SPOX: Hoffenheim hatte vor dem 2:1 gegen Hannover sieben Spiele nicht mehr gewonnen, zudem soll es mannschaftsintern Probleme geben. Die Rede ist von Undiszipliniertheiten und Egoismus. Wie schlimm steht es wirklich um 1899?
Marvin Compper: Offenbar kennen die Medien nur zwei Extreme, wenn es um Hoffenheim geht. Entweder werden wir wie in der Hinrunde im letzten Jahr in den Himmel gelobt, oder auf einmal ist alles miserabel, so wie derzeit. Solch eine Berichterstattung ist mir zu oberflächlich und interessiert mich daher auch nicht. So schlecht, wie wir gemacht werden, sind wir nicht.
SPOX: Aber dass Hoffenheim vor dem 96-Spiel in der Rückrunde noch kein Tor erzielt, dafür aber drei Niederlagen in Serie kassiert hat, ist Fakt.
Compper: Natürlich stimmt das. Aber Sie müssen sich ansehen, gegen wen wir gespielt haben: Bayern, Leverkusen und Schalke, die Top drei der Bundesliga. Dass man gegen solche Teams verliert, ist keine Schande. In der Hinrunde haben wir aus den drei Spielen ja auch nur zwei Punkte geholt.
SPOX: Den Außenstehenden beschleicht jedoch das Gefühl, dass die Mannschaft einen Rückschritt gemacht hat.
Compper: Das ist falsch. In der Hinrunde in Leverkusen haben wir zwar nur 0:1 verloren, hatten dabei aber quasi keine eigene Tormöglichkeit. Jetzt beim 0:3 zuhause sahen wir trotz des Resultats lange besser aus, nur an der Chancenverwertung hat es gehapert. Wenn wir in Führung gegangen wären, hätte sich alles wahrscheinlich anders entwickelt und wir würden vielleicht nicht über eine Krise sprechen.
SPOX: Trainer Ralf Rangnick hat gesagt, dass sich die Gegner mittlerweile besser auf Hoffenheim einstellen könnten. Warum findet Ihr Team kein Gegenrezept?
Compper: Wenn das so einfach wäre, würden wir jedes Spiel gewinnen.
SPOX: Hat Rangnick womöglich den Zugang zur Mannschaft etwas verloren? Es heißt, dass sein perfektionistischer Stil auf wenig Gegenliebe stößt.
Commper: Schauen Sie: Ralf Rangnick arbeitet seit 2006 in Hoffenheim und hat Überragendes geschaffen. Er hat den Verein aus der Drittklassigkeit bis in die Bundesliga geführt. Warum sollte er deswegen etwas an sich ändern? Selbstredend ist er ambitioniert, aber genau diese Eigenschaft macht ihn doch aus. Und dafür wurde er übrigens von den Medien auch gelobt.
SPOX: Nächster verbreiteter Kritikpunkt: Die Mannschaft ist zu dünn besetzt. Rangnick und Manager Jan Schindelmeiser entschieden sich gegen Winter-Transfers, Timo Hildebrand und Carlos Eduardo hingegen plädierten für Verstärkungen. Welche Partei hat recht?
Compper: Egal was ich sage, es würde ja am Ende doch gegen mich verwendet werden. Daher werde ich dazu keine Stellung nehmen, zumal ich glaube, dass die Äußerungen von Timo oder Carlos übertrieben dargestellt wurden. Nur soviel: Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie in der Zusammensetzung guten Fußball spielen kann. Das Problem ist nur, dass einige nicht in Topform sind.
SPOX: So wie sie?
Compper: Natürlich kann ich besser spielen als zuletzt, aber ich sehe mich auf einem guten Weg. Ich fand, dass ich auf Schalke mein bestes Spiel der Rückrunde abgeliefert habe.
SPOX: Beim 0:2 auf Schalke haben Sie jedoch mit die schlechtesten Noten bekommen.
Compper: Es wird soviel falsch oder verzerrt dargestellt, mit so etwas will ich mich gar nicht beschäftigen.
SPOX: Aber Sie haben wahrscheinlich mitbekommen, dass der "Kicker" über das angeblich schwierige Verhältnis zwischen Ihnen und Torwart Hildebrand geschrieben hat: "Immer wieder geraten die beiden aneinander", hieß es da.
Compper: Ich habe es nicht gelesen und es stimmt auch nicht. Generell kann die Stimmung in der Kabine besser sein, aber das ist normal, wenn es nicht so gut läuft. Auch letztes Jahr, als es bei uns richtig lief, war nicht alles Gold, was glänzt.
SPOX: Der "Kicker" schrieb weiter, dass Ihre Mitspieler verwundert reagiert hätten, weil Trainer Ralf Rangnick im Winter Sie und Andreas Beck nachträglich in den Mannschaftsrat berufen hat - obwohl Sie beide bei der teaminternen Abstimmung vor dem Saisonstart nicht berücksichtigt wurden. Ihr Kommentar?
Compper: Ich weiß nicht, ob so ein Schritt gewöhnlich oder ungewöhnlich ist. Aber ich kann nichts Seltsames daran finden. Andi und ich sind beide deutsche Stammspieler in einem deutschen Verein, daher ist es doch normal, wenn wir im Mannschaftsrat sitzen. Und zu mir kam noch kein Mitspieler und hat sich in irgendeiner Art und Weise beschwert. Damit ist die Sache für mich erledigt.
SPOX: Für Aufregung sorgt auch immer wieder Carlos Eduardo. Offenbar strebt er einen Weggang an, sollte Hoffenheim den internationalen Wettbewerb verpassen. Wie sehr stören solche Neben-Schauplätze?
Compper: Anders als die Journalisten habe ich tagtäglich mit Carlos zu tun und ich kann mir nicht vorstellen, dass Carlos klipp und klar gesagt hat, wechseln zu wollen. Vieles wird falsch wiedergegeben oder es werden Sätze aus dem Zusammenhang gerissen.
SPOX: Hoffenheims Plan ist es mittelfristig, im Falle eines Verkaufs von Leistungsträgern wie Eduardo diese mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs zu ersetzen. Von Boris Vukcevic vielleicht abgesehen gelang bisher aber keinem Talent der Sprung. Warum?
Compper: Wir dürfen nicht vergessen, dass wir noch über Jugendliche sprechen. Marco Terrazzino, Pascal Groß oder Manuel Gulde sind allesamt erst 18 Jahre alt und könnten noch in der A-Jugend spielen. Daher ist es unrealistisch, von ihnen zu fordern, jetzt schon die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Das Jugendkonzept ist auf mehrere Jahre ausgelegt, dementsprechend werden wir auch erst die richtigen Früchte ernten, wenn die Spieler aus der U 14 oder U 15 alt genug sind für die Profi-Mannschaft. Denn diese Talente werden davon profitieren, die komplette Ausbildung in Hoffenheim absolviert zu haben. Ich bin da sehr zuversichtlich.
Marvin Compper im Steckbrief