Deutschland zittert sich ins Halbfinale

Von Florian Bogner / Oliver Brandt
Gonzalo Castro brachte den DFB-Nachwuchs bereits nach vier Minuten in Führung
© Getty

Mit einem 1:1-Unentschieden im letzten Gruppenspiel gegen England hat sich die deutsche U 21 von Trainer Horst Hrubesch bei der Europameisterschaft in Schweden als Zweiter der Gruppe B ins Halbfinale gezittert.

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Dafür reichte der DFB-Elf eine einzige Torchance, die der Leverkusener Gonzalo Castro schon nach vier Minuten zur frühen Führung nutzte. Danach war die B-Elf der Engländer, gegen die die deutsche U 21 seit 27 Jahren auf einen Sieg wartet, das bessere Team.

Jack Rodwell erzielte per Kopf den Ausgleich (29.), der den Three Lions den Gruppensieg bescherte.

Hrubesch verärgert

"Wir wollten 100 Prozent geben, das war aber nicht der Fall - das ärgert mich. Wir haben dem Gegner zuviele Räume gegeben. Wir machen das Tor und haben Möglichkeiten, schnell zu spielen. Aber wir tun es nicht", sagte ein unzufriedener Hrubesch und kündigte an: "Wir werden jetzt Klartext reden, um frischen Schwung fürs Halbfinale zu bekommen."

Marko Marin, der erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde, verteidigte die zaghafte Haltung in der Schlussphase: "Wenn ein Punkt reicht, spielen wir am Schluss natürlich nicht auf Sieg, um kein Tor zu kassieren."

Spaniens 2:0-Erfolg über Finnland im Parallelspiel war bedeutungslos. Gegner der Deutschen im Halbfinale am Freitag (20.45 Uhr) ist der Sieger der Gruppe A - dafür kommen noch Schweden, Italien und Serbien in Frage.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Marko Marin und Dennis Aogo sind nach schwachen Leistungen auf die Bank verbannt, dafür beginnen Änis Ben-Hatira und Patrick Ebert. Bei England hat Stuart Pearce gleich zehn Mann ausgetauscht - nur Adam Johnson war beim 2:0 gegen Spanien schon dabei. Michael Mancienne hat zudem seine Rot-Sperre abgesessen.

4., 1:0, Castro: Zuckerpass von Boateng durch die Mitte, Castro läuft von rechts perfekt ein und steht frei vor dem Tor. Aus 13 Metern netzt er den Ball wunderschön mit dem Außenrist ein.

9.: Mesut Özil zieht in die Mitte, schießt aus 18 Metern. Ein Engländer wirft sich dazwischen.

15.: Nach einem Eckball kommt Rodwell aus sechs Metern zum Kopfball. Der Ball landet aber klar über dem Gehäuse.

17.: Von rechts flankt Driver vor das Tor, Gardners Kopfball aus sechs Metern ist fest, landet aber genau bei Neuer.

29. 1:1, Rodwell: Der sechste Eckball der Engländer landet auf dem Kopf von Jack Rodwell, der aus knapp fünf Metern einnickt. Da hat Beck gepennt.

36.: Der starke Driver auf der rechten Seite völlig frei, flankt von der Grundlinie an den Fünfer. Dort steht Danny Rose, der den Ball knapp über das Tor haut - allerdings mit der Hand. Der Schiedsrichter hat's gesehen.

Halbzeitfazit: Guter Start der deutschen Mannschaft, die dann aber unverständlich passiv agierte und sich den Ausgleich fing. England mit mehr Ballbesitz, Deutschland mit Schwächen im Spiel nach vorne.

57.: Pearce will noch was sehen und bringt Theo Walcott für Fraizer Campbell.

65.: Starke Aktion von Özil! Am rechten Strafraumeck setzt sich der Mittelfeld-Mann gegen zwei Mann durch. Sein Schuss wird jedoch zur Ecke abgefälscht.

77.: Stearman ist nach einer Ecke am linken Fünfereck völlig frei. Doch Neuer wirft sich in den Schuss des Engländers und pariert zur Ecke.

85.: Der eingewechselte Marin probiert es mal aus knapp 20 Metern mit einem Schlenzer. Das Leder verfehlt aber deutlich das Ziel.

Schlussfazit: Deutschland enttäuschte über 90 Minuten und konnte sich am Ende bei Neuer, Höwedes und Boateng bedanken, dass man erstmals seit 27 Jahren wieder im Semifinale steht.

So diskutierten die SPOX-User während des Spiels

Der Star des Spiels: Andrew Driver. Der 21-Jährige, der für die Hearts of Midlothian in Schottland spielt, flitzte die rechte Außenbahn runter, als ob es kein Morgen gäbe und spielte Marcel Schmelzer dabei kugelrund. Ein Glück, dass Drivers Flanken in der Mitte meist keinen richtigen Abnehmer fanden.

Die Gurke des Spiels: Marcel Schmelzer. Vor allem in der ersten Halbzeit kamen fast alle gefährlichen Aktionen der Engländer über seine Seite zustande. Schmelzer - überhaupt erst nach der Verletzung von Sebastian Boenisch ins Team gekommen - lief Driver und später Walcott eigentlich nur hinterher.

Die Pfeife des Spiels: Peter Rasmussen. Hatte das Spiel sicher in der Hand und kam mit einer einzigen Gelben Karte für Roses Handspiel aus. Auch dank seiner ruhigen Spielführung dürfen alle sieben gelbbelasteten deutschen Spieler im Halbfinale auflaufen.

Die Lehren des Spiels: Die erhoffte Leistungssteigerung gegenüber den ersten beiden Spielen gegen Spanien (0:0) und Finnland (2:0) ist ausgeblieben. Dass es dennoch zum ersten Halbfinal-Einzug seit 27 Jahren reichte, war vor allem der soliden Defensive und der mangelnden Motivation der Engländer zu verdanken.

Die Deutschen begannen endlich mal mit Schwung und wurden nach Boatengs Traumpass auf Castro früh belohnt. Danach fiel das Hrubesch-Team aber in alte Verhaltensmuster zurück: Kein Flügelspiel, zu ungenaue Anspiele in die Spitze und behäbig nachrückende Mittelfeldspieler machten das Angriffsspiel für die englische B-Elf leicht ausrechenbar.

Überhaupt B-Elf: Ein Klassenunterschied zwischen der deutschen Stammformation und den englischen Reservisten war nicht zu erkennen. Im Gegenteil: England hatte vor allem im ersten Durchgang viel mehr Ballbesitz und über die gesamte Spielzeit gesehen auch die zwingenderen Torchancen. Vor allem nach Standards wackelte die DFB-Defensive ein paar Mal bedenklich.

Mesut Özil war gar nicht zu sehen und auch die erstmals in der Startelf berücksichtigten Ebert und Ben-Hatira machten zwar Meter, sorgten aber nicht für große Akzente. In der Schlussphase nahm Deutschland den Gang sogar ganz raus und musste um das Weiterkommen bangen.

Nun hat Hrubesch bis Freitag Zeit, das Offensiv-Spiel des DFB-Nachwuchses wieder auf Vordermann zu bringen: Dann steht nämlich um 20.45 Uhr das Halbfinale an. Der Gegner wird am Dienstag ermittelt.

Gruppe B: Deutschland als Gruppenzweiter weiter