Bastian Schweinsteiger steht derzeit bei neun Spielen, die er als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft bestritten hat. Damit war er immerhin einmal öfter Spielführer einer DFB-Auswahl als beispielsweise Rudi Völler oder Helmut Rahn.
Aber eben auch einmal weniger als Rudolf Gramlich oder Adolf Jäger. Für die wenigen, die es unter Umständen wieder vergessen haben: Gramlich war einst für Eintracht Frankfurt aktiv, Jäger spielte bei Altona 93.
Bastian Schweinsteiger spielt für den FC Bayern München. Der Rekordmeister der Bundesliga hält auch beim Deutschen Fußball-Bund die Rekorde, etwa den der Spieler mit den meisten Einsätzen als Kapitän. Die ersten sechs Positionen sind von Bayern-Spielern belegt, von Lothar Matthäus (75 Spiele) bis Franz Beckenbauer und Oliver Kahn (beide 50).
"Kein radikaler Umbruch"
Schweinsteiger ist seit wenigen Wochen 30 Jahre alt, Matthäus' Bestmarke wird er nicht mehr angreifen können und auch die von Beckenbauer und Kahn und die von Michael Ballack (55), Philipp Lahm (53) und Karl-Heinz Rummenigge (51) sind kaum noch einzuholen. Dem Münchner wird das herzlich egal sein. Dass er ab sofort aber der Anführer der Weltmeister sein darf, wird auch ihn nicht kalt lassen.
Bisher war er der Adjutant hinter Lahm, der Rolle als Junior-Partner verlieh Bundestrainer Löw mit dem Beisatz "Aggressiv Leader" eine etwas stärkere Bedeutung. Nach der kleinen Rücktrittswelle nach dem WM-Triumph von Rio de Janeiro musste Löw die Reihen neu sortieren.
Drei Weltmeister-Spieler sind weg, darunter Kapitän Lahm und noch dazu der Co-Trainer. "Es wird keinen radikalen Umbruch geben", sagt der Bundestrainer und verweist auf einen ruhigen, sanften Übergang. Dementsprechend hat Löw die vakanten Positionen innerhalb seines Zirkels ausgewählt. So, wie man das schon öfter von bei ihm gesehen hat.
Einsatz, Loyalität, Verlässlichkeit
Er umgibt sich weiter mit jenen, von denen er hundertprozentigen Einsatz und Loyalität erwarten kann. "Ich weiß, dass ich mich auf Bastian verlassen kann", sagt Löw. "Wenn es darauf ankam, war er immer da. Diese Entscheidung war deshalb für mich immer klar." Dass Schweinsteiger eine Art Zwischenlösung sein wird, stört den Bundestrainer dabei keineswegs. Bis einschließlich zur Europameisterschaft in Frankreich in zwei Jahren plant Löw mit dem Final-Helden als Kapitän.
"Wir haben jetzt seit vielen, vielen Jahren, seit zehn Jahren, ein Vertrauensverhältnis. Er hat eine immense Erfahrung, genießt eine hohe Akzeptanz in der Mannschaft und im Trainerkader, ist ein wichtiger Kommunikator für uns", so Löw.
Bierhoff als letzter Nicht-Bayern-Spieler
Schweinsteiger ist nach Lahm, Ballack, und Kahn der vierte Bayern-Spieler in Folge, der als Kapitän ins Amt gehievt wurde. Der Letzte, der nicht in diese Reihe passt, war vor 16 Jahren Oliver Bierhoff. Eine "Persönlichkeit" und ein "Ansprechpartner für den Trainer" müsse ein Kapitän sein, zudem soll er in der Lage sein, Konflikte innerhalb der Gruppe frühzeitig zu erkennen, sagt Bierhoff.
Als "Erster unter Gleichen" bezeichnet sich Schweinsteiger nun selbst. "Ich habe meine Art zu führen, die sich in den letzten Jahren entwickelt und als erfolgreich erwiesen hat. Ich weiß aber auch, dass nun weitere Verpflichtungen dazukommen werden, insbesondere auch außerhalb des Platzes", ahnt der 108-malige Nationalspieler bereits, dass er sich anders als in der Vergangenheit bald nicht mehr so oft zurückziehen kann.
Etwas sehr staatstragend formuliert er vielleicht deshalb auch sein Ziel. "Ich werde mich da reinarbeiten. Mehr als zehn Jahre Bayern München, mehr als 100 Länderspiele - ich kenne viele Akteure in Sport, Wirtschaft und Politik. Darauf werde ich aufbauen."