Portugal ist der vermeintlich härteste Gruppengegner der deutschen Nationalmannschaft bei der WM 2014. Was macht das Team um Cristiano Ronaldo so stark? Und wie sind die Portugiesen zu knacken? Eine Analyse.
spoxSpielweise und Personal:
Seit Paulo Bento 2010 Portugals Nationalmannschaft von Carlos Queiroz übernahm, hat er dem Team eine klare Handschrift verpasst. Je nach Sichtweise und Spielsituation variiert die Grundaufstellung zwischen einem 4-2-3-1 und einem 4-3-3.
Vor einer starken Viererkette hat er eine Doppelsechs und Joao Moutinho als Umschaltspieler installiert. Die beiden Flügelspieler haben viele Freiheiten, während der Stürmer das Zentrum hält, als Wandspieler fungiert und auch für hohe Bälle geeignet sein muss.
Das Personal hat Bento seit der EM 2012 nicht verändert. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er mit derselben Elf beginnen wird, die Deutschland schon beim EM-Auftakt vor zwei Jahren in Lwiw das Leben sehr schwer gemacht hat.
Grundlage des portugiesischen Spiels ist die kompakte Defensive. Die im Zweikampf robusten und im Luftkampf starken Pepe und Bruno Alves bilden im Zentrum eine stabile Absicherung, die durch die Arbeiter Raul Meireles und Miguel Veloso noch verstärkt wird.
VOTINGStell Deine DFB-Elf für den Portugal-Clash auf
Auf den Außenbahnen beginnen mit Joao Pereira und Fabio Coentrao zwei Spieler, die deutlich andere körperliche Voraussetzungen mitbringen als die Kanten im Zentrum, aber trotzdem ihre Stärken in der Defensive haben.
Coentrao ist bei Madrid in den letzten Jahren immer die solidere Variante des Linksverteidigers im Vergleich zum offensiven Marcelo (Brasilien). Coentrao und Pereira sind schnell, im Zweikampf gewandt und auch für die eine oder andere Nickligkeit zu haben. Gleichzeitig sind sie auch offensiv nicht völlig unbrauchbar. Nur müssen sie aufgrund der taktischen Ausrichtung ihre Vorstöße dosieren.
Das Bindeglied zwischen Defensive und Offensive ist Joao Moutinho. Der Mittelfeldspieler des AS Monaco bestimmt Rhythmus und Geschwindigkeit des portugiesischen Spiels. Er und Cristiano Ronaldo sind die zentralen Akteure im Offensivspiel Portugals. Beide bewegen sich "irgendwo im Niemandsland", wie Bundestrainer Joachim Löw sagte.
Aus dieser Position geht Ronaldo in die Tiefe oder lässt sich kurz anspielen, um ins Dribbling zu gehen und den Abschluss aus der Distanz zu suchen. Moutinho ist der Spieler, der die Bälle entweder auf Außen verteilt oder auch in die Schnittstellen spielt.
Sollte Ronaldo tatsächlich nicht spielen können, würde er wahrscheinlich vom Wolfsburger Vieirinha ersetzt. "Unabhängig von Ronaldo bleibt die Spielweise aber die gleiche", sagte Löw.
Im Sturm fällt die Entscheidung zwischen Helder Postiga und Hugo Almeida. Beide sind klassische Zentrumsstürmer, denen aber ein Stück zur Weltklasse fehlt.
Seite 1: Spielweise und Personal
Die Stärken:
Natürlich steht und fällt Portugals Offensivspiel mit Ronaldo. Fast jedes Mitglied des DFB-Teams, ob Trainer oder Spieler, sagte Sätze wie: "Ronaldo kann ein Spiel alleine entscheiden." Oder: "Ronaldo ist nicht umsonst Weltfußballer geworden." Der Superstar dürfte trotz seiner Verletzungsprobleme gegen Deutschland spielen.
Ihn zu kontrollieren, heißt Portugal zu kontrollieren. Dabei geht es nicht nur darum, ihn im Zweikampf Mann gegen Mann zu stoppen, sondern auch die Zuspiele auf ihn zu verhindern.
"Ronaldo hat mit die besten Laufwege im Weltfußball. Man darf ihn im wahrsten Sinne des Wortes nicht aus den Augen lassen", sagte Löw. "Er versucht, sich im toten Winkel des Gegenspielers aufzuhalten, geht dann in die Tiefe und bekommt die Pässe in die Schnittstellen." Auf der anderen Seite hat Portugal mit Nani einen ähnlichen Spielertypen.
Um Ronaldo und Nani Platz für ihre Läufe in die Tiefe zu geben, steht Portugal kompakt und tief. Die Defensive ist in allen Bereichen stabil und hat keinen offensichtlichen Schwachpunkt. Sowohl bei hohen Bällen als auch bei flachem Spiel durch die Mitte sind die Portugiesen nur schwer zu knacken.
Für Löw ist Portugal aufgrund seiner Spielweise der "Weltmeister im Konterspiel". Die Portugiesen aber nur darauf zu reduzieren, wäre falsch. Die technisch traditionell guten Spieler können auch den Ball und das Tempo kontrollieren.
Aufpassen sollten die Deutschen auch bei Standardsituationen. Mit Moutinho hat Portugal einen starken Schützen in seinen Reihen und mit Pepe, Bruno Alves und Ronaldo drei hervorragende Kopfballspieler.
Seite 1: Spielweise und Personal
Die Schwächen:
Mannschaftlich gibt es nur wenige Lücken, auf einzelnen Positionen ist Portugal aber nicht üppig besetzt.
Wie schon seit Jahren bestehen die größten Fragezeichen im Sturm und im Tor. Rui Patricio hat bei der EM 2012 zwar gezeigt, dass er ein ordentlicher Keeper ist und auch bei einem Turnier klarkommt. Allerdings fällt er nicht in die Kategorie Weltklasse, dafür spielt er mit Sporting nicht auf höchstem Niveau.
Auch die beiden Mittelstürmer Helder Postiga und Hugo Almeida sind nicht gerade furchteinflößend. Postiga stieg 2013 mit Real Saragossa ab und wechselte dann zum FC Valencia, der ihn zur Rückrunde an Lazio Rom auslieh. Der Ex-Bundesligaspieler Almeida geht mittlerweile für Besiktas auf Torejagd.
Für Deutschland wird es wichtig sein, die wenigen sich bietenden Chancen zu nutzen. Die Portugiesen sind bei der WM 2010 und der EM 2012 jeweils unglücklich gescheitert. Sie haben gezeigt, dass sie sich von Ballbesitzfußball nicht aus der Ruhe bringen lassen. Trotzdem wird Geduld und Kontrolle gegen die kompakten Portugiesen von entscheidender Bedeutung sein.
"Man wird nicht 90 Minuten Pressing spielen können", sagte Kapitän Philipp Lahm. "Aber wir können verschiedene Stile spielen, Ballbesitzfußball, aber auch auf Konter. Wir haben viele Möglichkeiten, müssen sie im Spiel aber auch zeigen."