Deutschland und Frankreich begegnen sich im Viertelfinale der WM 2014 (18 Uhr im LIVE-TICKER) auf Augenhöhe. Die entscheidende Frage wird sein: Wer beherrscht das Mittelfeld? Die Teams setzen auf unterschiedliche Ansätze.
spoxTorhüter: Neuer vs. Lloris
In einem Achtelfinale geprägt von starken Torhüterleistungen ragte Neuer mit seiner Interpretation des Torhüterspiels heraus. Gegen Algerien hatte er 19 Aktionen außerhalb des Strafraums. Spötter behaupteten, er sei Deutschlands bester Feldspieler gewesen.
In der Tat bereinigte er mit seinen Ausflügen einige brenzlige Situationen. Neuer war in dieser Hinsicht schon immer ein Abenteurer im Tor. Aber er sagt auch: "Ich gehe hohes Risiko. Wenn ich mal zu spät komme, dann kracht es und ich sehe Rot."
Lloris ist in seiner Spielweise ein etwas konservativerer Typ, aber er unterscheidet sich auch in seinen Voraussetzungen gänzlich vom Deutschen. Der Franzose ist vergleichsweise schmächtig und hat seine Stärken auf der Linie hat. In der Strafraumbeherrschung wird ihm oft seine fehlende körperliche Präsenz zum Verhängnis.
Vorteil Deutschland
Innenverteidiger: Mertesacker/Hummels vs. Varane/Koscielny
Viel wurde über Mertesackers Interview im Anschluss an das Spiel gegen Algerien gesprochen. Dabei bot auch seine Leistung genügend Diskussionsstoff. Die Algerier legten Mertesackers mangelnde Geschwindigkeit mit ihren langen Bällen hinter die Abwehr immer wieder offen. Auch im Passspiel unterliefen ihm einige ungewohnte Fehler.
Hummels ging als einer der Gewinner aus dem Achtelfinale hervor, weil er wegen eines grippalen Infektes gefehlt hatte. Schon in den Spielen zuvor war er ein Stabilisator der deutschen Elf. Er war stark im Zweikampf, gut in der Spieleröffnung und gefährlich bei Standards.
Wie Hummels Mertesacker im DFB-Team ergänzt, macht das im Verein Koscielny. Der Franzose bringt beim FC Arsenal die athletische Komponente in die Innenverteidigung. Er ist der dynamische, aggressive Abwehrspieler, Typ Wadlbeißer. Dazu strahlt er bei Standards Torgefahr aus.
Varane füllt trotz seiner erst 21 Jahre den ruhigeren Part der Abwehr aus. Er ist bei Real Madrid hinter Sergio Ramos und Pepe zwar nur zweite Wahl, aber das legt eher an der Qualität seiner Konkurrenten als an seiner eigenen. Souveränität im Spielaufbau, ein gutes Gefühl für den Raum und ein gutes Kopfballspiel machen ihn zu einem Verteidiger mit großer Zukunft.
Unentschieden
Außenverteidiger: Boateng/Höwedes vs. Debuchy/Evra
Nach seinem Abstecher in die Innenverteidigung rückt Boateng wieder auf rechts. Auch wenn er sich eher im Zentrum zuhause fühlt, machte er in seinen drei Einsätzen auf der rechten Außenbahn einen starken Eindruck. Es ist keineswegs so, dass er sich nur auf die Defensive beschränkt. Sein Spiel nach vorne ist sehr ordentlich, nur den Flanken fehlt noch die Präzision und manchmal auch der Mut.
Höwedes ist nur bei Standards offensiv auffällig und hat auch schon das 2:2 von Klose gegen Ghana vorbereitet. In den letzten beiden Partien zeigte er aber auch Schwierigkeiten in seiner Kernkompetenz: dem Verteidigen. Er hatte Probleme im Stellungsspiel, wurde oft überlaufen und verlor ungewohnt viele Zweikämpfe. Biss sich aber jeweils in die Partie und hatte dann auch gute Aktionen wie etwa den Ballgewinn vor dem 1:0 gegen Algerien.
Debuchy ist ein kraftvoller Außenverteidiger, der mit seinen Tattoos recht wild daher kommt, und das mit der einen oder anderen Grätsche auch bestätigt. Der 28-Jährige von Newcastle United wandelt dabei nicht selten an der Grenze des Erlaubten. Er nutzt seine Energie aber auch im Spiel nach vorne und geht mit hoher Geschwindigkeit die Linie entlang.
Nicht mehr ganz so forsch ist Evra. Der Ex-Kapitän der Equipe Tricolore ist einer der letzten Verbliebenen des Fiaskos von Knysna. Als einer der Rädelsführer der Revolution wurde er 2010 verbandsintern für fünf Spiele gesperrt, ist jetzt aber wieder gesetzt und hat sich dem Teamgedanken untergeordnet.
Vorteil Frankreich
Seite 1: Torhüter, Innenverteidiger, Außenverteidiger
Seite 3: Offensive Außen und Stürmer
Mittelfeld: Lahm/Schweinsteiger (Khedira)/Kroos vs. Cabaye/Pogba/Matuidi
Die Besetzung des Mittelfelds ist das Diskussionsthema Nummer eins in Deutschland. Ist Lahm der richtige Sechser? Schweinsteiger oder Khedira? Löw hat einige offene Fragen zu beantworten.
