwar stets bemüht, aber häufig wenig souverän.

Schon gleich zu Beginn sorgte die verspätete Ankunft der vom DFB-Pokalfinale angeschlagenen Manuel Neuer und Philipp Lahm für Verwirrung.

Wurde doch Joachim Löw im Vorfeld mit den Worten zitiert, es sei wichtig, beide Spieler gleich vom Start weg mit im Passeiertal zu haben. Nach Rücksprache mit den Ärzten entschied man dann doch um.

Mit der Folge, dass die Genesung der beiden Münchner so lange bestimmendes Thema war, bis sie auch tatsächlich im Hotel Andreus eintrafen. Auch deshalb musste Löw auf seiner ersten Pressekonferenz im Zelt hinter dem Trainingsplatz klarstellen, dass die Teamunterkunft nicht einem Lazarett gleiche.

SPOX

Zusätzlich zu den lädierten (Stamm-)Spielern, deren Kreis auch Bastian Schweinsteiger angehörte, verletzte sich Lars Bender am ersten Trainingstag so schwer, dass für ihn die WM gelaufen war. Stunden später wurde die unrühmliche Episode um Kevin Großkreutz publik, ein paar Tage danach der Führerscheinverlust des Bundestrainers. Beide Vergehen geschahen nicht in Südtirol - aber sie kamen eben dort heraus.

Die Episode um den nun auf die Bahn angewiesenen Bundestrainer versuchte Teammanager Oliver Bierhoff dann just an jenem Tag zu bagatellisieren, an dem es während einer PR-Veranstaltung zu einem tragischen Autounfall mit zwei teils erheblich verletzten Personen kam.

Das konnte Bierhoff natürlich nicht vorhersehen - die unglückliche Außenwirkung, die für den DFB damit einherging, aber auch nicht mehr aufhalten.

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Seite 2: Wo stehen die angeschlagenen Spieler?

Seite 3: Zwei Gewinner des Trainingslagers

Seite 4: Die wahrscheinlichsten Streichkandidaten

Seite 5: Wie haben sich die Tage in Südtirol aufs Team ausgewirkt?

Wie steht es um die angeschlagenen Spieler?

Besser. Neuer, Lahm, Schweinsteiger, später noch Marcel Schmelzer und der um seinen Rhythmus kämpfende Sami Khedira - gleich fünf für die Stammformation vorgesehene Akteure verpassten erhebliche Teile der Vorbereitung.

Dies bleibt ein Fakt, der weit vom Ideal entfernt ist. Ungeachtet dessen gaben sich alle Beteiligten unisono reichlich Mühe, die mögliche Tragweite dieser Problematik herunterzuspielen.

Die Lage der Lädierten hat sich zum Ende des Trainingslagers allerdings planmäßig verbessert. Das ist in diesen Tagen zweifelsohne eine der guten Nachrichten.

Auch Miroslav Klose, der mit einer von zahlreichen Blessuren geprägten Saison im Gepäck gen Norden reiste, konnte vollumfänglich trainieren, um sich einer hundertprozentigen Belastbarkeit anzunähern.

"Klare Fortschritte" hätten die eingangs erwähnten Spieler gemacht, sagte Löw auf der abschließenden Pressekonferenz. SPOX

Neuer konnte die Schlinge um seine verletzte Schulter abnehmen und befindet sich mittlerweile im Lauftraining. Löw geht davon aus, dass er kommenden Freitag beim Testspiel gegen Armenien im Kasten stehen kann. Nach dem Rückflug aus Düsseldorf wird Neuer ab Montag mit Coach Andreas Köpke ein torwartspezifisches Programm in München abspulen.

Lahm hingegen steht kurz vor dem Einstieg ins Mannschaftstraining. Sein Abbruch des einzigen öffentlichen Trainings am Freitag, als er sich das zuvor verletzte Sprunggelenk hielt, entpuppte sich als reine Vorsichtsmaßnahme. Löw sprach von einer leichten Überbelastung.

Der Kapitän hat in den vergangenen Tagen die Intensität steigern können und ausgiebig mit dem Ball gearbeitet. Ein Einsatz am Sonntag gegen Kamerun (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) kommt aber noch zu früh, Lahm wird stattdessen wie Neuer in der Heimat an der Rückkehr zur Normalität arbeiten.

Einen Schritt weiter sind da schon Schweinsteiger und Khedira, die beide die Übungen mit dem Team aufgenommen haben und beim letzten Test des 26er-Kaders wenn auch noch eingeschränkt auflaufen könnten.

Schweinsteigers Programm enthielt bisher jedoch noch keine Zweikämpfe, es ist weiterhin Vorsicht geboten. "Man merkt, dass man volle Kraft auf das Knie bekommt und es hält", sagt Khedira. Beide werden bis zum Turnierstart noch an ihrer Physis zu feilen haben.

Schmelzer befindet sich nach einer Prellung im linken Knie auf dem Wege der Besserung. Der Linksverteidiger arbeitete an seiner Fitness und habe dabei eine "ganz hohe Belastung" (Löw) toleriert. Auch er soll gegen Kamerun spielen können.

Grundsätzlich gilt: Nach dem Kick am Sonntag bekommen die Spieler drei Tage frei. Entspannung bedeutet dies aber nicht, einem jeden wird ein individueller Trainingsplan mit auf den Weg gegeben.

Bei denjenigen, die in Südtirol nicht in vollem Umfang dabei sein konnten, wird die Belastung höher sein. Khedira beispielsweise wird Dienstag und Mittwoch intensiv trainieren, um seinen Rückstand im Kraft- und Ausdauerbereich weiter aufzuholen.

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Wer sind die Gewinner des Trainingslagers?

