Deutschland muss in seinem zweiten Spiel der WM 2014 gegen Ghana ran (Sa., 21 Uhr im LIVE-TICKER). Das Aufeinandertreffen mit den Black Stars steht natürlich im Zeichen des Bruderduells. Es geht aber auch um die Begegnung zweier Kniepatienten, die Frage fummeln oder rennen und das vielleicht größte Mismatch der WM.
spoxTorhüter: Neuer vs. Kwarasey
Auf der einen Seite der Welttorhüter, auf der anderen Seite der beste Torhüter der norwegischen Liga 2013. Trotzdem ein klares Mismatch. Neuer ist mit einem ruhigen Nachmittag gegen Portugal ins Turnier gestartet und konnte sich nach seiner Schulterverletzung Wettkampfpraxis holen. Bei den wenigen Prüfungen durch Cristiano Ronaldo war er auf dem Posten.
Auch Kwarasey leistete sich zum Auftakt gegen die USA keinen gravierenden Fehler, konnte die Niederlage seiner Mannschaft aber auch nicht verhindern. Mit einem etwas besseren Stellungsspiel hätte er vielleicht einen der beiden Gegentreffer vermeiden können. Strafraumbeherrschung ist wie bei vielen afrikanischen Torhütern ohnehin nicht seine Stärke.
Erstaunlich: Der in Oslo geborene Kwarasey kam in der Qualifikation nur zu zwei Einsätzen, da stand noch Fatawu Dauda von den Orlando Pirates aus Südafrika zwischen den Pfosten.
Vorteil Deutschland
Innenverteidiger: Mertesacker/Boateng vs. Boye/Mensah
Noch ist nicht klar, ob Mats Hummels nach seiner Oberschenkelverletzung spielen kann. Am Donnerstag trainierte er nicht mit der Mannschaft, beim Abschlusstraining war er wieder dabei. Joachim Löw wird aber wohl kein Risiko eingehen. Wahrscheinlicher ist, dass Jerome Boateng von rechts in die Mitte rückt und der Seite von Mertesacker verteidigt.
Ein Qualitätsverlust ist das für die Deutschen nicht. Boateng hat sich bei Bayern als Innenverteidiger etabliert und viele gute Spiele abgeliefert. Mertesacker bestreitet gegen Ghana sein 100. Länderspiel, er strahlte schon gegen Portugal eine ungemeine Ruhe aus.
Nicht so gut ins Turnier gestartet ist dagegen John Boye. Schon nach knapp 30 Sekunden erlaubte er sich den ersten dicken Patzer und ließ den US-Amerikaner Clint Dempsey im Strafraum passieren. Eigentlich nicht seine Art, immerhin wurde er schon mit dem FC Liverpool und Barcelona in Verbindung gebracht. War aber auch beim zweiten Gegentreffer nicht auf der Höhe.
Boye und Mensah sind große, aber für afrikanische Verhältnisse nicht gerade bullige Innenverteidiger. Sie sind schnell, aber auch für das eine oder andere ungestüme Tackling durchaus zu haben.
Vorteil: Deutschland
Außenverteidiger: Mustafi/Höwedes vs. Opare/Asamoah
Deutschland hat bei der WM die defensiven Außenverteidiger für sich entdeckt. Wie gegen Portugal wird Löw mit vier Innenverteidigern beginnen. Wird Hummels fit, bleibt Boateng rechts. Schafft er es nicht, kommt Mustafi zum Einsatz. Er ist schnell, körperlich stark und geschickt im Zweikampf.
Auf der anderen Seite haben die Black Stars zwei schnelle, nach vorne denkende Außenverteidiger am Start. Opare wird der "afrikanische Cafu" genannt und schaltet sich immer in die Offensive mit ein. Auf seine Tempoläufe und Flanken muss man aufpassen. Gegen die USA liefen über 60 Prozent der Angriffe über seine und Atsus rechte Seite.
Asamoahs Spiel hat mehr Balance, er ist bei Juventus zu einem kompletten Spieler gereift, wurde aber auch schon häufig eine Position weiter vorne eingesetzt. Er könnte auch im zentralen Mittelfeld spielen, aber da hat Ghana aktuell kein Problem.