Es spricht aber vieles dafür, dass er an Lahm im Mittelfeld festhalten wird. Der Kapitän hat auch gute Spiele auf dieser Position abgeliefert, sich aber den einen oder anderen Fehler zu viel erlaubt. Doch bei Lahm kann man davon ausgehen, dass er diese abstellen kann.
Kroos ist bei diesem Turnier bisher unumstritten. Er hilft der Mannschaft mit seiner Passsicherheit und seiner Spielintelligenz. Allerdings muss er vor allem gegen das starke Mittelfeld der Franzosen defensiv zulegen.
Bei Schweinsteiger stellt sich die Frage, wie er das Algerien-Spiel weggesteckt hat. Es ist gut möglich, dass Löw auch Khedira bringt und dessen Lauf- und Zweikampfstärke gegen die Franzosen Schweinsteigers Aufbauspiel vorzieht.
Immerhin kommen die Franzosen mit einem körperlich starken Mittelfeld. Vor allem Pogba und Matuidi sind physisch enorm stark und wissen diese Qualität offensiv wie defensiv einzusetzen. Abgesichert werden die beiden vom flinken Cabaye, der das Spiel der Franzosen im Aufbau lenkt und die Bälle verteilt.
Pogba und Matuidi bringen die nötige Dynamik und Offensive ein. Pogba, der vor einem Jahr noch mit der U 20 Weltmeister wurde und dabei zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, ist mit 21 Jahren einer der vielversprechendsten Spieler im Weltfußball und für sein Alter in seiner Spielweise schon sehr reif.
Matuidi ist sechs Jahre älter, ähnelt Pogba in seiner Spielweise aber auffällig. Beide sind geborene Achter, die sowohl defensiv wie offensiv Akzente setzen können. Allerdings tun sie das auf ganze andere Art und Weise wie die deutschen Mittelfeldspieler auf den Halbpositionen. Es wird die spannendste Frage des Spiels, welcher Stil sich durchsetzt.
Unentschieden
Seite 1: Torhüter, Innenverteidiger, Außenverteidiger
Seite 3: Offensive Außen und Stürmer
Offensive Außen: Özil/Schürrle vs. Valbuena/Griezmann
Özil hat zwar gegen Algerien sein erstes Turniertor geschossen, wirkt aber nach wie vor etwas verloren auf dem rechten Flügel, auch wenn er sich immer wieder ins Zentrum fallen lässt. Seine Ballverluste wären gegen Algerien beinahe tödlich gewesen.
Schürrle hat gegen Algerien erneut als Joker überzeugt. Es ist gut, so einen Mann bringen zu können. Trotzdem deutet vieles daraufhin, dass er gegen Frankreich seine Chance von Beginn an bekommt. Mit seiner Schnelligkeit und seinem Zug zum Tor kann er jede Abwehr verwunden.
Auch die Franzosen suchen nach dem Ausfall von Ribery noch immer nach der optimalen Besetzung der linken Außenbahn. Dass Benzema wieder auf diese Position rückt wie gegen Nigeria, ist eher unwahrscheinlich.
Der starke Griezmann hat sich seinen Einsatz eigentlich verdient. Auch er gehört zum Kreis geläuterter Rebellen, war aber in Südafrika noch nicht dabei. Er wurde 2012 wegen eines Ausfluges in einen Nachtclub suspendiert, als er bei der U 21 war. Die Geschichten liegen aber weit zurück. Bei seinen Einsätzen konnte er überzeugen, er ist schnell, dribbelstark und gut im Abschluss.
Das gilt auch für Valbuena. Der nur 1,67 Meter große Wirbelwind ist nur schwer zu greifen und kann die entscheidenden Pässe spielen. Das "kleine Fahrrad", wie Valbuena von seinen Kollegen auch genannt wird, ist allerdings in manchen Situationen etwas zu eigensinnig und sucht eher das Dribbling als den Mitspieler.
Vorteil Frankreich
Stürmer: Müller vs. Benzema
Mit vier Toren liegt Müller noch eins vor Benzema, der in der Vorrunde einen Elfmeter verschoss und etwas Pech mit einem verfrühten Abpfiff durch den Schiedsrichter hatte.
Müller hat Klose aktuell als Nummer eins im Sturm abgelöst. Der Bundestrainer vertraut den spielerischen Qualitäten des Bayern im Zentrum, weiß aber auch um dessen Stärke im Abschluss.
Im Grund unterscheiden sich Müller und Benzema gar nicht so stark. Beide sind keine klassischen Strafraumstürmer, kombinationssicher, viel unterwegs und eiskalt im Abschluss. Nur ist Benzema eher der bullige Typ, während Müller etwas schmächtig daherkommt. Beide sind für ihre Mannschaften aktuell kaum zu ersetzen.
Unentschieden
Seite 1: Torhüter, Innenverteidiger, Außenverteidiger
Seite 3: Offensive Außen und Stürmer