Der ehemalige Nationalspieler und langjährige England-Profi Dietmar Hamann (47) sieht vor dem EM-Achtelfinalduell zwischen dem WM-Champion von 1966 und der DFB-Auswahl deutliche Defizite im deutschen Team. "Der Mannschaft fehlt Balance im Mittelfeld und Tempo im Spiel nach vorn, und ihr fehlt Harmonie", schrieb Hamann in seiner Kolumne auf skysport.de.
Er habe das Gefühl, "da stehen elf Einzelspieler oder drei Mannschaftsteile auf dem Platz und keiner spielt mit dem anderen". Es befinde sich kein zusammengewachsenes Team auf dem Platz. Hamann: "Wie denn auch? Müller hat vor der EM vielleicht ein Spiel zusammen mit Havertz gemacht, Hummels hatte vor seiner Rückkehr überhaupt noch nicht mit Rüdiger und Ginter zusammengespielt. Diese Probleme sind selbstverschuldet durch das Exil, in das der Bundestrainer Müller und Hummels nach der WM geschickt hat."
Hamann sieht aber auch Positives. "Die Lichtblicke der Vorrunde waren für mich die Offensivleistung gegen Portugal und die Auftritte von Leon Goretzka und Jamal Musiala gegen Ungarn", urteilte der Ex-Bayern-Spieler.
Er habe schon vor der EURO betont, "dass Goretzka der wichtigste Spieler für die Nationalmannschaft ist. Wir brauchen seine Dynamik und Präsenz. Deswegen ist es die beste Nachricht, dass er fit ist, und dass er durch sein Tor gegen Ungarn zusätzliches Selbstvertrauen getankt hat".
Der Bayern-Star gehöre in die Startelf, "denn im Gegensatz zu Kroos und Gündogan sucht er die direkten Duelle". Musiala habe in den zehn Minuten, in denen er auf dem Platz stand, "großen Anteil daran, dass der Ausgleich erzielt wurde und Deutschland das Achtelfinale erreicht hat. Er ist ein Spieler, der ein Eins-gegen-eins mit einer Körpertäuschung auflösen und einen Spieler aussteigen lassen kann, um eine neue Situation zu schaffen".
Hamann ist überzeugt davon, dass die Three Lions am Dienstag mehr Druck als die deutschen Spieler haben werden. "Das Spiel am Dienstag bedeutet den Engländern sehr viel mehr als uns. Für die Deutschen ist es zwar ein Klassiker, aber sonst eher ein Spiel wie viele andere", betonte der ehemalige Profi des FC Liverpool, von Newcastle United und von Manchester City: "Wenn du in den kommenden Tagen immer nur an das Spiel denkst, kann es sein, dass dir am Ende die Energie auf dem Platz fehlt." England sei aber in der leichten Favoritenrolle.