Unentschieden
Seite 1: Torhüter, Innenverteidiger und Außenverteidiger
Seite 2: Mittelfeld, offensive Außen und Stürmer
Mittelfeld: Lahm/Khedira/Kroos vs. Essien/Muntari/Boateng
Gegen Portugal kontrollierte Deutschland das Spiel auch durch die starke Leistung des Mittelfelds. Lahm (11,1), Khedira (11,2) und Kroos (11,7) machten die meisten Kilometer und vor allem Kroos und (bis auf einen Aussetzer) Lahm waren enorm ballsicher.
Khedira sorgte mit seinen Läufen in die Spitze für Unordnung bei den Portugiesen. Allerdings ließ der Real-Spieler in der zweiten Hälfte in seiner Intensität deutlich nach, durfte aber durchspielen, um weiter an seiner Physis zu arbeiten.
Auch Ghana hat mit Essien einen Mittelfeldspieler dabei, dem mehrere Knieverletzungen schwer zugesetzt haben. Essien ist zwar immer noch ein Kraftpaket, aber auf Dauer nicht mehr so dynamisch wie früher. Es wird interessant, ob er Kroos' Aufbauspiel stoppen kann. An guten Tagen ist Essien ein starker Balleroberer und im Spiel nach vorne Antreiber.
Das trifft auch auf Muntari zu, der gegen die USA für Ghana die höchste Laufleistung (11,3 Kilometer) abrief. Der Milan-Profi liebt das körperliche Spiel, neigt aber auch dazu, es etwas zu übertreiben und er ist ein aufbrausender Charakter. Seine Fernschüsse sind eine Bedrohung.
Auch Boateng sollte man nicht zu viele Chancen aus der Distanz geben, seine Stärken im Abschluss sind aus der Bundesliga bekannt. Dazu kann er die Bälle auch gut verteilen. Jeromes Halbbruder hat vor dem Turnier gegen die Deutschen gestichelt und einen Mangel an Typen angemerkt. Eine Antwort blieb aus, sie soll auf dem Platz gegeben werden. Ob Boateng spielen wird, ist noch nicht klar. Gegen die USA saß er nur auf der Bank. Aber kann ihn Appiah gegen Deutschland überhaupt draußen lassen?
Unentschieden
Offensive Außen: Özil/Götze vs. Atsu/A. Ayew
Auf dieser Position setzen Deutschland und Ghana auf komplett unterschiedliche Spielertypen. Sowohl Özil als auch Götze fühlen sich eigentlich im Zentrum wohler, beide halten sich auch nicht dauerhaft auf dem Flügel auf, sondern dürfen sich frei auf dem Platz bewegen, wechseln auch mit Müller die Positionen und suchen das Passspiel, was allerdings oft in einer kleinteiligen Fummlerei endet. Außerdem sind beide im Abschluss oft zu umständlich, sie wollen ihren Toren ein Schleifchen zu viel umbinden.
Die Ghanaer sind da deutlich geradliniger. Sie setzen auf klassische Außenspieler, die das Eins-gegen-eins suchen und viele Flanken auf Stürmer Gyan schlagen. Das ist die erste Variante. Wie beim Ausgleich gegen die USA gesehen, ist der direkte Weg zum Tor aber auch eine Option. Sowohl Atsu als auch Ayew gehören zu den schnellsten Spielern im Kader.
Vorteil Deutschland
Stürmer: Müller vs. Gyan
Müller hat mit drei Toren gegen Portugal die Stürmerdebatte in Deutschland vorübergehend beendet. Mit aktuell acht WM-Toren ist er sogar ein Kandidat auf Platz eins in der ewigen WM-Torschützenliste. Der Bayer sucht auch als Stürmer seine Räume und die Wege des Thomas Müller sind dabei oft unergründlich. Aber in den entscheidenden Momenten steht er richtig. Er verleiht der deutschen Offensive diesen Zug zum Tor, der Götze und Özil manchmal fehlt.
Gyan ist dagegen ein klassischer Mittelstürmer, der die Innenverteidiger im Zentrum bindet und nicht so viel auf die Außen ausweicht. Das heißt aber nicht, dass er technisch limitiert ist. Ganz im Gegenteil: Gyan ist ein guter Kombinationsspieler, aber auch robust und stark in der Luft. Ist mit vier WM-Treffern Ghanas Rekordtorschütze. Hätte Ghana 2010 ins Halbfinale schießen können, scheiterte aber gegen Uruguay mit einem Elfmeter in der Verlängerung.
Vorteil Deutschland
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