Sami Khedira umarmte einen nach dem anderen. Nicht nur seine Kollegen in der deutschen Nationalmannschaft, auch alle Betreuer wurden erst einmal geherzt, ehe der frischgebackene Champions-League-Sieger seine Vorbereitung auf die WM-Endrunde in Brasilien (12. Juni bis 13. Juli) aufnahm.
"Ich genieße jede Sekunde auf dem Platz. Schließlich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass ich hier bin. Es war ein langer und harter Weg", sagte der Mittelfeldspieler von Real Madrid nach seiner ersten Trainingseinheit mit der DFB-Auswahl im WM-Trainingslager am Mittwoch in Südtirol, der allerdings ankündigte: "Man muss immer in seinen Körper hinein hören, aber ich halte mich im Training nicht zurück oder scheue einen Zweikampf."
Mister Unverzichtbar, den Bundestrainer Joachim Löw wohl auch noch mit zwei eingegipsten Beinen mit an die Copacabana genommen hätte, machte 194 Tage nach seinem vermeintlichen WM-Aus einen ganz entspannten Eindruck.
"Mein Weg geht weiter bergauf. Ich bin zuversichtlich, dass ich am 16. Juni im Vollbesitz meiner Kräfte bin", sagte der 27-Jährige, der sich am 15. November vergangenen Jahres im Länderspiel gegen Italien einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Im ersten Gruppenspiel der DFB-Auswahl gegen Portugal mit seinem Vereinskollegen Cristiano Ronaldo will er unbedingt dabei sein.
Arbeit an Physis
Bis dahin müsse er zwar noch einige Details verbessern und auch neben dem Mannschaftstraining weiter an seiner Physis arbeiten, aber "wir haben bis dahin noch genug Zeit". Dass ihn sein Vereinscoach Carlo Ancelotti am vergangenen Samstag im Finale der Königsklasse gegen Stadtrivale Atletico Madrid (4:1 n.V.) in Lissabon von Beginn an gebracht habe, sei schließlich kein Zufall gewesen: "So schlecht kann ich im Training nicht gewesen sein."
Dann stellte Khedira, dessen Stern in der Nationalmannschaft bei der WM 2010 in Südafrika als Stellvertreter des verletzten Michael Ballack aufgegangen war, klar, dass er trotz der ausgiebigen Feierlichkeiten mit Real nach La Decima grundsätzlich wieder fit sei. Ob er am Zuckerhut wieder mit Bastian Schweinsteiger, der wegen einer Knieverletzung bislang nur eingeschränkt trainieren konnte, auf der Doppelsechs spielen möchte, ließ der frühere Stuttgarter offen.
"Natürlich ist es gut, wenn man eingespielt ist. Noch wichtiger ist aber das System, und das beherrschen bei uns in der Nationalmannschaft alle", sagte Khedira, dessen Wohlbefinden maßgeblich weitere Personalentscheidungen beeinflusst. Denn wenn er für das defensive Mittelfeld bereit steht, könnte Kapitän Philipp Lahm wieder in die Viererkette zurückkehren.
Personalentscheidungen durch Bundestrainer
"Über das Personal entscheidet der Bundestrainer", sagte Khedira, der in dem vergangenen halben Jahr ständig Kontakt zu Joachim Löw hatte. "Mit dem Bundestrainer, Oliver Bierhoff und auch einigen Spielern habe ich regelmäßig telefoniert. Das hat mir Mut gemacht und mich gepuscht. Das war eine großartige Unterstützung. Deshalb möchte ich in Brasilien etwas davon zurückgeben", so Löws Musterprofi.
"Dass Sami nicht im Vollbesitz seiner Kräfte sein kann, ist völlig normal. Er wird noch ein bisschen was aufholen müssen", sagte der Bundestrainer, der aber ebenso wie Khedira selbst "guter Hoffnung ist, dass es klappt".
Sami Khedira im Steckbrief