Christoph Kramer und Roman Weidenfeller. Löw lobte beide Akteure über den grünen Klee und äußerte sich sehr zufrieden. Beide haben ihr WM-Ticket sicher in der Tasche - vor einem halben Jahr hätte man mit einem solchen Tipp noch ein Vermögen verdient.

Kramer rutschte in der Hierarchie in erster Linie nach Benders WM-Aus nach oben. Der Dauerläufer, der zunächst nicht einmal im 30-Mann-Kader stand, qualifizierte sich mit einer sehr präsenten Leistung im Länderspiel gegen Polen für die Tage in Südtirol.

Neben Khedira ist er jetzt der einzig echte Sechser des Typs "Abräumer" im DFB-Team. Und Kramer ist ausgesprochen fit, Löw war besonders von dessen "wahnsinniger Laufleistung" beeindruckt. Der Gladbacher scheint für die klimatischen Herausforderungen in Brasilien wie gemacht.

Auch Weidenfellers Wahrnehmung hat sich dank einer Verletzung zum Positiven verändert. Während Neuers Ausfall ist sein Status als neue Nummer zwei weiter zementiert worden.

Die Vorstellung, der Dortmunder werde bei einem unglücklichen Genesungsverlauf Neuers am Zuckerhut zwischen den Pfosten stehen, ist mittlerweile weitaus weniger befremdlich als noch vor rund einem halben Jahr.

Weidenfeller, für den die Weltmeisterschaft "die Abrundung meiner Karriere" werden soll, identifiziert sich vollkommen mit seiner Rolle als Platzhalter und strotzt vor Selbstvertrauen.

"Menschlich ein Gewinn. Ich bin sportlich absolut von ihm überzeugt. Wenn er spielen sollte, hätte ich überhaupt keine Zweifel", sagte Löw.

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Wer sind die wahrscheinlichsten Streichkandidaten?

Man muss ein bisschen das Ausschlussverfahren bemühen, um bei dieser Thematik zu einem Ergebnis zu kommen. Momentan geistern naturgemäß viele Namen durch die Gegend.

Die SPOX-Prognose lautet: Shkodran Mustafi, Julian Draxler und Benedikt Höwedes werden nicht mit zur Endrunde fahren.

Mustafi gilt als sicherer Tipp. Der 22-jährige Innenverteidiger hat noch nicht die Klasse, um auf höchsten internationalem Niveau als Alternative durchzugehen.

Er befindet sich mit Matthias Ginter gewissermaßen im Zweikampf um einen Kaderplatz. Der Freiburger, den Löw beim zweiten Test gegen die U 20 als Rechtsverteidiger auflaufen ließ, dürfte aufgrund seiner Polyvalenz im Vorteil sein.

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Nimmt man Kevin Volland dazu, stehen dem Bundestrainer für die drei Positionen in der offensiven Mittelfeldreihe neun Spieler zur Verfügung. Dass es jemanden aus diesem Kreis erwischen wird, gilt als ausgemacht.

Da Volland auch im Sturmzentrum eingesetzt werden kann und die restlichen Akteure allesamt etablierter sind, wird Draxler wie schon vor der EM 2012 wohl vorzeitig nach Hause fahren müssen.

Höwedes agierte in der Nationalelf zumeist auf der rechten Abwehrseite. Auch bei den Übungen im Passeiertal tauchte der Schalker auf dieser Position auf.

Die Krux: Dort kann Löw auch mit Lahm, Großkreutz, Jerome Boateng, Erik Durm und womöglich Ginter planen. Einen der potentiellen Außenverteidiger wird es treffen müssen. Der Schalker, der aufgrund von Muskelverletzungen nur in fünf Rückrundenspielen auf dem Feld stand, wird gegen Großkreutz den Kürzeren ziehen.

Der Bundestrainer dürfte seine Kandidaten im Kopf haben, will aber nach dem Testspiel am Sonntag noch die "finalen Eindrücke" in seine Entscheidung einfließen lassen. Am kommenden Montag wird er sie verkünden.

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Wie haben sich die Tage in Südtirol aufs Team ausgewirkt?

Neben der mittlerweile etwas weniger angespannten Personallage gehört die Herausbildung eines Teamspirits zu den positiven Aspekten der Vorbereitungsphase.

Die schlechte Stimmung, die noch vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft nach der Block-Bildung zwischen Bayern und Dortmundern bemängelt wurde, scheint diesmal kein leistungshemmender Faktor zu werden.

"Was den Teamgeist betrifft, kann ich nur eines sagen: Der ist hervorragend. Die Mannschaft ist in diesen Tagen mehr und mehr zu einer Einheit geworden. Aus Vereinsinteressen sind nationale Interessen geworden", lobte Löw überschwänglich. Das Innenleben der Mannschaft sei "nicht zu vergleichen mit dem Teamspirit von 2012".

In die Karten spielte ihm nun auch der Umstand, dass praktisch das gesamte Team zum selben Zeitpunkt in die Vorbereitungsphase einstieg.

Bei der Europameisterschaft ging dies wegen der noch ausstehenden Endspiele in Pokal und Champions League nur grüppchenweise vonstatten. SPOX

Möglicherweise war es für die Entstehung eines neuen Betriebsklimas gar nicht mal so schlecht, dass die Zeit in Südtirol holprig über die Bühne ging.

So war auch die Mannschaft immer wieder gefordert, zu improvisieren - eine Eigenschaft, die auch im Quartier in Brasilien vonnöten sein könnte.

Hinzu kommt, dass die Erwartungshaltung im Vergleich zum Vorjahr rapide gesunken ist. Deutschland bleibt zwar im Kreise der Mitfavoriten, die Öffentlichkeit giert aber weitaus weniger nach dem Höchsten als bereits zuvor. Das könnte der Mannschaft noch in die Karten spielen.

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